European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00100.18G.1010.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Sartip A***** jeweils mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I) und des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (II) sowie mehrerer Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (III) schuldig erkannt.
Danach hat er zwischen Anfang 2015 und September 2017 in W***** wiederholt
(I) mit einer unmündigen Person dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen, indem er die am 14. Dezember 2009 geborene Adevija R***** mit den Fingern vaginal penetrierte sowie Oralverkehr durch die Unmündige an sich vornehmen ließ,
(II) außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen an einer unmündigen Person vorgenommen und von dieser an sich vornehmen lassen, indem er die am 14. Dezember 2009 geborene Adevija R***** an der Scheide streichelte und sie zur Durchführung eines Handverkehrs veranlasste, weiters
(III) durch die zu I und II angeführten Taten mit der am 14. Dezember 2009 geborenen Adevija R***** unter Ausnützung seiner Stellung als Aufsichtsperson geschlechtliche Handlungen vorgenommen und von ihr an sich vornehmen lassen (US 5).
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Soweit die Rüge (nominell Z 5) einwendet, dass die Feststellungen „unvollständig“ seien, macht sie der Sache nach einen Rechtsfehler mangels Feststellungen im Sinn der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO geltend. Weshalb der im Urteil festgestellte Sachverhalt (US 4 und 5) zur Subsumtion unter die im Schuldspruch genannten Verbrechen und Vergehen nicht genügen sollte, leitet die Rüge ebenso wenig aus dem Gesetz ab wie die Behauptung, dass es dazu weiterer Konstatierungen bedurft hätte. Solcherart verfehlt sie die prozessförmige Darstellung materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0116565 und RS0116569).
Indem sich die Mängelrüge (Z 5) gegen die Feststellungen zu einem konkreten Vorfall wendet, bei dem der Angeklagte nach den Urteilskonstatierungen seinen Penis in die Hand der Unmündigen gelegt hat (US 4), spricht sie – mit Blick auf den Schuldspruch wegen einer
unbestimmten Zahl von Verbrechen nach § 207 Abs 1 StGB (I) – keine entscheidende Tatsache an (vgl dazu RIS-Justiz RS0116736).
Gleiches gilt für die Kritik an der im Urteil erwähnten Möglichkeit des Angeklagten von seinem Mobiltelefon einen Pornofilm zu löschen. Vom damit im Zusammenhang stehenden Anklagevorwurf wurde der Angeklagte nämlich freigesprochen (US 3 f). Im Rahmen der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Angaben der Belastungszeugin wurde der Umstand, dass beim Angeklagten kein Pornofilm sichergestellt werden konnte, sehr wohl mitberücksichtigt (US 9).
Das Erstgericht leitete die für den Schuldspruch jeweils maßgeblichen Feststellungen aus den für glaubwürdig befundenen Angaben der Zeugin Adevija R***** ab (US 5). Diese Ableitung ist unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden.
Der Vorwurf offenbar unzureichender Begründung der Feststellungen (der Sache nach ebenfalls Z 5 vierter Fall) lässt die dargelegten Entscheidungsgründe unberücksichtigt. Solcherart ist die Mängelrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt (RIS-Justiz RS0119370).
Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) anhand eigener Beweiswerterwägungen aus den Verfahrensergebnissen für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse abzuleiten trachtet, wendet sie sich nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung (§ 283 Abs 1 StPO) in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).
Aus Z 5a (nicht unter dem Aspekt unzureichender Sachverhaltsaufklärung) erhobene Einwände, die nicht auf in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse (§ 258 Abs 1 StPO) gegründet werden, entziehen sich bereits im Ansatz einer meritorischen Erwiderung (RIS‑Justiz RS0117516, RS0117749 und RS0119310).
Meinungen von Zeugen sind kein Gegenstand des Zeugenbeweises ( Kirchbacher in WK 2 StGB § 154 Rz 7 f).
Mit den Hinweisen auf die Verfahrensergebnisse in Bezug auf die Vorbereitung der Anzeigeerstattung und auf– im Übringen nicht in der Gesamtheit betrachtete – Angaben der Adevija R***** gelingt es der Rüge nicht, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken.
Mit der Kritik am (zur Aussagefähigkeit und Aussagetüchtigkeit eingeholten) Gutachten, das von den Tatrichtern neben vielen anderen Aspekten in die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Aussage der Adevija R***** miteinbezogen wurde (US 6), lässt die Tatsachenrüge keinen Bezug zu den Kriterien der Nichtigkeitsgründe erkennen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).
Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO sei hinzugefügt, dass die Wertung der fehlenden Schuldeinsicht des Angeklagten als eine für die Strafbemessung entscheidende Tatsache (US 11) eine im Sinn des § 281 Abs 1 Z 11 StPO unrichtige Gesetzesanwendung darstellt (RIS‑Justiz RS0090897). Diesem von der Nichtigkeitsbeschwerde nicht aufgegriffenen Umstand wird das Oberlandesgericht bei der Entscheidung über die Berufung Rechnung zu tragen haben (RIS‑Justiz RS0122140).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)