OGH 5Ob227/18w

OGH5Ob227/18w17.1.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers M*, vertreten durch Mag. Renate Schmoll, Mieterschutzverband‑Österreichs, *, gegen die Antragsgegnerin W*, vertreten durch Mag. Nicole Neugebauer‑Herl, Rechtsanwältin in Wien, wegen § 16 MRG iVm § 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 19. September 2018, GZ 38 R 78/18d-19, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E124337

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

Zwischen den Parteien ist strittig, ob die Antragsgegnerin gemäß § 16 Abs 1 Z 3 MRG berechtigt ist, dem Antragsteller für die von ihm am 27. Juni 2013 gemietete Wohnung Top 4 einen angemessenen Hauptmietzins zu verrechnen.

Das Erstgericht stellte mit Zwischensachbeschluss fest, dass die Mietzinsbildung für das Mietverhältnis über diese Wohnung nach dem Richtwertgesetz gemäß § 16 Abs 2 MRG zu erfolgen habe.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1.1. § 16 Abs 1 Z 3 MRG erklärt Vereinbarungen zwischen dem Vermieter und dem Mieter über die Höhe des Hauptmietzinses ohne die Beschränkungen des § 16 Abs 25 MRG bis zu dem für den Mietgegenstand im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs‑ und Erhaltungszustand angemessenen Betrag dann für zulässig, wenn der Mietgegenstand in einem Gebäude gelegen ist, an dessen Erhaltung aus Gründen des Denkmalschutzes öffentliches Interesse besteht, sofern der Vermieter unbeschadet der Gewährung öffentlicher Mittel zu dessen Erhaltung nach dem 8. Mai 1945 erhebliche Eigenmittel aufgewendet hat. Dass an der Erhaltung des im Eigentum der Antragsgegnerin, eines gesetzlich anerkannten Ordens, stehenden Hauses öffentliches Interesse aus Gründen des Denkmalschutzes besteht, ist im Verfahren nicht strittig.

1.2. Zur Tatbestandsvoraussetzung der Aufwendung erheblicher Eigenmittel liegt bereits eine Reihe von Entscheidungen des Fachsenats vor. Demnach kann der Begriff „Eigenmittel“ in § 16 Abs 1 Z 3 MRG nur den gegenüber dem Begriff „Mittel“ in § 16 Abs 1 Z 5 und 6 MRG (aF) engeren Begriff der Mittel bedeuten, die dem Vermieter als nicht nach § 3 Abs 3 erster Satz, § 20 MRG oder § 6 Abs 1 MG verrechnungspflichtig frei zur Verfügung stehen (RIS‑Justiz RS0068797). Nach ständiger Judikatur ist bei der Beurteilung der Frage, ob der Vermieter erhebliche Eigenmittel im Sinn des § 16 Abs 1 Z 3 MRG aufgewendet hat, von der Sach‑ und Rechtslage im Zeitpunkt der Aufwendung auszugehen. Im Gegensatz zu § 18 MRG sind zukünftige Mietzinseinnahmen nicht zu berücksichtigen. Zu beachten ist auch, ob der Vermieter einmal (rechtmäßig) aufgewendete derartige Eigenmittel in der Folge (noch vor Abschluss der Mietzinsvereinbarung, deren Zulässigkeit gemäß § 16 Abs 1 Z 3 MRG zu untersuchen ist) nicht etwa (rechtmäßig) als Ausgaben in die Mietzinsabrechnung eingesetzt hat (RIS‑Justiz RS0069740). Die Behauptungs‑ und Beweislast für das Vorliegen des Ausnahmetatbestands des § 16 Abs 1 Z 3 MRG in all seinen Facetten trifft den Vermieter (RIS‑Justiz RS0111657). Um die Qualität der aufgewendeten Mittel als „Eigenmittel“ beurteilen zu können, muss über den jeweils maßgeblichen Verrechnungszeitraum für Mietzinsreserven eine vollständige Abrechnung im Sinn des § 20 Abs 1 MRG gelegt und die Kosten dürfen auch nicht nachträglich als Mietzinspassivum verrechnet werden (5 Ob 119/98f mwN). Die Auffassung der Vorinstanzen, die Antragsgegnerin habe hier die Aufwendung erheblicher Eigenmittel und damit den Ausnahmetatbestand des § 16 Abs 1 Z 3 MRG nicht ausreichend nachgewiesen, hält sich im Rahmen dieser Rechtsprechung und ist daher nicht korrekturbedürftig.

2.1. Nach den Feststellungen zahlte die Antragsgegnerin 2006 insgesamt 245.200 EUR aus Rücklagen bzw Kauferlösen anderer Liegenschaften auf das Hauskonto ein. Die von ihr geltend gemachten Erhaltungsarbeiten wurden in den Jahren 2006, 2007 und 2008 verrechnet und von ihr bezahlt. Hauptmietzinsabrechnungen hat die Antragsgegnerin allerdings (./7) nur für die Jahre 2003 bis 2016 vorgelegt, dies ungeachtet des ausdrücklichen Hinweises des Antragstellers auf die Beweispflicht der Antragsgegnerin durch Vorlage der Hauptmietzinsabrechnungen für die letzten zehn Jahre. Tatsächlich erfordert der Belohnungstatbestand des § 16 Abs 1 Z 3 MRG aber nicht nur den Einsatz erheblicher Mittel zur Erhaltung des denkmalgeschützten Gebäudes, sondern auch den Nachweis, dass es sich tatsächlich um Eigenmittel handelte, der Erhaltungsaufwand des Hauses daher nicht aus Mietzinseinnahmen und der Hauptmietzinsreserve gedeckt gewesen wäre. Aus diesem Grund schadet die Ausweisung der Eigenmittel bzw der mit Eigenmittel finanzierten Arbeiten als Ausgaben in der Mietzinsabrechnung, zumal sich dadurch die Hauptmietzinsreserve – als eine auch für die Entscheidung über das Vorliegen des Ausnahmetatbestands nach § 16 Abs 1 Z 3 MRG relevante Rechnungsgröße – vermindert. Demgemäß subsumierte 5 Ob 1022/92 (= wobl 1992/134) unter den Begriff der Eigenmittel im Sinn des § 16 Abs 1 Z 3 MRG nur solche Geldmittel, die nicht aus verrechnungspflichtigen Mietzinseinnahmen stammen, während im Weg einer Erhöhung der Hauptmietzinse finanzierte oder vorfinanzierte Erhaltungsarbeiten den Belohnungstatbestand des § 16 Abs 1 Z 3 MRG nicht verwirklichen (vgl RIS‑Justiz RS0069663).

2.2. Es wäre daher Sache der Antragsgegnerin gewesen, durch Vorlage der Hauptmietzinsabrechnungen für die letzten zehn Jahre vor Durchführung der Sanierungsarbeiten sowie Aufstellung sämtlicher Kosten für Erhaltungsarbeiten nachzuweisen, dass sie tatsächlich erhebliche Eigenmittel für die Erhaltung des Hauses aufgewendet hat. Zur Mietzinsreserve vor dem Jahr 2003 liegen aber weder Behauptungen noch Beweisergebnisse vor, Hauptmietzinsabrechnungen für diesen Zeitraum hat die Antragsgegnerin nicht vorgelegt. Schon deshalb haben die Vorinstanzen den Nachweis eines Ausnahmetatbestands nach § 16 Abs 1 Z 3 MRG im Sinn bisheriger Rechtsprechung verneint. Einer Erörterung der im Revisionsrekurs unzutreffend als uneinheitlich bezeichneten Rechtsprechung bedarf es daher nicht.

3. Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Stichworte