OGH 8Nc11/18m

OGH8Nc11/18m29.5.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr.

 Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Dr. Robert Kerschbaumer, Rechtsanwalt in Lienz, gegen die beklagte Partei D***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Roschek & Biely Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 5.000 EUR, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0080NC00011.18M.0529.000

 

Spruch:

Der Delegierungsantrag wird abgewiesen.

 

Begründung:

Die Klägerin begehrt Schmerzengeld und bringt vor, dass sie sich bei Anwendung eines von der Beklagten vertriebenen, fehlerhaften Produkts Verätzungen zugezogen habe.

Die Beklagte bestreitet.

Die Klägerin beantragt neben der Einholung eines Gutachtens die Einvernahme einer Vielzahl von Zeugen zum Nachweis dafür, dass sie das Produkt der Beklagten früher beschwerdefrei verwendet habe und „zu ihrem Leidenszustand“. Zugleich begehrt sie die Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht Spittal/Drau, da die Zeugen im Nahebereich dieses Gerichts wohnen.

Die Beklagte sprach sich in ihrer Stellungnahme gegen eine Delegierung aus. Die Einvernahme der Zeugen könne mittels Videokonferenz erfolgen.

Das Erstgericht verwies in seiner Stellungnahme darauf, dass eine Einvernahme zweckmäßig sei, da trotz der Möglichkeit einer Videokonferenz die mit der Einvernahme einer Vielzahl von Zeugen verbundenen Schwierigkeiten vor Ort leichter lösbar seien.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung soll allerdings nur den Ausnahmefall darstellen. Keinesfalls soll durch eine zu großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (RIS‑Justiz RS0046441). Aus Zweckmäßigkeitsgründen soll die Delegierung vor allem dann angeordnet werden, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verkürzung, eine Kostenverringerung oder eine Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit zu bewirken verspricht (RIS‑Justiz RS0046333). Es entspricht daher der ständigen Rechtsprechung, dass die Delegierung gegen den Willen der anderen Partei nur dann auszusprechen ist, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS‑Justiz RS0046589; RS0046324 ua).

Im vorliegenden Fall wurde von der Klägerin zwar neben dem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens weiters zu einem sehr allgemein gehaltenen Beweisthema eine Vielzahl von Zeugen namhaft gemacht. Deren Einvernahme, soweit überhaupt erforderlich, kann aber, wie die Beklagte richtig aufzeigt, mittels Videokonferenz erfolgen (RIS‑Justiz RS0046333 [T37]). Eine relevante Verfahrensvereinfachung oder Beschleunigung durch eine Delegierung ist daher nicht zu erwarten. Damit war der Delegierungsantrag abzuweisen.

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