European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0120OS00088.19M.0812.000
Spruch:
Das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Jugendschöffengericht vom 11. März 2019, GZ 620 Hv 1/19s‑157, verletzt in den Schuldsprüchen des Gabriel‑Constantin R***** (A./I./) und des Ionel M***** (A./I./ und II./) je wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig und im Rahmen einer kriminiellen Vereinigung durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 2 erster und zweiter Fall und Abs 3 (jeweils iVm Abs 1 erster und zweiter Fall) StGB in der Subsumtion nach § 130 Abs 2 erster Fall iVm Abs 1 erster Fall und Abs 3 iVm Abs 1 erster Fall StGB das Gesetz in diesen Bestimmungen.
Das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird
in der Subsumtion der Gabriel‑Constantin R***** und Ionel M***** zu A./I./ und A./II./ angelasteten Taten auch nach § 130 Abs 2 erster Fall iVm Abs 1 erster Fall und Abs 3 iVm Abs 1 erster Fall StGB, in der dazu gebildeten Subsumtionseinheit sowie in den bezughabenden Strafaussprüchen (einschließlich der korrespondierenden Vorhaftanrechnungen) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Korneuburg verwiesen.
Die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer die genannten Angeklagten betreffenden Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung der Staatsanwaltschaft im Übrigen werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gründe:
Mit in Ansehung der Schuldsprüche rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Jugendschöffengericht vom 11. März 2019, GZ 620 Hv 1/19s‑157, wurden – soweit hier von Bedeutung – Gabriel‑Constantin R***** (A./I./) und Ionel M***** (A./I./ und II./) jeweils des Verbrechens des gewerbsmäßig und im Rahmen einer kriminiellen Vereinigung durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach (richtig) §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 2 erster und zweiter Fall und Abs 3 (jeweils iVm Abs 1 erster und zweiter Fall) StGB schuldig erkannt.
Danach haben die Genannten
A./ anderen gewerbsmäßig („§ 70 Abs 1 Z 3 erster bzw. zweiter Fall StGB“) fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert durch Einbruch in eine Wohnstätte mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen und zwar
I./ Gabriel‑Constantin R***** und Ionel M***** mit zwei weiteren Mitangeklagten als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung am 26. Mai 2018 in G***** der Familie H***** Münzen, Schmuck und Elektronikartikel im Gesamtwert von rund 7.300 Euro, indem sie ein Fenster des Wohnhauses aufbrachen und in dieses einstiegen, und
II./ Ionel M***** in der Nacht vom 2. auf den 3. August 2018 in W***** Johannes K***** Werkzeug und Elektronikartikel im Gesamtwert von 3.792 Euro, indem er die Balkontür des Wohnhauses aufbrach und in dieses einstieg.
Nach den in Ansehung der gewerbsmäßigen Begehungsweise getroffenen Feststellungen „kam es den Angeklagten zumindest ab der dritten Tathandlung darauf an, durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen für einen längeren Zeitraum von zumindest einigen Wochen, eine wirksame, nicht bloß geringfügige Einkommensquelle, nämlich einen – nach einer jährlichen Durchschnittsbetrachtung – monatlichen Betrag von € 400 überschreitenden Betrag, zu erschließen“ (US 11 f). Zudem war ihnen „auch bewusst, dass sie gewerbsmäßig und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung jeweils schwere Diebstähle, das heißt an Sachen, der[en] Wert jedenfalls Euro 5.000 übersteigt sowie auch Einbruchsdiebstähle in Gebäude und gerade auch in Wohnstätten begehen und wollten sie dies auch“ (US 12).
Während alle fünf Angeklagten unmittelbar nach der Urteilsverkündung einen Rechtsmittelverzicht erklärten (ON 156 S 23), bekämpft die Staatsanwaltschaft sämtliche Strafaussprüche zum Nachteil der Angeklagten mit Berufung (ON 159 iVm ON 160). Über diese hat das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht (AZ 21 Bs 155/19a) noch nicht entschieden.
Das dargestellte Urteil verletzt – wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt – das Gesetz.
Rechtliche Beurteilung
Eine der Voraussetzungen gewerbsmäßiger Begehung nach § 70 StGB ist, dass der Täter die Tat in der Absicht ausführt, sich durch ihre wiederkehrende Begehung längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen. Dem gewerbsmäßig handelnden Täter „kommt es darauf an“, sich durch die ins Auge gefasste Tatwiederholung eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen ( Jerabek/Ropper in WK² StGB § 70 Rz 2).
Unter Berücksichtigung des Umstands, dass dem Angeklagten Gabriel‑Constantin R***** zu A./I./ bloß eine einzige und dem Angeklagten Ionel M***** zu A./I./ und II./ lediglich zwei Tathandlungen zur Last gelegt werden, vermögen die angeführten Feststellungen, die undifferenziert und pauschal zu allen fünf Angeklagten getroffen wurden (vgl insbesondere: „zumindest ab der dritten Tathandlung“, US 11), die Subsumtion der Gabriel‑Constantin R***** und Ionel M***** zu A./I./ und A./II./ angelasteten Taten nach § 130 Abs 2 erster Fall iVm Abs 1 erster Fall und Abs 3 iVm Abs 1 erster Fall StGB nicht zu tragen.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der dargestellte Rechtsfehler mangels Feststellungen den Genannten mit Blick auf die zu deren Nachteil erhobene Berufung der Staatsanwaltschaft (vgl § 295 Abs 1 erster Satz StPO, RIS-Justiz RS0118870, Ebner in WK2 StGB § 33 Rz 2) zum Nachteil gereicht.
Solcherart sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, seine Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).
Zur Entscheidung über die Berufung der Staatsanwaltschaft in Ansehung der übrigen Angeklagten waren die Akten vorerst dem Oberlandesgericht zuzuleiten.
Hinzuzufügen bleibt, dass der Schöffensenat zur objektiven Tatseite (erneut undifferenziert zu sämtlichen Angeklagten) konstatierte, dass diese „die im schuldig erkennenden Urteilsspruch erwähnten Tathandlungen an den dort genannten Orten und dort genannten Zeitpunkten auf die dort genannte Art und Weise begangen“ haben (US 11; zur Zulässigkeit des ausdrücklichen Verweises der Feststellungen auf den Urteilsspruch vgl RIS‑Justiz RS0119090 [T4]). Feststellungen, die eine Subsumtion der den Angeklagten Gabriel‑Constantin R***** und Ionel M***** zur Last gelegten – Einbrüche ausschließlich in Wohnstätten umfassenden – Tathandlungen (A./I./ und II./) auch unter die Qualifikationsnorm des § 130 Abs 2 zweiter Fall StGB ermöglichen, hat das Erstgericht daher nicht getroffen.
Diese verfehlte Subsumtion bietet jedoch mangels eines darin gelegenen konkreten Nachteils für die beiden genannten Angeklagten (vgl Ratz , WK-StPO § 290 Rz 22 f) keinen Anlass zu amtswegigem Vorgehen. Aufgrund der hier getroffenen Klarstellung ist das Erstgericht bei der Fällung seines Urteils im zweiten Rechtsgang insoweit an seinen eigenen Ausspruch über das anzuwendende Strafgesetz nicht gebunden (RIS-Justiz RS0129614 [T1]).
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