European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E126674
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts in der Hauptsache wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 31.417,88 EUR (darin enthalten 2.761,16 EUR an USt und 14.848 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des erstgerichtlichen Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 21.352,88 EUR (darin enthalten 1.173,08 EUR an USt und 14.314 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Zwischen dem Ehemann der Klägerin und der Beklagten besteht ein Unfallversicherungsvertrag, der die Mitversicherung der Klägerin vorsieht.
Diesem Versicherungsvertrag liegen die J08 – Allgemeine Bedingungen für die Unfallversicherung (AUVB 1999) zugrunde, die auszugsweise lauten:
„ Abschnitt A: Versicherungsschutz
Artikel 6
Begriff des Unfalls
1. Unfall ist ein vom Willen des Versicherten unabhängiges Ereignis, das plötzlich von außen mechanisch oder chemisch auf seinen Körper einwirkt und eine körperliche Schädigung oder den Tod nach sich zieht.
2. Als Unfall gelten auch folgende vom Willen des Versicherten unabhängige Ereignisse:
[...]
3. Vom Versicherungsschutz umfasst sind ferner Unfälle, die durch einen Herzinfarkt oder Schlaganfall herbeigeführt werden; ein Herzinfarkt oder Schlaganfall gilt jedoch in keinem Fall als Unfallfolge.
[...]
Abschnitt B: Versicherungsleistungen
Artikel 7
Dauernde Invalidität
Ergibt sich innerhalb eines Jahres vom Unfalltag an gerechnet, dass als Folge des Unfalls eine dauernde Invalidität zurückbleibt, wird aus der hiefür versicherten Summe der dem Grad der Invalidität entsprechende Betrag gezahlt.
[... ]
4. Mehrere sich aus den Punkten 2 und 3 ergebende Prozentsätze werden vor Berücksichtigung der folgenden Progressionsstaffel zusammengerechnet:
Der Invaliditätsgrad aus einem Versicherungsfall ist jedoch mit 100 % begrenzt.
Die Leistung des Versicherers erhöht sich für Invaliditätsgrade über 25 % laut folgender Progressionsstaffel bis 300 % der vereinbarten Versicherungssumme.
[...]
von 51 % auf 104 %
von 52 % auf 108 %.
[...]
Abschnitt C: Begrenzungen des Versicherungsschutzes
Art ikel 20
Ausschlüsse
[... ]
Artikel 21
Sachliche Begrenzung des Versicherungsschutzes
Eine Versicherungsleistung wird nur für die durch den eingetretenen Unfall hervorgerufenen Folgen (körperliche Schädigung oder Tod) erbracht.
[... ]
2. Haben Krankheiten oder Gebrechen bei der durch ein Unfallereignis hervorgerufenen Gesundheitsschädigung oder deren Folgen mitgewirkt, ist im Fall einer Invalidität der Prozentsatz des Invaliditätsgrads, ansonsten die Leistung entsprechend dem Anteil der Krankheit oder des Gebrechens zu mindern, sofern dieser Anteil mindestens 25 % beträgt.
[... ]
4. Bei Bandscheibenhernien wird eine Leistung nur erbracht, wenn sie durch direkt e mechanische Einwirkung auf die Wirbelsäule entstanden sind und es sich nicht um eine Verschlimmerung von vor dem Unfall bestandenen Krankheitserscheinungen handelt.
5. Für Bauch‑ und Unterleibsbrüche jeder Art wird eine Leistung nur erbracht, wenn sie durch eine von außen kommende mechanische Einwirkung direkt herbeigeführt worden sind und nicht anlagebedingt waren.“
Am 24. 11. 2014, am Tag der Heimreise von den Malediven, verletzte sich die Klägerin beim Einsteigen in den Transferbus zum Flughafen am rechten Schienbein; sie erlitt eine handflächengroße Ablederung der Haut mit leichter Blutung. Beim Aussteigen aus dem Transferbus trat sie versehentlich ins Leere, stürzte und schlug mit dem Kopf im Bereich der linken Augenbraue auf den Asphalt auf. Zu Hause verspürte die Klägerin in der ersten Woche ziehende Kopfschmerzen im Bereich des Hinterkopfs.
Bei dem Sturz kam es zur Dissektion der arteria carotis interna links. Diese Dissektion bedingte nachfolgend einen Mediateilinfarkt links. Bei der Klägerin ist als Folge des Unfalls eine dauernde Invalidität im Ausmaß von insgesamt 51,5 % eingetreten.
Die Versicherungssumme aus der Unfallversicherung für dauernde Invalidität betrug zum Unfallszeitpunkt 296.052 EUR.
Die Klägerin begehrt die Zahlung von 313.815,12 EUR sA. Sie habe einen Unfall im Sinn der Versicherungsbedingungen erlitten. Es liege eine unfallkausale dauernde Gesamtinvalidität von 51,5 % vor, womit sich unter Anwendung der vereinbarten Leistungsprogression die geltendgemachte Entschädigungssumme errechne. Der in den AUVB 1999 enthaltene unbedingte Ausschluss eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls als Unfallfolge sei überraschend nach § 864a ABGB und gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer müsse keinesfalls damit rechnen, dass eine unfallkausal erlittene Dissektion der arteria carotis interna sowie ein dadurch bedingter Mediateilinfarkt als ein vom Unfallbegriff ausgeschlossener (krankheitsbedingter) „Schlaganfall“ behandelt werde.
Die Beklagte beantragt die Klagsabweisung. Gemäß Art 6.3 AUVB 1999 würden Herzinfarkt oder Schlaganfall nicht als Unfallfolge gelten, sodass die Klägerin keinen Anspruch auf die Versicherungsleistung habe. Die Begrenzung des Versicherungsschutzes sei weder überraschend nach § 864a ABGB noch gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB. Beim vereinbarten Ausschluss des Schlaganfalls als Unfallfolge handle es sich um einen durchaus üblichen und nicht überraschenden Ausschluss.
Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 313.815,12 EUR sA und zum Ersatz der Kosten in Höhe von 31.200,40 EUR. Von einem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer könne die risikoeinschränkende Klausel des Art 6.3 AUVB 1999 missverständlich aufgefasst werden, sei doch dort einerseits davon die Rede, dass durch einen Herzinfarkt oder Schlaganfall herbeigeführte Unfälle vom Versicherungsschutz umfasst seien, andererseits jedoch ein Herzinfarkt oder Schlaganfall nicht als Unfallfolge gelte. Überdies sei die Problematik „Schlaganfall“ nicht zu erwartend in Art 6 AUVB, der den „Begriff des Unfalls“ regle, verpackt. Die für die Klägerin nachteilige Klausel sei insofern auch objektiv ungewöhnlich, als sie nach den Umständen vernünftigerweise mit diesem Risikoausschluss nicht zu rechnen brauchte. Die Klausel sei auch gröblich benachteiligend, weil der Vertragszweck geradezu vereitelt oder ausgehöhlt werde. Unter Ausklammerung dieser risikoeinschränkenden Klausel sei ein Unfall verwirklicht und damit der Versicherungsfall eingetreten, weshalb die Beklagte schuldig sei, ausgehend von der festgestellten Gesamtinvalidität von 51,5 % unter Berücksichtigung des sich aus der Progressionsstaffel ergebenden Werts von 106 % (Mittelwert) eine Versicherungsleistung von 313.815,12 EUR zu erbringen.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im klagsabweisenden Sinn ab. Art 6.3 AUVB sei zum einen verständlich, zum anderen nicht undeutlich. Völlig klar ergebe sich, dass ein Herzinfarkt oder Schlaganfall, der als Folge eines Unfalls auftrete, keinen Versicherungsschutz genieße. Aufgrund der klaren Formulierung liege kein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG vor. Jedem Versicherungsnehmer müsse das Wissen zugemutet werden, dass gewisse Begrenzungsnormen einem Unfallversicherungsvertrag zugrunde liegen und dass es dem Versicherer frei stehe, bestimmte Risiken vom Versicherungsschutz auszunehmen. Voraussetzung sei nur, dass dies für den Versicherungsnehmer klar erkennbar geschehe. Dass der allgemeine Standard der Unfallversicherungen der sei, dass auch Herzinfarkte und Schlaganfälle als Folge eines Unfalls mitversichert seien, könne nicht ohne weiteres gesagt werden. Die Klausel Art 6.3 AUVB sei nicht gröblich benachteiligend. Auch wenn der Umstand, dass Herzinfarkte oder Schlaganfälle als Folge eines Unfalls nicht versichert seien, nicht in Art 20 der AUVB 1999 unter der Überschrift „Ausschluss“ angeführt sei, so sei der Ausschluss dennoch weder überraschend noch versteckt. Somit sei auch § 864a ABGB nicht verletzt.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Klägerin mit einem Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte begehrt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, sie ist auch berechtigt.
1.1 Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914, 915 ABGB) auszulegen, und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung (RS0050063 [T71]; RS0112256 [T10]). Es findet deshalb auch die Unklarheitenregelung des § 915 ABGB Anwendung. Unklarheiten gehen zu Lasten der Partei, von der die Formulare stammen, das heißt im Regelfall zu Lasten des Versicherers (RS0050063 [T3]). Die Klauseln sind, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen (RS0008901).
1.2 Die allgemeine Umschreibung des versicherten Risikos erfolgt durch die primäre Risikobegrenzung. Durch sie wird in grundsätzlicher Weise festgelegt, welche Interessen gegen welche Gefahr und für welchen Bedarf versichert sind. Auf der zweiten Ebene (sekundäre Risikobegrenzung) kann durch einen Risikoausschluss ein Stück des von der primären Risikoabgrenzung erfassten Deckungsumfangs ausgenommen und für nicht versichert erklärt werden. Der Zweck liegt darin, dass ein für den Versicherer nicht überschaubares und kalkulierbares Teilrisiko ausgenommen und eine sichere Kalkulation der Prämie ermöglicht werden soll. Mit dem Risikoausschluss begrenzt also der Versicherer von vornherein den Versicherungsschutz, ein bestimmter Gefahrenumstand wird von Anfang an von der versicherten Gefahr ausgenommen (RS0080166 [T10]). Als Ausnahmetatbestände, die die vom Versicherer übernommene Gefahr einschränken oder ausschließen, dürfen Ausschlüsse nicht weiter ausgelegt werden, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise sowie des Regelungszusammenhangs erfordert. Den Beweis für das Vorliegen eines Risikoausschlusses als Ausnahmetatbestand hat der Versicherer zu führen (RS0107031).
1.3 Nach Art 6 Abs 1 AUVB ist ein Unfall ein plötzlich von außen auf den Körper der versicherten Person einwirkendes Ereignis, wodurch diese unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet.
1.4 Gemäß Art 6 Abs 3 AUVB sind ferner Unfälle vom Versicherungsschutz umfasst, die durch einen Herzinfarkt oder Schlaganfall herbeigeführt werden; ein Herzinfarkt oder Schlaganfall gilt jedoch in keinem Fall als Unfallfolge. Die Bestimmung lässt nach seinem insoweit klaren Wortlaut auch aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers nur das Verständnis zu, dass Unfälle, die Folge eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls sind, gleichfalls dem Versicherungsschutz unterstellt werden, Herzinfarkt oder Schlaganfall als Folge eines Unfalls hingegen aber nicht versichert sind. Bei der hier interessierenden Wortfolge „Herzinfarkt und Schlaganfall gelten nicht als Unfallfolge“ handelt es sich um einen Risikoausschluss.
1.5 Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich aufgefasst ist. Durch das Transparenzgebot soll eine durchschaubare, möglichst klare und verständliche Formulierung von AGB sichergestellt werden. Der typische Verbraucher soll nicht von der Durchsetzung seiner Rechte dadurch abgehalten werden, dass ihm ein unzutreffendes oder unklares Bild seiner vertraglichen Position vermittelt wird oder ihm unberechtigt Pflichten auferlegt werden (vgl RS0115217 [T3, T8, T41]).
Die Formulierung in Art 6.3 AUVB ist klar und auch verständlich. Eine Verletzung des Transparenzgebots liegt nicht vor.
1.6 Richtig ist, dass Fenyves (Zur „Herzinfarkt‑Klausel“ der privaten Unfallversicherung in FS Krejci II, 1153 ff [1160, 1163]) die „Herzinfarkt‑Klausel“ in den AUVB 1995, wonach Herzinfarkte in keinem Fall als Unfallfolge gelten, aufgrund einer systematisch- teleologischen Interpretation einschränkend dahin auslegt, dass entgegen dem insoweit überschießenden Wortlaut der Herzinfarkt als Unfallfolge dann als gedeckt anzusehen sei, wenn er durch eine von außen kommende mechanische Einwirkung direkt herbeigeführt worden sei. Dies begründet er damit, dass die in Art 17.8 AUVB 1995 als Risikoausschluss geregelte „Herzinfarkt‑Klausel“ insoweit in systematischer und wertmäßiger Beziehung zu den „Unfallfolgen‑Ausschlüssen“ nach Art 18.5 (Bandscheibenhernien) (hier Art 21 Abs 4 AUVB) und Art 18.6 (Bauch‑ und Unterleibsbrüche) AUVB 1995 (hier Art 21 Abs 5 AUVB) stehe, die gleichfalls Versicherungsschutz bei direkter mechanischer Einwirkung bieten würden.
Der eindeutige Wortlaut und der Umstand, dass hier – anders als nach Art 21 Abs 4 und 5 AUVB – Art 6 Abs 3 AUVB gerade keine entsprechende Einschränkung enthält, obwohl eine solche auch dort leicht hätte vorgenommen werden können, spricht nach Ansicht des erkennenden Senats gegen ein derartiges Auslegungsergebnis.
1.7 Zusammengefasst bedeutet dies: Die AUVB definieren in Art 6 den Versicherungsfall und unterstellen in Art 6.3 AUVB Unfälle, die durch einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall herbeigeführt wurden, gleichfalls dem Versicherungsschutz. Im zweiten Satz wird aber gleichzeitig ein Ausschluss vom Versicherungsschutz dahin vorgenommen, dass Herzinfarkt und Schlaganfall in keinem Fall als Unfallfolgen gelten.
2. Nach § 879 Abs 3 ABGB ist eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen betrifft, nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt. Das dadurch geschaffene bewegliche System berücksichtigt einerseits die objektive Äquivalenzstörung und andererseits die „verdünnte Willensfreiheit“ (vgl RS0016914). § 879 Abs 3 ABGB geht von einem sehr engen Begriff der „Hauptleistung“ aus. Soweit nicht Versicherungsart und Prämienhöhe festgelegt werden, ist die Leistungsbeschreibung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Inhaltskontrolle zugänglich, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich um die Stufe der primären Umschreibung der versicherten Gefahr oder um Risikoausschlüsse handelt (vgl RS0128209). „Gröbliche Benachteiligung“ im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB liegt nicht nur dann vor, wenn der Versicherungszweck geradezu vereitelt oder ausgehöhlt wird, sondern bereits dann, wenn die zu prüfende Klausel eine wesentliche Einschränkung gegenüber dem Standard bringt, den der Versicherungsnehmer von einer Versicherung dieser Art erwarten kann (RS0128209 [T2]; 7 Ob 194/11x mwN). Bei der Angemessenheitsprüfung nach § 879 Abs 3 ABGB ist objektiv auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen. Für diesen Zeitpunkt ist eine umfassende, die Umstände des Einzelfalls berücksichtigende Interessenprüfung vorzunehmen (RS0016913 [T1]).
2.1 Die „Herzinfarkt/Schlaganfall‑Klausel“ bezieht sich nur auf die Unfallfolgen und gehört als Folgenklausel zu den „Unfallfolgen‑Ausschlüssen“, die an sich in Art 21 AUVB (Sachliche Begrenzungen des Versicherungsschutzes) geregelt sind.
Fenyves (aaO [1162, 1163, 1166]) vertritt, dass die „Folgenklauseln“ der AUVB vor dem Hintergrund des grundsätzlichen Leistungsversprechens zu sehen seien, dass der Versicherer Versicherungsleistungen nur für die durch den Unfall eingetretenen Folgen (körperliche Schädigung oder Tod) erbringe (Art 21 AUVB). Im Grunde würden die „Folgenklauseln“ nur der Gewährleistung dieses Prinzips dienen, in dem sie im „Grenzbereich zwischen Unfall und degenerativen Körperzuständen“ den eindeutigen Nachweis verlangen, dass es sich bei den durch den Unfall ausgelösten Beschwerden des Versicherungsnehmers wirklich um „Unfallfolgen“ handle. Es sei keinesfalls selbstverständlich, einem Herzinfarkt/Schlaganfall schlechthin die Eigenschaft abzusprechen, als Unfallfolge gelten zu können, weil „Folgenklauseln“ im Allgemeinen nur einen Zweck hätten, nämlich zu verhindern, dass der Versicherer „Unfallfolgen“ tragen soll, die zwar möglicherweise durch den Unfall ausgelöst werden, früher oder später aber ohnehin aufgetreten wären, weil im Körper des Versicherten bereits entsprechende degenerative Veränderungen „angelegt“ waren. Vor diesem Hintergrund erweise sich aber der sehr weite Ausschluss, nämlich Herzinfarkt und Schlaganfall kategorisch, selbst bei ausschließlicher Ursächlichkeit des versicherten Unfallereignisses und ohne jegliche Mitwirkung eines degenerativen Geschehens undifferenziert nicht unter Versicherungsschutz zu stellen, als gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB, weil dieser unbedingte Ausschluss über das aufgezeigte legitime Interesse des Versicherers hinausschieße und deutlich von den Erwartungen des Versicherungsnehmers abweiche (vgl auch Maitz AUVB Allgemeine Bedingungen für die Unfallversicherung [2017] 258).
2.2 Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung 7 Ob 73/12i die Argumentation Fenyves zu einer vergleichbaren Klausel (Art 17 Abs 8 AUVB 1989) bereits ausdrücklich gebilligt. Soweit Art 6 Abs 3 AUVB den Versicherungsschutz Herzinfarkt und Schlaganfall kategorisch als Unfallfolge ausschließt, verstößt sie demnach gegen § 879 Abs 3 ABGB und ist unwirksam. Eine geltungserhaltende Reduktion der Klausel kommt aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht in Frage (RS0128735).
2.3 Bereits davon ausgehend und eine sachliche Klärung herbeiführend kann die Frage der Geltungskontrolle nach § 864a ABGB dahingestellt bleiben, auch wenn diese der Inhaltskontrolle gemäß § 879 ABGB grundsätzlich vorgeht (RS0037089).
3. Nach den Feststellungen war der Sturz der Klägerin anlässlich des Aussteigens aus dem Transferbus Ursache der Dissektion der arteria carotis interna links und des nachfolgenden Mediateilinfarkts links. Zwischen dem Unfallereignis, der Gesundheitsschädigung und dem für den Leistungsanspruch relevanten Gesundheitsschaden besteht demnach ein adäquater Kausalzusammenhang (7 Ob 103/15w; 7 Ob 32/17g mwN). Es liegt somit ein Unfall im Sinn des Art 6 Abs 1 AUVB vor, der in Art 6 Abs 3 AUVB geregelte Risikoausschluss ist aber – wie dargelegt – unwirksam. Auf die Bestimmung des Art 21 Abs 2 AUVB hat sich die Beklagte nicht berufen und ihre tatsächlichen Voraussetzungen auch nicht behauptet. Demgemäß war der Revision Folge zu geben und das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen.
4. Wenn das Berufungsgericht einer Berufung stattgegeben und das erstgerichtliche Urteil abgeändert hat, wodurch ein gegen dieses Urteil erhobener Kostenrekurs gegenstandslos wurde, und der Oberste Gerichtshof das erstinstanzliche Urteil wiederherstellt, dann ist vom Obersten Gerichtshof über die Kostenrüge zu entscheiden (RS0036069 [T1]; 3 Ob 118/18a).
Das Erstgericht begründete seine Kostenentscheidung, den Schriftsatz vom 8. 1. 2019 nicht zu honorieren, damit, dass das Vorbringen ohne Rechtsnachteile in der Verhandlung vom 16. 1. 2019 erstattet hätte werden können. Die Klägerin bekämpfte diese Kostenentscheidung. Mit dem Schriftsatz sei auch das gefäßchirurgische Sachverständigengutachten Beil ./O vorgelegt worden, weshalb sie Anspruch auf Honorierung nach TP 2 habe. Dadurch erhöhe sich ihr Kostenersatzanspruch um 977,14 EUR.
Der Schriftsatz ist als Urkundenvorlage nach TP 1 zu honorieren, die insoweit zweckentsprechend war, als das vorgelegte Gutachten den beiden Sachverständigen zur Vorbereitung ihrer Gutachtenserörterung am 16. 1. 2019 zur Verfügung gestellt werden konnte. Das kurze – über eine bloß inhaltliche Zusammenfassung der vorgelegten Urkunde hinausgehende – Vorbringen, hätte tatsächlich in der Tagsatzung vom 16. 1. 2019 erstattet werden können. Der Kostenersatzanspruch der Klägerin erhöht sich daher um 217,48 EUR.
5. Die Kostenentscheidung für das Kostenrekursverfahren gründet sich auf die §§ 50, 43 Abs 1 ZPO. Die Kostenentscheidung richtet sich auch dann nach den Grundsätzen der Quotenkompensation, wenn sich eine Partei– wie hier die Beklagte – nicht beteiligte (Obermaier, Kostenhandbuch3 [2018] Rz 1.100). Da die Klägerin nur mit 22 % obsiegte, hat sie die Kosten ihres Kostenrekurses selbst zu tragen. Im Übrigen beruht die Entscheidung über die Kosten des Berufungs‑ und Revisionsverfahrens auf §§ 50, 41 ZPO.
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