European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0150OS00027.19P.0410.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Erich I***** – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde relevant – nach § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.
Danach hat er von Sommer 2017 bis Mitte August 2018 in Wien unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen und seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, nämlich einem paranoid‑psychotischen Zustandsbild bei einer unbehandelten anhaltenden wahnhaften Störung F 22 mit eingeschränktem Realitätsbezug, verstärkt durch eine dementielle Entwicklung, in einer nicht mehr exakt feststellbaren Mehrzahl von Angriffen seine Ehegattin Barbara I***** mit dem Tod gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar durch die sinngemäßen Äußerungen, er haue ihr „eine Gscheite rein“, er haue ihr den Schädel ein, er haue sie die Treppe runter, er kriege sie noch dran, sohin Taten begangen, die als Verbrechen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen, die ihr Ziel verfehlt.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch Abweisung der in der Hauptverhandlung am 11. Dezember 2018 gestellten Anträge auf Ladung der Zeugen Barbara und Daniel I***** (ON 52 S 15) Verteidigungsrechte des Betroffenen nicht geschmälert. Die Vernehmung dieser Zeugen wurde zum Beweis dafür begehrt, dass der Betroffene „keine Gewalt ausgeübt hat, sie nicht geschlagen, nicht beharrlich verfolgt und nicht gefährlich bedroht hat“.
Die Zeugin Barbara I***** hatte bereits anlässlich ihrer kontradiktorischen Vernehmung im Ermittlungsverfahren (§ 165 StPO) deponiert, in der Hauptverhandlung nicht mehr aussagen zu wollen (ON 17 S 2). Da vom Antragsteller nicht dargetan wurde, weshalb sich die Genannte gleichwohl zur Aussage bereit finden werde, konnte sein Antrag sanktionslos als solcher mit bloßem Erkundungscharakter abgewiesen werden (RIS‑Justiz RS0117928).
Gleiches gilt für die Forderung nach Vernehmung des Daniel I***** (des Sohnes des Betroffenen), welcher nach fernmündlicher Kontaktaufnahme durch die Vorsitzende und Belehrung über seine Aussagebefreiung gemäß § 156 Abs 1 Z 1 StPO (telefonisch) bekundet hatte, nicht aussagen zu wollen (ON 52 S 17). Dem Beschwerdestandpunkt zuwider kann nämlich die – an keine besonderen Förmlichkeiten gebundene – Erklärung eines Zeugen, von dem ihm zustehenden Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen, schon vor der Hauptverhandlung wirksam abgegeben werden. Nur in den – hier gerade nicht vorliegenden – Fällen, dass das Gericht, dem alleine diese Beurteilung obliegt (RIS‑Justiz RS0111315; Kirchbacher, WK-StPO § 252 Rz 74), die Erklärung für missverständlich, bedenklich oder nicht endgültig erachtet oder dass in einem Antrag auf (neuerliche) Vernehmung des Zeugen Anhaltspunkte vorgebracht werden, welche dessen (nunmehrige) Aussagebereitschaft plausibel erscheinen lassen, hat die Abklärung der Aussagebereitschaft (durch unmittelbare Befragung des Zeugen) in der Hauptverhandlung zu erfolgen (RIS-Justiz RS0121344).
Soweit die Beschwerde weiters behauptet, das Erstgericht sei zu Unrecht von iSd § 107 Abs 2 StGB qualifizierten mit Strafe bedrohten Handlungen ausgegangen, orientiert sie sich nicht am im Urteil hinreichend deutlich zum Ausdruck gebrachten Bedeutungsinhalt der Äußerungen (US 6 ff), sondern wendet sich mit eigenständigen Beweiswerterwägungen zum Äußerungsgehalt bloß – im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässig – gegen die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.
Zur Behauptung eines Rechtsfehlers mangels Feststellungen in Ansehung der von § 107 Abs 2 StGB geforderten subjektiven Tatseite lässt die Beschwerde (der Sache nach Z 10) offen (RIS-Justiz RS0099810), weshalb die auf die vorsätzliche Einflößung begründeter Besorgnis „in Bezug auf ihre körperliche Unversehrtheit … bis hin zu ihrem Leben“ bezogene Konstatierung, wonach der Betroffene dabei in der Absicht handelte, Barbara I***** in Furcht und Unruhe zu versetzen (US 6 f), die vom Erstgericht vorgenommene Subsumtion der Anlasstaten nicht zu tragen vermag (vgl RIS‑Justiz RS0129802).
Mit dem Vorbringen, die Feststellungen des Erstgerichts zum Zustand des Betroffenen „scheinen … zu überprüfen“, wird kein (angeblich) Nichtigkeit begründender Umstand deutlich und bestimmt bezeichnet (§ 285a Z 2 StPO).
Die abschließenden Beschwerdeerwägungen zur Gefährlichkeitsprognose und zu allfälligen Alternativen zu einer (unbedingten) Einweisung nach § 21 Abs 1 StGB stellen bloß ein Berufungsvorbringen dar (RIS-Justiz RS0090341).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).
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