European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0110OS00131.18A.1211.000
Spruch:
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch A und demgemäß im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Korneuburg verwiesen.
Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Ihm fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde Augustin O***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG („B/I“ in der Folge: A [vgl den so bezeichneten Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO]) sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall SMG („B/III“ in der Folge: B) schuldig erkannt.
Danach hat er in W*****
(A) „den bestehenden Vorschriften zuwider zur Tat der Raiane A*****, welche Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) das 25‑fache übersteigenden Menge aus Brasilien aus‑ und nach Österreich eingeführt [hat], indem sie am 27. Mai 2018 am Flughafen W***** von Brasilien kommend im Körper versteckt 850,7 Gramm Kokaingemisch mit einem Reinheitsgehalt von 83 % (sohin 707 Gramm Cocain) nach Österreich einführte, insofern beigetragen, als er sich vor der geschilderten Tat bereit erklärte, das nach Österreich eingeführte Suchtgift in W***** zu übernehmen und dadurch die Einfuhr des Suchtgifts nach Österreich logistisch unterstützte;
(B) nicht mehr feststellbaren Abnehmern bis zum 15. Juni 2018 Suchtgift entgeltlich überlassen, indem er Cocain in einer nicht mehr feststellbaren Menge verkaufte“.
Rechtliche Beurteilung
Gegen den Schuldspruch A richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem Urteil im Schuldspruch A nicht geltend gemachte Nichtigkeit (Z 9 lit a) zum Nachteil des Angeklagten anhaftet, die von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).
Beitragstäterschaft im Sinn des § 12 dritter Fall StGB setzt ein Verhalten voraus, das die Ausführung der Tat durch einen anderen ermöglicht, erleichtert, absichert oder in anderer Weise fördert. Der Beitrag muss vor oder während der Ausführung der Tat geleistet werden und für den Tatablauf kausal sein. Er kann in einer psychischen Unterstützung bestehen, worunter auch ein Bestärken im Tatentschluss, etwa durch Zusicherung einer (wenn auch) erst nach Tatausführung zu gewährenden Hilfestellung fällt (RIS‑Justiz RS0090508, RS0090488 [T2]).
Demgemäß begründet bei – hier in Rede stehender – Aus‑ und Einfuhr von Suchtgift die (mit entsprechendem Vorsatz) erklärte Zusage an den unmittelbaren Täter (im Falle – hier allerdings nicht angenommener [vgl US 5] – Tatbegehung im Rahmen einer kriminellen Vereinigung auch mittelbar über die Organisation des Suchtgiftschmugglers), das eingeführte Suchtgift im Inland zu übernehmen, (nur dann) psychische Beitragstäterschaft nach § 12 dritter Fall StGB, wenn sie vor oder während der Tatausführung erfolgt und zwischen ihr und der Verwirklichung des Tatbildes ein ursächlicher Zusammenhang im aufgezeigten Sinn besteht (RIS‑Justiz RS0087917; Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz 87 ff, 94 [zum Erfordernis einer strengen Kausalitätsprüfung bei psychischem Tatbeitrag: Rz 90] – vgl zum Ganzen jüngst 14 Os 106/18x).
Nach den insoweit wesentlichen Feststellungen (US 4 f) reiste die unmittelbare Täterin A***** am 27. Mai 2018 „von Brasilien kommend am Flughafen W***** nach Österreich ein und hatte dabei 850,7 Gramm Kokaingemisch mit einem Reinheitsgehalt von 83 %, sohin 707 Gramm reines Cocain-HCL, ohne hiezu berechtigt zu sein und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung nach Österreich in ihrem Körper verborgen eingeführt. Von ihrem Auftraggeber hatte A***** bei der Abreise vier österreichische Mobiltelefonnummern ausgehändigt erhalten mit dem Auftrag, bei ihrer Ankunft in Österreich eine dieser vier Nummern anzurufen um sich mit dem Abholer des Suchtgifts anschließend zu treffen und das Kokain in W***** zu übergeben.
Darunter war auch die eindeutig dem Angeklagten Augustin O***** zuordenbare Rufnummer [...], weil er sich schon zuvor gegenüber bislang unbekannten Mittätern bereit erklärte, das geschmuggelte Kokain in übergroßer Menge zu übernehmen um es sodann in Verkehr zu setzen“.
Inwiefern dieses konstatierte Verhalten des Angeklagten die unmittelbare Täterin A***** in ihrem Tatentschluss bestärkt oder deren Suchtgift-Schmuggel sonst in irgend einer Weise gefördert haben soll, lässt sich dem Urteilssachverhalt nicht entnehmen. Dass dadurch allfällige (in der Veranlassung der A***** zum Suchtgifttransport oder der Übergabe des Kokains an diese bestehende) Bestimmungs- oder Beitragshandlungen der „unbekannten Mittäter“ im Sinn des § 12 dritter Fall StGB gefördert worden wären (vgl Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz 96), geht daraus ebenso wenig hervor, weil offen bleibt, ob die inkriminierte Zusage vor oder nach deren relevanten Tathandlungen erfolgte und ob der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen Zusage und Tatausführung gegeben war.
Da aufgrund des aufgezeigten Rechtsfehlers mangels Feststellungen eine Aufhebung des Schuldspruchs A bei der nichtöffentlichen Beratung unvermeidlich ist (§ 285e StPO), erübrigt sich ein Eingehen auf das Beschwerdevorbringen. Bleibt – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – anzumerken, dass den Feststellungen (vgl US 4 f) ein Vorsatz des Angeklagten, zur Ein- und Ausfuhr von Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfachen der Grenzmenge übersteigenden Menge von Brasilien nach Österreich durch A***** beizutragen (vgl Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz 101), ebenso wenig zu entnehmen ist.
Entgegen der auf RIS‑Justiz RS0119278 bezogenen Stellungnahme der Generalprokuratur erfordert dies nicht auch die Kassation des Schuldspruchs B (vgl § 289 StPO), weil diversionelles Vorgehen nach § 35 Abs 1 (iVm § 37) SMG nicht in Betracht kommt, wenn durch die Tat – wie hier – nur Abs 1 und nicht auch Abs 2 des § 27 SMG verwirklicht wurde (RIS‑Justiz RS0131952, 11 Os 21/18z). Ein Vorgehen nach § 35 Abs 2 (iVm § 37) SMG scheidet fallbezogen schon mangels Vorliegens der Voraussetzungen der Z 3 leg cit zufolge einer Verurteilung des Angeklagten wegen Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall SMG, 15 StGB im Jahr 2014 (vgl US 3) aus.
Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und seiner Berufung war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO (Lendl, WK‑StPO § 390a Rz 7).
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