OGH 4Ob2/19a

OGH4Ob2/19a29.1.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.‑Prof. Dr. Brenn, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R* K*, vertreten durch Dr. Anton Schäfer, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagten Parteien 1) P* H*, und 2) T* H*, ebendort, beide vertreten durch Dr. Gebhard Heinzle und Mag. Astrid Nagel, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen Räumung und Zwischenantrag auf Feststellung, über die außerordentliche Revision der erstbeklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 12. November 2018, GZ 1 R 263/18m‑17, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E124384

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Klägerin begehrte von den Beklagten die Räumung des in ihrem Eigentum stehenden Wohnhauses in Bregenz. Nach dem Tod der Mutter der Klägerin sei die Erstbeklagte (Tochter der Klägerin) in die Wohnung W 1 im Erdgeschoß des Hauses gezogen. Der Benützung der Wohnung liege ein familienrechtliches Wohnverhältnis zugrunde. Die Beklagten hätten lediglich eine Betriebskostenpauschale an die Klägerin gezahlt, die zuletzt von 200 EUR auf 300 EUR monatlich angehoben worden sei. Der Aufforderung, die Wohnung bis zum 31. 10. 2017 an die Klägerin zu übergeben, sei die Erstbeklagte nicht nachgekommen. Der Zweitbeklagte (Enkel der Klägerin) habe kein Wohnbedürfnis an der Wohnung.

Die Beklagten entgegneten, dass die Erstbeklagte zahlreiche Investitionen in der Wohnung vorgenommen und zusätzlich 150 EUR monatlich an die Klägerin gezahlt habe. Ab 1. 3. 2015 sei die Miete auf 200 EUR und ab 1. 8. 2015 auf 300 EUR monatlich angehoben worden. Für eine Wohnung in der Größe von 78,6 m² im Zustand vor der Renovierung sei in Bregenz kein höherer Mietzins als 600 EUR monatlich erzielbar gewesen. Dem Zweitbeklagten mangle es an der Passivlegitimation, weil er sein Recht, die Wohnung zu benützen, ausschließlich von der Erstbeklagten ableite. Zudem stellten die Beklagten einen Zwischenantrag auf Feststellung, dass zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten betreffend die in Rede stehende Wohnung W 1 ein unbefristetes Mietverhältnis zu einem monatlichen Mietzins von 300 EUR bestehe.

Das Berufungsgericht gab dem Zwischenantrag teilweise statt und stellte fest, dass zwischen der Klägerin als Wohnungseigentümerin der Wohnung W 1 und der Erstbeklagten betreffend diese Wohnung ein Mietverhältnis besteht. In diesem Umfang sei der Zwischenantrag präjudiziell und auch berechtigt. Im Übrigen, nämlich hinsichtlich des Räumungsbegehrens, hob es das Urteil des Erstgerichts auf und wies die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurück.

In der außerordentlichen Revision, die sich gegen die nur teilweise Stattgebung des Zwischenantrags auf Feststellung richtet, vertritt die Erstbeklagte den Standpunkt, dass bei Vorliegen eines präjudiziellen Rechtsverhältnisses – nach Belieben des Antragstellers – auch ein bestimmter oder der gesamte Inhalt des Rechtsverhältnisses festgestellt werden könne, auch wenn einzelne Rechte oder Pflichten für die Entscheidung in der Hauptsache nicht präjudiziell seien.

Rechtliche Beurteilung

Damit zeigt die Erstbeklagte keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1. Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass mehrere (beklagte) Mitmieter im Aufkündigungs- oder Räumungsprozess über das gemeinsam begründete Bestandverhältnis grundsätzlich eine einheitliche Streitpartei bilden (RIS‑Justiz RS0129475). Dies gilt auch im Räumungsprozess wegen titelloser Benützung, wenn eine der beklagten Parteien ihr Benützungsrecht von der anderen beklagten Partei ableitet (vgl RIS‑Justiz RS0035542). Bei einer einheitlichen Streitpartei wirken die Prozesshandlungen eines der Streitgenossen (hier die Erhebung der außerordentlichen Revision durch die Erstbeklagte) auch für die anderen Streitgenossen.

2.1 Die Zulässigkeit eines Zwischenantrags auf Feststellung (hier nach §§ 236 iVm 259 Abs 2 ZPO) setzt – neben dem Vorliegen der allgemeinen Prozessvoraussetzungen – nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass ein strittiges Recht oder Rechtsverhältnis für die Entscheidung in der Hauptsache präjudiziell ist und die Wirkung der begehrten Feststellung über den konkreten Rechtsstreit hinausreicht (RIS‑Justiz RS0039600). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (RIS‑Justiz RS0039444). Fehlt auch nur eine von ihnen, so ist der Zwischenantrag mit Beschluss als unzulässig zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0039709).

Nach diesen Grundsätzen muss sich der Zwischenantrag auf Feststellung auf ein im Verfahren strittiges Rechtsverhältnis oder Recht beziehen, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung über den Antrag ganz oder zum Teil abhängt, sofern die Wirkungen einer solchen Feststellungsentscheidung über jene der Entscheidung über den Hauptantrag hinausgehen.

2.2 Aus der von der Erstbeklagten in der außerordentlichen Revision zitierten Entscheidung MietSlg 46.652 kann ebenfalls nur abgeleitet werden, dass „bestimmte umstrittene Rechte oder Pflichten (zB die Instandhaltungspflicht des Mieters)“ feststellungsfähig sind. Sind konkrete Rechte oder Pflichten (zB der Mietzins) strittig, so kann daher nicht nur der Bestand des Mietverhältnisses an sich, sondern auch der konkret umstrittene Inhalt des Mietvertrags festgestellt werden.

2.3 Die in der außerordentlichen Revision thematisierte Höhe der monatlichen Zahlungen der Erstbeklagten an die Klägerin war und ist im Verfahren in tatsächlicher Hinsicht nicht strittig. Auch auf die Geringfügigkeit des von der Erstbeklagten monatlich zu zahlenden Entgelts hat sich die Klägerin nicht berufen. Gleichermaßen ist auch die Frage der Befristung des Mietverhältnisses nicht Gegenstand des Verfahrens. Diese beiden Elemente des Mietverhältnisses sind daher nicht präjudiziell.

3. Mangels erheblicher Rechtsfrage war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

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