European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:008OBA00056.19X.1025.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1.1. Damit eine „Pause“ als Ruhepause im Sinne des § 11 Abs 1 AZG anerkannt werden kann, muss sie ihrer Lage nach für den Arbeitnehmer
vorhersehbar sein (sich also an einer im Vorhinein definierten zeitlichen Position im Rahmen der Arbeitszeiteinteilung befinden) oder vom Arbeitnehmer innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums (vgl auch Klein, Arbeitszeitgesetz5 § 11 Rz 1) frei gewählt werden können. Überdies muss sie echte Freizeit sein; der Arbeitnehmer muss über diese Zeit nach seinem Belieben verfügen können (RIS‑Justiz RS0102995 [T1]; vgl zum Zusammenhang mit § 19c AZG, Schrank Arbeitszeit5, 323).
1.2. Die zeitliche Lage der Ruhepause bestimmt das Gesetz nicht näher, doch ist aus Wortlaut und Zweck der Ruhepause abzuleiten, dass sie nicht am Beginn oder Ende der Arbeitszeit liegen darf, sondern dem Erholungsbedarf gerecht werden muss. Sie ist spätestens nach einer 6-stündigen Arbeitszeit zu gewähren. Wenn dem Arbeitnehmer mit einer Betriebsvereinbarung das Recht eingeräumt wird, seine Pause individuell – innerhalb der Arbeitszeit – zu halten, liegt darin eine Regelung, die den Grundsätzen, wann von einer Arbeitspause zu sprechen ist, nicht nur nicht zuwiderläuft, sondern diese zugunsten des Arbeitnehmers sogar erweitert, weil dieser dadurch in die Lage gesetzt wird, entsprechend seinen jeweiligen Bedürfnissen eine Pause in der gesetzlich vorgesehenen Dauer von einer halben Stunde zu halten (RS0118915).
2. Im vorliegenden Fall legte der Schichtplan nicht fixe Pausen fest. Die Mitarbeiter waren aber angehalten, während der Schicht Pausen zumindest im zeitlichen Umfang von 30 Minuten zu konsumieren, wobei sie unter Bedachtnahme auf jeweilige Produktionsschritte ihre Pausenzeiten frei wählen konnten. Aufgrund des zeitlich genau abgestimmten Produktionsablaufs war es für erfahrene Mitarbeiter wie den Kläger möglich, bei Ablesen des Standes der Maschinen am Beginn der Schicht abzuschätzen, wann Möglichkeiten zur Pausengestaltung bestanden. Der Mitarbeiter konnte dann ein oder mehrere dieser Zeitfenster für die Pausenkonsumation wählen. Die Mitarbeiter mussten sich allein – in der Betriebsvereinbarung grundgelegt – absprechen, um eine unbedingt erforderliche Anwesenheit in der Abteilung sicherzustellen, etwa im Hinblick auf das bei bestimmten Produktionsschritten geltende Vier-Augen-Prinzip. Es ist nun nicht ersichtlich, dass die Betriebsvereinbarungspartner den ihnen eingeräumten Gestaltungsspielraum überschreiten, wenn sie in einem Betrieb, in dem der Produktionsablauf die Vorhersehbarkeit entsprechender Produktionspausen gewährleistet, für die Ruhepausen vorsehen, dass deren Wahl den Arbeitnehmern überlassen wird und diese nur durch Absprache sicherstellen müssen, dass die unbedingt erforderliche Anwesenheit gewährleistet ist (vgl auch RS0118915).
Tatsächlich konsumierte der Kläger sowohl kurze Pausen von etwa 20 bis 30 Minuten als auch längere Pausen von 45 Minuten bis zu einer Stunde. Er suchte pro Schicht etwa ein. bis zweimal die Kantine auf, soweit diese geöffnet hatte, ansonsten holte er sein Essen vom Spind. Die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, die für Pausen in der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen seien hier erfüllt, bedarf keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof. Die Frage, ob Erholungsmöglichkeiten ihrer Lage nach für den Arbeitnehmer vorhersehbar sind oder innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums frei gewählt werden können, hängt regelmäßig von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab und begründet von einer – hier nicht vorliegenden – gravierenden
Fehlbeurteilung abgesehen nicht die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO.
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