OGH 8Ob28/19d

OGH8Ob28/19d25.3.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. G*****, Rechtsanwalt, als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Verlassenschaft nach dem ***** 2015 verstorbenen Dipl.‑Ing. A*****, vertreten durch Schulyok Unger & Partner Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei A*****, vertreten durch Dr. Martin Neuwirth, Dr. Alexander Neurauter, Rechtsanwälte in Wien, wegen 14.083,55 EUR sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 11.320,73 EUR) gegen das Teilurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 14. November 2018, GZ 40 R 189/18t‑20, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0080OB00028.19D.0325.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Das Berufungsgericht hat die Erklärung des Beklagten, den eingeklagten Mietzins mit Zahlungen (Strom, Gas, Müll, Wasser, Rauchfangkehrer etc) aufzurechnen, die er nach dem Tod des Bestandgebers auf das gesamte Gebäude, in dem sich auch das Mietobjekt befindet, geleistet hat, unter Hinweis auf das im Mietvertrag vereinbarte Kompensationsverbot abgewiesen (vgl RIS‑Justiz RS0033996).

Mit der Behauptung, zwischen seinem Rückforderungsanspruch und der vom Kläger geltend gemachten Mietzinsforderung bestehe ein rechtlicher Zusammenhang, sodass dieses vertragliche Aufrechnungsverbot nicht gelte, zeigt der Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage auf.

2.1 Ein nach der Vereinbarung für die Ausnahme vom Kompensationsverbot erforderlicher „rechtlicher Zusammenhang“ zwischen Forderung und Gegenforderung ist wohl dann gegeben, wenn sie aus einem einheitlichen Vertrag, einer einzigen gesetzlichen Vorschrift, einem einheitlichen Rechtsverhältnis oder aus einem einheitlichen, unter einem gleichen rechtlichen Gesichtspunkt zu beurteilenden Lebenssachverhalt hergeleitet werden (vgl auch RIS‑Justiz RS0040702).

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, das sei bei einem (vertraglichen) Mietzinszahlungsanspruch und einem auf (rechtsgrundlose) Zahlung fremder Schulden gestützten Bereicherungsanspruch nicht der Fall, hält sich im Rahmen dieser Rechtsprechung.

2.2 Der Beklagte hat im erstinstanzlichen Verfahren weder vorgebracht, dass die Berufung auf das vertragliche Aufrechnungsverbot durch den Kläger gegen Treu und Glauben verstoßen würde, noch dass er als erbantrittserklärter Erbe vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Verrechnungsvereinbarung mit der Verlassenschaft geschlossen habe. Mit diesen Ausführungen verstößt der Revisionswerber daher gegen das Neuerungsverbot. Eine Zusage des Klägers, der Beklagte dürfe die Zahlungen für die Gesamtliegenschaft mit der Miete gegenverrechnen, konnte nicht festgestellt werden.

3. Letztlich setzt sich der Beklagte mit seinem Einwand, es sei zwischen vor und ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen Gegenforderungen zu differenzieren, wenigstens im Ausmaß ersterer sei er von der Mietzinszahlungspflicht befreit, auch über die (zwingenden) Bestimmungen der §§ 19, 20 IO hinweg. Nach § 20 Abs 1 dritter Fall IO ist eine Aufrechnung mit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworbenen Gegenforderungen unzulässig, wenn der Schuldner der Insolvenzmasse zur Zeit des Erwerbs von der Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners Kenntnis hatte oder haben musste. Bereits das Erstgericht ist davon ausgegangen, dass Letzteres zu bejahen wäre, der Beklagte also bei Zahlung der Schulden der Verlassenschaft von deren Krise wissen musste. Dem hält der Beklagte nichts Stichhältiges entgegen.

4. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.

Stichworte