OGH 12Ns13/19m

OGH12Ns13/19m5.3.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. März 2019 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski in der Strafsache gegen Andrzej S***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und Z 2, 130 dritter und vierter Fall, 15 Abs 1 StGB (aF) und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 28 Hv 20/15g des Landesgerichts Innsbruck, über die Anzeige der Ausgeschlossenheit des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, der Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger und Mag. Fürnkranz sowie des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl gemäß § 60 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo. 2005 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0120NS00013.19M.0305.000

 

Spruch:

Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger und Mag. Fürnkranz und Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl sind von der Entscheidung über den gegen das Oberlandesgericht Innsbruck gerichteten Fristsetzungsantrag des Verurteilten Andrzej S***** vom 7. Februar 2019 in Ansehung des Verfahrens AZ 28 Hv 20/15g des Landesgerichts Innsbruck nicht ausgeschlossen.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat zu AZ 11 Fss 3/19h über den im Spruch genannten Fristsetzungsantrag zu entscheiden.

Die im Spruch Genannten sind Mitglieder des zuständigen 11. Senats.

Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz zeigte die Ausgeschlossenheit der erwähnten Senatsmitglieder an, weil der Fristsetzungsantrag einen Antrag des Verurteilten auf Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 28 Hv 20/15g des Landesgerichts Innsbruck betreffe und die genannten Mitglieder des Senats 11 bereits im erwähnten Verfahren des Landesgerichts Innsbruck über eine Reihe von Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen des Andrzej S***** zu befinden gehabt und mit Beschluss vom 19. Mai 2016, AZ 11 Os 106/15w, 107/15t, 120/15h, 121/15a, die Nichtigkeitsbeschwerde des Genannten zurückgewiesen hätten (vgl 12 Ns 71/16m).

Nach § 43 Abs 4 StPO ist ein Richter von der Entscheidung über einen Antrag auf Wiederaufnahme ausgeschlossen, wenn er im Verfahren bereits als Richter tätig gewesen ist. Da im vorliegenden Fall nicht über einen solchen, sondern über einen Fristsetzungsantrag, welcher bloß die angebliche Säumigkeit des Oberlandesgerichts Innsbruck zum Gegenstand hat, zu entscheiden ist, liegt nach dem Wortlaut des § 43 Abs 4 StPO Ausgeschlossenheit nicht vor.

Die Beurteilung der Frage, ob Richter ausgeschlossen sind, erfordert nicht nur mit Blick auf das Spannungsverhältnis zum verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 B‑VG) und zum Prinzip der festen Geschäftsverteilung (Art 87 Abs 3 B-VG), sondern auch und vor allem unter dem Aspekt des Zugangs zum Recht eine ausgewogene Auslegung dieser Norm unter Berücksichtigung von Organisation und Funktion des Gerichts. Die Bestimmungen über die Ausgeschlossenheit und die Befangenheit stellen auf äußere Umstände ab, die zum einen durch ausdrückliche Aufzählung (§ 43 Abs 1 Z 1 und Z 2, Abs 2 bis 4, § 47 Abs 1 Z 1 und Z 2 StPO), zum anderen mittels Generalklausel (§ 43 Abs 1 Z 3, § 47 Abs 1 Z 3 StPO) determiniert werden. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber die Ausgeschlossenheit abschließend regeln wollte; die Bestimmungen der §§ 43 ff StPO sind, weil dieser Wille des Gesetzgebers eine Gesetzeslücke jedoch nicht ausschließt, grundsätzlich analogiefähig. Im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der genannten Bestimmungen und die verfassungsrechtlichen Vorgaben ist aber hiebei ein strenger Maßstab anzulegen (zum Ganzen Lässig, WK-StPO Vorbem zu §§ 43–47 Rz 5). Eine durch Analogie zu schließende Lücke ist bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation nicht auszumachen. Bleibt der Vollständigkeit halber anzumerken, das vorliegend auch keine Fragen zu beantworten sind, die jenen ähneln, mit denen die Richter in der selben Sache bereits befasst waren (vgl 12 Ns 67/15x; Lässig , WK‑StPO § 43 Rz 31a).

Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger und Mag. Fürnkranz und Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl sind von der Entscheidung über den vorliegenden Fristsetzungsantrag daher nicht ausgeschlossen.

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