European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0140OS00042.19M.0521.000
Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde sowie aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen der Angeklagten Mirhad S***** und Admir G***** zu I./1./, demzufolge auch in den sie betreffenden Strafaussprüchen (einschließlich der Vorhaftanrechnungen) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Klagenfurt verwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.
Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten S***** und G***** auf die Kassation der Strafaussprüche verwiesen.
Dem Angeklagten S***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant – Mirhad S*****, Admir G***** und David K***** jeweils eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I./1./), und nach § 15 StGB, § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I./2./), S***** weiters des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG (III./) schuldig erkannt.
Danach haben
I./ am 4. Mai 2018 S*****, G***** und K***** „im bewussten und gewollten Zusammenwirken als unmittelbare Täter“ vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25‑fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich zumindest 16.061,3 Gramm Cannabiskraut mit einer Reinsubstanz von mindestens 1.794 Gramm THCA und 136,84 Gramm Delta‑9‑THC
1./ am Grenzübergang T***** von Slowenien nach V***** eingeführt;
2./ in V***** einer Vertrauensperson und einem verdeckten Ermittler des Bundeskriminalamts zu überlassen versucht;
(...)
III./ S***** von einem nicht bekannten Zeitpunkt bis 4. Mai 2018 in V*****, wenn auch nur fahrlässig, unbefugt eine verbotene Waffe, nämlich einen Schlagring, besessen.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die (nur zu I./1./ und 2./ ausgeführte) auf § 281 Abs 1 Z 4 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S*****.
Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde das Urteil zwar uneingeschränkt bekämpft, inhaltlich aber zum Schuldspruch III./ nicht argumentiert, war auf sie keine Rücksicht zu nehmen, weil auch bei ihrer Anmeldung Nichtigkeitsgründe nicht deutlich und bestimmt bezeichnet wurden (§ 285 Abs 1 zweiter Satz StPO).
Die (auf I./1./ und 2./ bezogene) Verfahrensrüge (Z 4) richtet sich gegen die Abweisung des in der Hauptverhandlung am 11. Dezember 2018 gestellten – im Übrigen unsubstantiierten (vgl aber RIS‑Justiz RS0118060 [T9]; Danek/Mann, WK‑StPO § 238 Rz 7/1) – Antrags auf „Einstellung des Verfahrens gemäß § 133 Abs 5 iVm § 191 Abs 2 StPO vor dem Hintergrund, dass es sich vorliegend um eine illegale Tatprovokation handelt“ (ON 151 S 28). Sie geht von vornherein ins Leere, weil Entscheidungen über die Einstellung des Verfahrens nach § 191 Abs 2 (hier iVm § 133 Abs 5) StPO kein Gegenstand der Z 4 sind (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 303; zu Anträgen, die sich nicht auf das Verfahren als solches beziehen, sondern die Fällung einer bestimmten [End‑]Entscheidung begehren, siehe auch RIS‑Justiz RS0099217).
Das Vorliegen des Verfolgungshindernisses der unzulässigen Tatprovokation (§ 5 Abs 3 iVm § 133 Abs 5 StPO; vgl RIS‑Justiz RS0130354) wäre – auf Grundlage des Urteilssachverhalts (RIS‑Justiz RS0099810) oder unter Geltendmachung eines Feststellungsmangels (RIS‑Justiz RS0118580) – aus Z 9 lit b beachtlich (vgl Schroll, WK‑StPO § 191 Rz 14), während die Urteilsfeststellungen selbst mit Mängel‑ und Tatsachenrüge (Z 5 und 5a) bekämpfbar und Anträge zum Nachweis einer Tatprovokation aus Z 4 relevant wären.
Das 13 Seiten umfassende Beschwerdevorbringen zur Z 4 (vgl im Übrigen zur Unbeachtlichkeit von in der Rechtsmittelschrift zur Antragsfundierung nachgetragenem Vorbringen RIS‑Justiz RS0099618) bringt aber – auch der Sache nach – keinen (anderen) Nichtigkeitsgrund zur Darstellung, weshalb darauf nicht einzugehen ist.
Zutreffend kritisiert die Rechtsrüge (Z 9 lit a) jedoch das Fehlen von Feststellungen zu Tathandlungen des Beschwerdeführers betreffend die Einfuhr des Suchtgifts von Slowenien nach Österreich (I./1./). Denn nach den Konstatierungen erfolgte der Transport über die Grenze ausschließlich durch den Angeklagten K***** (US 8 f), sodass für die Annahme unmittelbarer Täterschaft nach § 12 erster Fall StGB erforderliche Ausführungshandlungen des Angeklagten S***** (RIS‑Justiz RS0089420) gerade nicht angenommen wurden. Ob letzterer durch seine im Urteil beschriebenen, der Anbahnung des geplanten Suchtgiftverkaufs dienenden Tätigkeiten (US 6 ff) rechtlich gleichwertige (RIS‑Justiz RS0117604), für die Einfuhr kausale Bestimmungs‑ oder Beitragshandlungen (vgl dazu auch RIS‑Justiz RS0132345) gesetzt hat, ist den Konstatierungen ebenfalls nicht zu entnehmen. Hinzu kommt, dass das Urteil auch keine Feststellungen zu einem darauf bezogenen Vorsatz (vgl Kienapfel/Höpfel/Kert AT15 E 5 Rz 29) dieses Angeklagten enthält.
Da der aufgezeigte Rechtsfehler mangels Feststellungen auch hinsichtlich des Angeklagten G***** vorliegt, war gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO so vorzugehen, als hätte auch dieser den Nichtigkeitsgrund geltend gemacht.
Das Urteil war daher in den Schuldsprüchen der Angeklagten S***** und G***** zu I./1./ sowie in den sie betreffenden Strafaussprüchen aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Klagenfurt zu verweisen (§ 285e StPO).
Mit ihren Berufungen waren die genannten Angeklagten auf die Kassation der Strafaussprüche zu verweisen.
Im Übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S***** zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Die Kostenentscheidung, die sich nicht auf die amtswegige Maßnahme bezieht (RIS‑Justiz RS0101558), gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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