OGH 14Os75/18p

OGH14Os75/18p11.7.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Juli 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Gschiel, LL.M., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian F***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 12, 15 StGB, AZ 34 Hv 122/15m des Landesgerichts Leoben, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 12. Juni 2018, AZ 8 Bs 197/18h (ON 218 des Hv‑Aktes), nach Einsichtnahme der Generalprokuratur in die Akten in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0140OS00075.18P.0711.000

 

Spruch:

Christian F***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Gründe:

Christian F***** wurde mit (nicht rechtskräftigem) Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 2. Mai 2018, GZ 34 Hv 122/15m-176a, des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, § 15, „§ 12 erste und zweite Alternative“ (vgl aber Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz 112) StGB schuldig erkannt.

Danach hat er mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz am 5. Juni 2012 in K***** Daniela M***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorgabe, den bloß zum Schein aufgesetzten Notariatsakt vom 5. Juni 2012, Geschäftszahl 1532, nie zu exekutieren, zu einer Handlung verleitet, nämlich zum Abschluss dieses Notariatsakts, mit welchem sich Daniela M***** zur Rückzahlung eines vorgeblich aufgenommenen Darlehens in der Höhe von 500.000 Euro an das dem Angeklagten nahestehende Unternehmen S***** AG verpflichtete, und vor dem 22. August 2012 in S***** den vorsatzlos handelnden Rechtsanwalt Dr. Roman Mo***** dazu bestimmt den im Verfahren AZ ***** des Bezirksgerichts Bruck an der Mur erkennenden Richter, Mag. Christian H*****, durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die Vorgabe, die S***** AG habe gegenüber Daniela M***** aufgrund eines Darlehensvertrags eine Forderung in Höhe von 500.000 Euro, sowie darüber, dass es sich beim genannten Notariatsakt um einen nach dem Willen der Parteien exekutierbaren Titel handle, zu einer Handlung, nämlich zur beschlussmäßigen Bewilligung der Fahrnis- und Forderungsexekution gegenüber Daniela M***** und zur Zwangsverwaltung der Liegenschaft *****, zu verleiten, wodurch Daniela M***** in einem 300.000 Euro übersteigenden Betrag in Höhe von 500.000 Euro am Vermögen teils geschädigt wurde, teils geschädigt werden sollte.

Mit Beschluss vom 30. Mai 2018 (ON 208) setzte das Landesgericht Leoben die über den Angeklagten verhängte Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr (§ 173 Abs 2 Z 1, Z 3 lit a, b und c StPO) fort.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Oberlandesgericht Graz mit dem angefochtenen Beschluss nicht Folge und ordnete die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus den genannten Haftgründen an.

Dabei ging das Beschwerdegericht im Hinblick auf den erstgerichtlichen Schuldspruch von einem dringenden Tatverdacht aus und qualifizierte den Sachverhalt auch in rechtlicher Hinsicht in gleicher Weise wie das Schöffengericht.

Die gegen diesen Beschluss ergriffene Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten versagt.

Eine unrichtige Beurteilung eines Haftgrundes liegt nur dann vor, wenn die Prognose willkürlich getroffen wurde, also unvertretbar war (RIS-Justiz RS0117806; Hinterhofer/Oshidari, Strafverfahren Rz 11.98). Derartige Umstände zeigt der Rechtsbehelf mit dem Hinweis, dass das Oberlandesgericht das im vorliegenden Verfahren abgelegte „Tatsachengeständnis“ und den Umstand, dass die Tat beim Versuch geblieben sei, nicht ins Kalkül gezogen habe, schon deshalb nicht auf, weil das Unterbleiben der Berücksichtigung von weiteren aus der Sicht des Beschwerdeführers erörterungsbedürftigen Umständen nicht releviert werden kann (RIS-Justiz RS0120458). Im Übrigen gibt die Beschwerde auch nicht bekannt, aus welchem Grund die genannten Umstände an der konstatierten Gefahr künftiger Tatbegehung im Sinn der § 173 Abs 2 Z 3 lit a, b und c StPO etwas ändern sollten.

Da bereits der – erfolglos bekämpfte – Haftgrund der Tatbegehungsgefahr die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft rechtfertigt, erübrigt sich die Prüfung, ob noch weitere Haftgründe gegeben sind (RIS-Justiz RS0061196). Lediglich der Vollständigkeit halber sei der Beschwerdeführer darauf verwiesen, dass er mit dem Vorbringen zu seiner (Herz-)Erkrankung und einer diesbezüglichen Erwägung des brandenburgischen Oberlandesgerichts aus dem Jahr 2014 die – auf Basis aktueller Informationen über seinen Gesundheitszustand (keine Verengungen der Herzkranzgefäße nach Herzkatheterintervention vom 18. Mai 2018 mit gut erhaltenem Ergebnis; chronische, aber gut therapierbare Erkrankungen) – getroffenen Konstatierungen des Oberlandesgerichts (BS 3) unberücksichtigt lässt. Solcherart verfehlt er aber erneut die Anfechtungsvoraussetzungen einer Grundrechtsbeschwerde (vgl RIS-Justiz RS0106464 [T4]).

Bei der Prüfung der Frage, ob der Haftzweck durch gelindere Mittel erreicht werden kann, hat der Oberste Gerichtshof auf deutlich und bestimmt zu bezeichnende, in der angefochtenen Entscheidung übergangene, indes zu diesem Zeitpunkt bereits aktenmäßig belegte Tatumstände Rücksicht zu nehmen, ohne dass jedoch ein Fehlen der Erörterung solcher Umstände für sich allein bereits eine Grundrechtsverletzung darstellen würde (RIS-Justiz RS0120790 [T26]).

Das Oberlandesgericht hat seine Annahmen zur mangelnden Substituierbarkeit der Haft durch gelindere Mittel logisch und empirisch einwandfrei durch Verweis auf die Intensität der Haftgründe und die – Auslandsreisen nicht entgegen stehende – Erkrankung des Angeklagten begründet (BS 4). Diesen Ausführungen setzt der Beschwerdeführer bloß erneut eigenständige Einschätzungen zu seinem Gesundheitszustand entgegen, ohne insoweit willkürliche Annahmen des Beschwerdegerichts aufzuzeigen.

Christian F***** wurde demnach im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb die Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.

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