European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0140OS00144.19M.0114.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Den Angeklagten S***** und M***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerden relevant – Arnold S***** und Armend M***** jeweils des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, § 15 StGB (I./A./ und I./C./), der Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 (zu ergänzen [US 16]: erster, zweiter und dritter Fall) SMG (II./A./ und II./B./) und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (III./A./ und III./C./) schuldig erkannt.
Danach haben in L***** und andernorts vorschriftswidrig Suchtgift
I./ „Arnold S*****, Maximilian K***** und Armend M***** im gemeinsamen Zusammenwirken“ (vgl aber RIS‑Justiz RS0117320) in einer das 25‑fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich zirka 400 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgehalt von 16,3 % Heroin, 0,8 % Monoacetylmorphin und 1 % Acetylcodein und 200 Gramm Heroin „schlechter Qualität“ anderen überlassen, indem
A./1./ bis 22./ S***** im Zeitraum Juni 2018 bis Anfang Jänner 2019 dieses in zahlreichen Angriffen den im Urteil Genannten sowie unbekannten Abnehmern großteils durch gewinnbringenden Verkauf überließ;
C./ M*****
1./ S***** mehrfach, zuletzt am 25. Jänner 2019 mit Fahrzeugen von L***** nach W***** chauffierte, wo dieser das Heroin von einer unbekannten Person zum Grammpreis von 20 bis 25 Euro ankaufte, sodann S***** mit dem Heroin nach L***** in die Wohnung des Maximilian K***** brachte, wo das Suchtgift gebunkert und vorwiegend von S*****, gelegentlich auch von M***** verkaufsfertig verpackt wurde, wobei M***** den Suchtgiftankauf durch S***** zum Teil vorfinanzierte und dieser seine Verkaufstätigkeiten im Nahbereich der Wohnung und teilweise in der Wohnung abwickelte;
2./ Umut T***** im Zeitraum Anfang bis August 2018 in Teilverkäufen insgesamt 5 Gramm Heroin sowie Ende Dezember 2018 bis Mitte Jänner 2019 in Teilverkäufen insgesamt 5 Gramm Heroin jeweils zum Grammpreis von 70 Euro überließ;
II./ in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz erworben, besessen und befördert, dass es in Verkehr gesetzt werde, und zwar
A./ S***** am 26. Jänner 2019 35,9 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgehalt von 16,3 % Heroin, 0,8 % Monoacetylmorphin und 1 % Acetylcodein „aus der letzten, gemeinsam mit Armend M***** durchgeführten Beschaffungsfahrt, bei der er in W***** 50 Gramm Heroin zum Grammpreis von 24 Euro angekauft hatte“;
B./ M*****, indem er S***** am 25. Jänner 2019 nach dem Ankauf von 50 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgehalt von 16,3 % Heroin, 0,8 % Monoacetylmorphin und 1 % Acetylcodein zum Grammpreis von 24 Euro von W***** nach L***** chauffierte und von dort mit 35,9 Gramm sowie zirka 1,4 Gramm Heroin mit einem Fahrzeug nach T***** brachte;
III./ erworben und bis zum Eigenkonsum besessen, und zwar
A./ S***** von zumindest Anfang Dezember 2017 bis 26. Jänner 2019 großteils unbekannte Mengen Heroin und Cannabiskraut;
C./ M***** von zumindest Anfang 2018 bis 26. Jänner 2019 unbekannte Mengen Heroin.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richten sich die von S***** aus § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO und von M***** aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerden; diese verfehlen ihr Ziel.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S*****:
Die Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert, dass das Gericht mehrere (in der Beschwerde namentlich genannte) Zeugen nicht vernommen habe, „obwohl diese für den Angeklagten entlastend gewesen wären“, weshalb auch eine Verlesung deren Aussagen (gemeint: vor der Kriminalpolizei [ON 2, 47]) „nicht erfolgen hätte dürfen“. Sie nimmt dabei nicht auf in der Hauptverhandlung gestellte Anträge des Angeklagten Bezug, die aber unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgversprechende Urteilsanfechtung aus Z 4 wären (RIS‑Justiz RS0099250, RS0099112). Die Behauptung der Unzulässigkeit der Verlesung (der Sache nach Z 3) wiederum vernachlässigt die Zustimmung von Ankläger und Angeklagten zum Vortrag der bezeichneten Verfahrensergebnisse (ON 64 S 18; RIS‑Justiz RS0127712).
Mit der Kritik, die Begründung des Urteils bestehe im Wesentlichen aus der Wiedergabe des Schuldspruchs und das Erstgericht hätte sich „eingehender mit den zu treffenden Feststellungen auseinandersetzen müssen“, wird ein Begründungsmangel im Sinn der Z 5 nicht angesprochen.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten M*****:
Die Mängelrüge (Z 5) richtet sich gegen die Beweiswürdigung des Schöffengerichts bezüglich der Feststellungen zur Gesamtmenge des überlassenen Suchtgifts (US 10 ff) und erachtet dessen Erwägungen zur Glaubwürdigkeit des Angeklagten K***** und zu „auf den ersten Blick“ bestehenden, jedoch „problemlos“ auflösbaren „Widersprüchlichkeiten“ (US 22 f) als „undeutlich“ und „weder stringent noch nachvollziehbar“. Mit dieser Kritik an den Überlegungen der Tatrichter, wonach es „durchaus denkbar ist, dass S***** und M***** zwar mehrmals mit 100 Gramm Heroin aus ihren Beschaffungsfahrten zur Wohnung des K***** kamen und dort (kurzfristig) bunkerten, aber lediglich 80 Gramm dort abpackten und den Rest woanders verwahrten“, wird eine Undeutlichkeit iSd Z 5 erster Fall nicht aufgezeigt, weil die Gründe für die getroffenen Feststellungen unzweifelhaft erkennbar sind (vgl dazu RIS‑Justiz RS0089983).
Soweit die Beschwerde unter Hinweis auf Passagen der Aussagen der drei Angeklagten die festgestellten Suchtgiftmengen anzweifelt, kritisiert sie bloß in unzulässiger Form die Beweiswürdigung des Schöffengerichts und übersieht im Übrigen, dass die tatrichterliche Beurteilung der Überzeugungskraft von Personalbeweisen –
soweit sie nicht undeutlich (Z 5 erster Fall) oder in sich widersprüchlich (Z 5 dritter Fall) ist – einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde entzogen ist (RIS-Justiz RS0106588).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die (implizite) Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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