OGH 14Os90/18v

OGH14Os90/18v9.10.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Oktober 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Holzer als Schriftführerin in der Auslieferungssache des Alexandr G*****, AZ 313 HR 24/15z des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über den Antrag der betroffenen Person auf Erneuerung des Verfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0140OS00090.18V.1009.000

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

 

Gründe:

Mit Beschluss vom 13. Jänner 2017, GZ 313 HR 24/15z‑35, erklärte der Einzelrichter des Landesgerichts für Strafsachen Wien die von der Russischen Föderation mit Note der Generalstaatsanwaltschaft vom 26. November 2014 (ON 2) begehrte nachträgliche Auslieferung (Art 14 Abs 1 lit a Europäisches Auslieferungsübreinkommen) des – bereits am 11. Dezember 2013 an die Russische Föderation ausgelieferten (vgl 14 Os 52/15a) – russischen Staatsangehörigen Alexandr G***** zur Strafverfolgung wegen einiger im Auslieferungsersuchen samt ergänzenden Unterlagen näher beschriebener Vorwürfe für (nicht un-)zulässig. Der dagegen gerichteten Beschwerde der betroffenen Person (ON 39) gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 5. Mai 2017, AZ 22 Bs 37/17b (ON 49), nicht Folge. Den Antrag des Ausgelieferten auf Erneuerung des Verfahrens vom 8. Juni 2017 wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 5. September 2017, AZ 14 Os 53/17a, zurück.

Am 13. Juni 2017 begehrte G***** die Wiederaufnahme des nachträglichen Auslieferungsverfahrens (ON 51). Diesen Antrag wies der Einzelrichter des Landesgerichts für Strafsachen Wien – nach Durchführung von Erhebungen – mit Beschluss vom 7. Dezember 2017 ab (ON 65). Der gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde der betroffenen Person (ON 66) gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 3. Juli 2018, AZ 19 Bs 19/18k (ON 71) nicht Folge.

Dagegen richtet sich der am 2. August 2018 beim Obersten Gerichtshof eingebrachte, auf die Behauptung einer Verletzung der Art 2, 3 und 6 MRK gestützte Antrag des Ausgelieferten auf Verfahrenserneuerung gemäß § 363a StPO.

Rechtliche Beurteilung

Für einen Erneuerungsantrag, der sich nicht auf ein Urteil des EGMR stützt, gelten die gegenüber diesem normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen (Art 34 und 35 MRK) sinngemäß (RIS-Justiz RS0122737, RS0128394).

Nach Art 35 Abs 2 lit b erster Fall MRK befasst sich der Gerichtshof nicht mit einer Beschwerde, die im Wesentlichen mit einer von ihm bereits geprüften Beschwerde übereinstimmt und keine neuen Tatsachen enthält (vgl RIS‑Justiz RS0122737 [insb T11, T37 und T42], RS0127430; Reindl‑Krauskopf, WK‑StPO § 363a Rz 36; Grabenwarter/Pabel , EMRK 6 § 13 Rz 47).

Soweit der Erneuerungswerber zu den von ihm behaupteten Verletzungen der Art 2 und 3 MRK lediglich sein vom Obersten Gerichtshof bereits zu 14 Os 53/17a geprüftes Vorbringen (überwiegend sogar wörtlich) wiederholt, steht einer nochmaligen Anrufung des Höchstgerichts (ohne vorangegangenes Urteil des EGMR) die zuvor genannte Zulässigkeitsbeschränkung entgegen.

Die reklamierte Verletzung des Art 3 MRK (vgl dazu Grabenwarter/Pabel, EMRK6 § 20 Rz 40 ff) durch Verweigerung der Ausstellung eines Reisepasses bleibt wiederum ohne Bezug zum als verletzt erachteten Grundrecht (RIS-Justiz RS0128393).

Zur angeblichen Verletzung des Art 6 MRK verkennt der (sich teils in Wiederholungen des zu 14 Os 53/17a erstatteten Vorbringens erschöpfende) Erneuerungsantrag den nicht in der Prüfung der Zulässigkeit der (nachträglichen) Auslieferung, sondern in der Frage des Vorliegens von Gründen für eine Wiederaufnahme des Auslieferungsverfahrens nach § 39 ARHG bestehenden Gegenstand der angefochtenen Entscheidung.

Verfahren über außerordentliche Rechtsbehelfe, die lediglich auf die Wiederaufnahme rechtskräftig abgeschlossener Verfahren gerichtet und ihrer Natur sowie Reichweite nach nicht als gewöhnliche Rechtsmittel anzusehen sind, fallen nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte als auch des Obersten Gerichtshofs grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des Art 6 MRK. Denn sie haben – anders als ein wiederaufgenommenes Verfahren, in dem der Fall (hier: im Umfang einer im ersuchenden Staat drohenden offenkundigen Verweigerung eines fairen Verfahrens, in dem über die Stichhaltigkeit einer strafrechtlichen Anklage entschieden wird [vgl RIS-Justiz RS0123200 {T3}]) neuerlich geprüft wird – gerade keine strafrechtliche Anklage zum Gegenstand (RIS-Justiz RS0105689, RS0120762, RS0131773).

Der Erneuerungsantrag war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 363b Abs 2 StPO).

Stichworte