OGH 3Ob245/18b

OGH3Ob245/18b23.1.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei „O*“ * Gesellschaft mbH, *, vertreten durch Grohs Hofer Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, gegen die beklagte Partei S* K*, vertreten durch KS KIECHL SCHAFFER Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 30. Oktober 2018, GZ 38 R 170/18h‑13, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E124201

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Der Beklagte ist nach Ableben seines Vaters und bisherigen Mieters am 1. Dezember 2014 in den Mietvertrag mit der Klägerin eingetreten. Die von der Klägerin gegen die Verlassenschaft nach dem Vater erhobene Aufkündigung wurde rechtskräftig als rechtsunwirksam aufgehoben (vgl die den Parteien im Dezember 2017 zugestellte Entscheidung 6 Ob 197/17i). Auch die auf titellose Benützung gestützte Räumungsklage der Klägerin gegen den Beklagten blieb erfolglos (1 Ob 220/17k).

Die Klägerin teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 19. Jänner 2018 eine Anhebung des Hauptmietzinses nach § 46 Abs 2 MRG rückwirkend mit 1. Jänner 2015 mit und forderte von ihm für den Zeitraum Jänner 2015 bis Jänner 2018 einen Nachzahlungsbetrag von 10.053,99 EUR. Am 26. Jänner 2018 bezahlte der Beklagte (unter Vorbehalt der späteren Rückforderung) diesen Betrag abzüglich der von ihm als verjährt betrachteten Forderung für Jänner 2015.

In ihrer auf § 1118 ABGB gestützten Räumungsklage brachte die Klägerin vor, dass die für Jänner 2015 wegen § 46 Abs 2 MRG geforderte Mietzinsdifferenz von 268,94 EUR trotz Mahnung und Fristsetzung vom 25. Jänner 2018 nach wie vor nicht beglichen worden sei. Sie habe daher mit Schreiben vom 6. Februar 2018 die Auflösung des Mietvertrags erklärt. Die Forderung für Jänner 2015 sei entgegen der Rechtsansicht des Beklagten noch nicht verjährt. Die Mieterstellung des Beklagten sei erst durch die Entscheidung(en) des Obersten Gerichtshofs rechtskräftig festgestellt worden. Eine frühere Geltendmachung der Anhebung sei ihr daher nicht möglich gewesen.

Die Vorinstanzen wiesen die Klage mangels Rückstands ab. Nach Ansicht des Erstgerichts verjährte die auf § 46 Abs 2 MRG gestützte rückwirkende Forderung des angehobenen Mietzinses in drei Jahren, wobei die Verjährungsfrist mit Fälligkeit zu laufen begonnen habe. Zum Zeitpunkt der Vorschreibung des Nachforderungsbetrags (Mitte Jänner 2018) sei die Verjährungsfrist für die Nachforderung für den Monat Jänner 2015 bereits abgelaufen gewesen. Das Berufungsgericht schloss sich dieser Rechtsbeurteilung an. Die Frist werde nicht dadurch gehemmt, dass sich der Vermieter dem ex lege erfolgten Eintritt des Berechtigten in den Mietvertrag widersetzte. Die daraus resultierende Zeitverzögerung gehe zu Lasten des Vermieters.

In ihrer dagegen erhobenen außerordentlichen Revision hält die Klägerin ausschließlich daran fest, dass die dreijährige Verjährungsfrist erst mit der Zustellung der Entscheidung 6 Ob 197/17i zu laufen begonnen habe, weil ihr eine frühere Geltendmachung der Mietzinsanhebung nicht möglich gewesen sei. Damit zeigt die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Weiterführung des Mietverhältnisses durch den Eintrittsberechtigten nach dem Tod des Mieters begründet grundsätzlich den Erhöhungstatbestand nach § 46 Abs 2 MRG (1 Ob 129/14y). Der Vermieter kann die Erhöhung des Hauptmietzinses (nur) innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1486 Z 4 ABGB rückwirkend geltend machen (RIS-Justiz RS0048293).

2. Der Beginn der Verjährung ist regelmäßig von der objektiven Möglichkeit der Geltendmachung des Rechts abhängig. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Rechtsausübung kein rechtliches Hindernis – zB mangelnde Fälligkeit – mehr entgegensteht und objektiv die Möglichkeit bestand, den Anspruch einzuklagen (RIS-Justiz RS0034343).

3. Soweit das Gesetz – anders als etwa in § 1489 ABGB für Schadenersatzansprüche – keine Ausnahmen macht, hat die Kenntnis des Berechtigten vom Bestehen des Anspruchs oder der Person des Verpflichteten keinen Einfluss auf den Verjährungsbeginn (RIS-Justiz RS0034248 [T7, T9]; vgl auch RS0034302 [T9, T12]). Subjektive Gründe, wieso eine Gläubigerin trotz des Eintritts der Voraussetzungen für eine Leistungserhöhung letztere nicht geltend macht, sind für den Beginn der Verjährung grundsätzlich irrelevant (vgl 2 Ob 74/07g).

4.1 Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, wonach die von der Klägerin gegen die Verlassenschaft bzw gegen den Beklagten eingeleiteten Aufkündigungs- bzw Räumungsverfahren auf den Beginn und Ablauf der Verjährungsfrist keinen Einfluss hatten, hält sich im Rahmen der referierten Rechtsprechung und wirft keine erhebliche Rechtsfrage auf.

4.2 Der Beklagte trat bereits zum Zeitpunkt des Todes seines Vaters (RIS-Justiz RS0012202 [T7]; RS0069744; vgl auch RS0069694 und RS0018068) in den Vertrag ein. Der Anhebungsanspruch nach § 46 Abs 2 MRG entstand schon durch den Eintritt in den Mietvertrag (RIS‑Justiz RS0048293 [T1]). Die objektive Möglichkeit der Klägerin, den Mietzins nach § 46 Abs 2 MRG ab dem auf den Eintritt folgenden Zinstermin (Jänner 2015) zu erhöhen, war nicht von der Zustellung der (die außerordentliche Revision der Klägerin zurückweisenden) Entscheidung 6 Ob 197/17i abhängig. Ein rechtliches Hindernis für die Geltendmachung der Erhöhung lag nicht vor.

5. Auch der Hinweis auf 4 Ob 201/07y kann die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht stützen. Diese Entscheidung betraf die Verjährung des auf § 1042 ABGB gestützten Bereicherungsanspruchs eines Scheinvaters gegen den wahren Vater. Demnach besteht (erst) mit Rechtskraft des Urteils, mit dem festgestellt wird, dass das Kind nicht vom Scheinvater abstammt, kein rechtliches Hindernis mehr, das einer Unterhaltsklage gegen den leiblichen Vater und damit dem Beginn der Verjährung der Unterhaltsansprüche entgegensteht. Dieser Entscheidung lag zugrunde, dass ein inter omnes wirkendes Vaterschaftsanerkenntnis des Scheinvaters vorlag, und das dadurch begründete Statusverhältnis bis zur Beseitigung des Anerkenntnisses auf dem nach dem Gesetz vorgesehenen Weg aufrecht blieb. Diese Entscheidung ist mit dem hier vorliegenden Fall nicht vergleichbar, weil die rechtliche Stellung des Beklagten als Eintrittsberechtigter gerade nicht von der Rechtskraft eines Gestaltungsurteils abhing.

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