OGH 5Ob73/19z

OGH5Ob73/19z24.9.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadt W*, vertreten durch Dr. Heinz-Peter Wachter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. G* H*, vertreten durch die Zacherl Schallaböck Proksch Manak Kraft Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 20. Februar 2019, GZ 38 R 245/18p‑32, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E126474

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Mit Landpachtvertrag vom 23. 6. 1999 gab die Klägerin dem Beklagten die Flächen mehrerer Grundstücke in Bestand. In den Jahren 2001 und 2007 vereinbarten die Vertragsparteien jeweils die Erweiterung der Pachtfläche und eine entsprechende Erhöhung des Pachtzinses. Im Jahr 2013 berichtigten sie (aus Anlass einer vom Vermessungsamt vorgenommenen Berichtigung der im Grundstücksverzeichnis ausgewiesenen Flächen) das Ausmaß der Pachtfläche.

2. Im Revisionsverfahren ist strittig, welche Auswirkungen diese Änderungen auf die ursprünglich im Landpachtvertrag vom 23. 6. 1999 getroffene Befristungsvereinbarung haben sollten. Das Berufungsgericht kam zu dem Ergebnis, dass aus Anlass der Vergrößerung der Pachtfläche die zehnjährige Befristung nicht neu zu laufen beginnen und der Vertrag nicht über die vereinbarte automatische Verlängerung um jeweils nur ein Jahr hinaus verlängert werden sollte. Es begründet dies im Wesentlichen damit, dass die Klägerin im Zug der Änderungsvereinbarungen jeweils explizit darauf hingewiesen hat, dass die übrigen Bedingungen des bestehenden Vertrags weiterhin vollinhaltlichaufrecht bleiben. Aus diesen Erklärungen gehe nicht der Wille hervor, einen neuen Vertrag abzuschließen oder eine neue Befristung festzulegen.

3. Die Auslegung der Vereinbarungen, die die Vertragsparteien im Zusammenhang mit den Erweiterungen des Bestandobjekts und der Richtigstellung des Flächenausmaßes getroffen haben, ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Das gilt nicht nur für die Frage, ob diese als bloße Schuldänderung iSd § 1379 ABGB, als Novation iSd §§ 1376 ff ABGB oder aber als selbständige Verträge zu qualifizieren sind (5 Ob 221/17m; RS0032502 [T8]). Das gilt im Besonderen (auch) für die hier in all diesen Fällen entscheidende Frage, wie die Parteienerklärungen in Bezug auf die Befristung des Vertrags aufzufassen sind. Diese einzelfallbezogene Beurteilung wirft nur dann eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf, wenn in krasser Verkennung der Auslegungsgrundsätze ein aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit zu korrigierendes Auslegungsergebnis erzielt wurde (vgl RS0042555; RS0042776; RS0042936; RS0044298; RS0044358; RS0112106). Das ist hier aber nicht der Fall.

4. Der Beklagte zeigt in seiner Revision somit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Die Revision war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Stichworte