OGH 5Ob95/19k

OGH5Ob95/19k24.9.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin D* H*, vertreten durch Mag. Christoph U. Kuhn, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin N* AG, *, vertreten durch Mag. Franz Podovsovnik, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 6 iVm § 9 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 10. April 2019, GZ 39 R 294/18a11, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E126471

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Antragstellerin stellte den – auf § 9 MRG gestützten – Antrag auf Ersetzung der Zustimmung der Antragsgegnerin zum Einbau eines zweiten Badezimmers in der von ihr gemieteten Wohnung.

2. Voraussetzung für die Genehmigung einer solchen vom Mieter geplanten wesentlichen Veränderung ist unter anderem, dass diese Veränderung der Übung des Verkehrs entspricht und einem wichtigen Interesse des Hauptmieters dient (§ 9 Abs 1 Z 2 MRG). Die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass beide Voraussetzungen kumulativ vorhanden sind, trifft den Mieter (5 Ob 245/18t; RIS‑Justiz RS0069551 [T2]; RS0069662 [T1]; RS0069695 [T5]; RS0069725 [T1]). (Nur) Bei den nach § 9 Abs 2 Z 1 bis 5 MRG privilegierten Arbeiten wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen unwiderlegbar vermutet. Dass die Errichtung eines zweiten Badezimmers nicht zu den im § 9 Abs 2 MRG taxativ aufgezählten privilegierten Veränderungen zählt, ist im Revisionsrekursverfahren nicht strittig.

3. Ob die Voraussetzungen für die Duldungspflicht des Vermieters gemäß § 9 Abs 1 Z 2 iVm Abs 2 MRG gegeben sind, hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab, die in ihrer Gesamtheit zu beurteilen sind; dabei ist dem Rechtsanwender ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt. Diese Beurteilung wirft daher in der Regel keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf (5 Ob 245/18t; RS0113606; RS0083341 [T23]). Nur in Fällen einer die Rechtssicherheit in Frage stellenden Fehlbeurteilung hat der Oberste Gerichtshof korrigierend einzugreifen.

4. Eine solche im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung liegt hier nicht vor. Das Rekursgericht vertrat die Rechtsansicht, das Interesse der Antragstellerin, ihren beiden heranwachsenden (in den Jahren 2000 und 2005 geborenen) Töchtern einen separierten Wohn- und Badebereich zu schaffen, sei zwar nachvollziehbar, aber kein wichtiges Interesse iSd § 9 Abs 1 Z 2 MRG, weil dieses über das selbstverständliche Interesse eines Wohnungsmieters an einer besseren Nutzung der Räumlichkeiten hinausgehen müsse. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist für das Vorliegen eines wichtigen Interesses des Mieters zwar auf dessen subjektives Interesse an der beabsichtigten Änderung abzustellen (RS0069695), aber nicht jeder verständliche oder sogar von achtenswerten Motiven getragene Veränderungswunsch vermag ein wichtiges Interesse zu begründen (5 Ob 139/18d; RS0083341 [T25]). Bloße Zweckmäßigkeitserwägungen oder eine Steigerung des Wohnwerts reichen für die Annahme eines wichtigen Interesses daher in der Regel nicht aus (5 Ob 139/18d; RS0083341 [T4]; RS0110977 [T2]). Analog zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur wohnungseigentumsrechtlichen Parallelbestimmung des § 16 Abs 2 WEG ist der Begriff des „wichtigen Interesses“ vielmehr besonders unter dem Gesichtspunkt zu beurteilen, ob die Änderung dazu dient, überhaupt erst eine dem heute üblichen Standard entsprechende Nutzung des Objekts zu ermöglichen (vgl RS0083341 [T18]). Den durch diese Grundsätze vorgegebenen Rahmen hat das Rekursgericht in seiner Beurteilung des vorliegenden Einzelfalls nicht überschritten. Das gilt auch dann, wenn man den erstmals vor Gericht geltend gemachten und vom Erstgericht festgestellten Umstand, dass der Freund der älteren (bereits volljährigen) Tochter beabsichtigt, in die Wohnung einzuziehen, wenn der Einbau eines zweiten Bades erfolgt,nicht als unzulässige Erweiterung des Sachverhalts gegenüber dem Verfahren vor der Schlichtungsstelle wertet (vgl RS0109931) und entsprechend berücksichtigt.

5. Die Antragstellerin zeigt in ihrem Revisionsrekurs damit keine Rechtsfrage auf, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Mangels Vorliegens dieser Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs unzulässig und zurückzuweisen.

Stichworte