OGH 15Os81/18b

OGH15Os81/18b18.6.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Juni 2018 durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinksi als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Gschiel, LL.M., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gheorghe F***** und andere Beschuldigte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und 2, 130 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 erster und zweiter Fall, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 19 HR 26/18z des Landesgerichts für Strafsachen Graz, über die Grundrechtsbeschwerde des Gheorghe F***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Beschwerdegericht vom 24. Mai 2018, AZ 9 Bs 179/18v, 180/18s, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0150OS00081.18B.0618.000

 

Spruch:

Gheorghe F***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Gründe:

In dem gegen Gheorghe F***** und andere Beschuldigte wegen des Verdachts des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und 2, 130 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 erster und zweiter Fall, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen geführten Ermittlungsverfahren wurde die mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 28. April 2018 (ON 247) über Gheorghe F***** verhängte Untersuchungshaft mit Beschluss desselben Gerichts vom 14. Mai 2018 (ON 289) aus den Haftgründen der Verdunkelungs‑ und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 2 und 3 lit a und b StPO fortgesetzt.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Beschwerde (ON 291) gab das Oberlandesgericht Graz mit Beschluss vom 24. Mai 2018, AZ 9 Bs 179/18v, 180/18s, nicht Folge, und setzte die Untersuchungshaft ebenfalls aus den Haftgründen der Verdunkelungs‑ und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 2 und 3 lit a und b StPO fort (ON 327).

Nach den Sachverhaltsannahmen des Beschwerdegerichts ist Gheorghe F***** – soweit hafttragend – dringend verdächtig,

I. in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Diebstählen durch Einbruch eine längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, sowie als Mitglied einer neben ihm zumindest aus Andrei B*****, Stefan‑Sorin N***** (vormals D*****), Gheorghe Di***** und einem weiteren Mitglied bestehenden kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung Nachgenannten fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert durch Einbruch in Gebäude und Aufbrechen von Behältnissen mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, teils weggenommen, teils wegzunehmen versucht zu haben, wobei sie unter Einsatz besonderer Mittel handelten, die eine wiederkehrende Begehung nahe legen (Verwendung einer Spitzhacke sowie von Spanngurten zum Herausreißen der Geldautomaten sowie jeweils unter Verwendung von Fahrzeugen) und beim Faktum 3. bereits zwei solche Taten begangen hatten, und zwar

1. in der Nacht zum 13. April 2017 in T***** Berechtigten des in der E*****filiale aufgestellten, mit 23.510 Euro befüllten Geldausgabeautomaten, indem sie mit einer Spitzhacke die Eingangstüre zum Eingangsbereich aufbrachen, einen Spanngurt, der an einem PKW befestigt war, um den Bankomaten legten und versuchten, den Bankomaten aus der Verankerung zu reißen, wobei es lediglich deswegen beim Versuch blieb, weil der Spanngurt riss,

2. in der Nacht zum 2. Juni 2017 in V***** einen LKW der Marke Fiat Ducato im Wert von ca 11.900 Euro, indem sie den Maschendrahtzaun zum Firmenareal aufschnitten, das automatische Zufahrtstor und das automatische Tor zur Werkstättengarage manipulierten, Schlüsseltresore aufbrachen und mit dem widerrechtlich erlangten Schlüssel das Fahrzeug in Betrieb nahmen,

3. am 3. Juni 2017 in A***** Berechtigten des in der M*****filiale aufgestellten, mit 12.340 Euro befüllten Geldausgabeautomaten, indem sie mit einem in der Nacht zum 2. Juni 2017 weggenommenen LKW der Marke Fiat Ducato (siehe II.2.) rückwärts gegen die Auslagenscheibe des M*****‑Marktes fuhren, unter Verwendung eines Spanngurts den Geldausgabeautomaten aus der Verankerung rissen, auf das Fahrzeug aufluden und damit flüchteten.

II. Fahrzeuge, die zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet sind, ohne Einwilligung der Berechtigten in Gebrauch genommen zu haben, indem sie sich die Gewalt über die Fahrzeuge durch eine der in § 129 StGB geschilderten Handlungen verschafften, und zwar

1. in der Nacht zum 13. April 2017 in T***** den im Eigentum des Unternehmens J***** stehenden PKW der Marke Renault Scenic, rot (Wert rund 10.000 Euro), und den PKW der Marke Renault Scenic, braun (Wert rund 9.000 Euro), indem sie die Eingangstür zu den Geschäftsräumlichkeiten und zur Werkstätte sowie eine Bürotüre aufbrachen bzw aufzwängten, aus einem Kasten die beiden Autoschlüssel für die genannten PKW an sich nahmen und mit den widerrechtlich erlangten Schlüsseln die Fahrzeuge in Betrieb nahmen,

2. in der Nacht zum 2. Juni 2017 in V***** den im Eigentum des Unternehmens G***** stehenden (weiteren; vgl ON 147 S 11 f) LKW der Marke Fiat Ducato (Wert rund 11.900 Euro), indem sie den Maschendrahtzaun aufschnitten, das automatische Zufahrtstor und das automatische Tor zur Werkstättengarage manipulierten, Schlüsseltresore aufbrachen, daraus (unter anderem) den Fahrzeugschlüssel für den genannten LKW an sich nahmen und mit dem widerrechtlich erlangten Schlüssel das Fahrzeug in Betrieb nahmen.

Diesen als sehr wahrscheinlich angenommenen Sachverhalt subsumierte das Beschwerdegericht den Tatbeständen der §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und 2, 130 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 erster und zweiter Fall, 15 StGB und § 136 Abs 1 und 2 StGB.

Gegen diesen Beschluss des Beschwerdegerichts richtet sich die Grundrechtsbeschwerde des Gheorghe F*****, der keine Berechtigung zukommt.

Die Begründung des dringenden Tatverdachts kann im Grundrechtsbeschwerdeverfahren in sinngemäßer Anwendung der Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO angefochten werden (RIS‑Justiz RS0110146). Mit eigenständigen Beweiswerterwägungen, die sich nicht mit den – im Übrigen logisch und empirisch mängelfreien – Annahmen des Oberlandesgerichts zum dringenden Tatverdacht auseinandersetzen, und der Behauptung, es gäbe keine unmittelbaren Beweise für eine Teilnahme an einer Straftat, F***** sei lediglich Begleiter des Mitbeschuldigten D***** gewesen, wird keine am Gesetz orientierte Beschwerdekritik zur Darstellung gebracht.

Die rechtliche Annahme der in § 173 Abs 2 StPO genannten Gefahren überprüft der Oberste Gerichtshof im Rahmen des Grundrechtsbeschwerdeverfahrens darauf, ob sich diese angesichts der zugrunde gelegten bestimmten Tatsachen als willkürlich, mit anderen Worten als nicht oder nur offenbar unzureichend begründet darstellt (RIS‑Justiz RS0117806).

Vorliegend gründete das Beschwerdegericht seine Prognose bestehender Tatbegehungsgefahr auf die schlechten finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten, seine genauen „Kenntnisse in Bezug auf eine professionelle Durchführung von Bankomat‑Diebstählen“ sowie auf die aus den auf Bereicherung im großen Ausmaß abzielenden, professionell durchgeführten Tathandlungen ableitbare „rechtlich geschützten Werten gegenüber massiv ablehnende Persönlichkeitsstruktur“ des Beschuldigten (BS 8).

Mit der bloßen Bestreitung des Vorliegens die Tatbegehungsgefahr begründender bestimmter Tatsachen („liegen nicht vor und sind nicht feststellbar“) vermag die Beschwerde keine willkürliche Annahme des Haftgrundes durch das Oberlandesgericht darzutun.

Ein Eingehen auf das Vorbringen zum Haftgrund der Verdunkelungsgefahr erübrigt sich, weil bei gegebenem dringenden Tatverdacht bereits ein Haftgrund die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft rechtfertigt (RIS‑Justiz RS0061196).

Mit der bloßen Behauptung der Zweckmäßigkeit gelinderer Mittel, wobei „ausdrücklich alle in Betracht kommenden Weisungen und auch jegliches Gelöbnis“ angeboten würden, zeigt die Beschwerde keinen Beurteilungsfehler des Oberlandesgerichts auf, das seine Einschätzung der Nichtsubstituierbarkeit der Haft auf die Kombination der Haftgründe und ihre jeweilige Intensität und Ausprägung stützte.

Gheorghe F***** wurde daher im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt. Die Grundrechtsbeschwerde war ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

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