European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0060OB00083.18A.0524.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.119,44 EUR (darin 186,57 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
1. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS‑Justiz RS0042936; vgl auch RS0044298). Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO könnte also nur dann vorliegen, wenn dem Berufungsgericht eine erhebliche Fehlbeurteilung vorzuwerfen wäre, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit aufgegriffen werden müsste (RIS‑Justiz RS0042936 [T29]; vgl auch RS0044358 [T11]). Die Frage der Vertretbarkeit einer anderen Vertragsauslegung hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und ist daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz RS0042936 [T3]).
2.1. Gemäß § 479 Satz 2 ABGB wird im Zweifel vermutet, dass eine Dienstbarkeit ihrem gesetzlichen Typus entsprechend eingeräumt wird (10 Ob 81/16h). Lässt sich die Frage, ob eine regelmäßige oder unregelmäßige Servitut vorliegt, nur mehr durch Urkundenauslegung beantworten, wird die Rechtsvermutung zugunsten der regelmäßigen Servitut (§ 479 letzter Satz ABGB) nur widerlegt, wenn die Urkundenauslegung eindeutig dahin ausfällt, dass die strittige Vertragsbestimmung bloß persönliche Vorteile bestimmter Berechtigter bezweckte, nicht aber auf die vorteilhaftere oder bequemere Benützung eines bestimmten Grundstücks abgestellt war. Erst wenn die Rechtsvermutung des § 479 letzter Satz ABGB widerlegt ist, können die Bestimmungen des § 529 ABGB eine Rolle spielen (RIS‑Justiz RS0011607). Ob eine regelmäßige oder unregelmäßige Dienstbarkeit vorliegt, betrifft eine Frage des Einzelfalls (vgl RIS‑Justiz RS0011623 [T1]).
2.2. Wenn das Berufungsgericht aus Punkt I.7 des Realteilungsvertrags im Zusammenhalt mit der Zweifelsregel des § 479 letzter Satz ABGB schloss, dass die Vertragsparteien dauerhaft und über die Berechtigung des Rechtsvorgängers des Beklagten hinausgehend ein dingliches Nutzungsrecht am westlichen Teil des Grundstücks 274 begründen wollten, ist dies nicht zu beanstanden. Für diese Auffassung spricht insbesondere auch die vertragliche Vereinbarung der Vermessung des Grundstücks und der anschließenden grundbücherlichen Durchführung der Vermessung. Damit gehen aber auch die Revisionsausführungen zu den Voraussetzungen einer konkludenten Dienstbarkeitseinräumung ins Leere.
3. Die Formulierung des Erstgerichts, wonach nicht festgestellt werden könne, dass dem Beklagten ein Nutzungsrecht oder ein Herausgabe‑ bzw Übereignungsanspruch zustehe, stellt in Wahrheit eine (dislozierte) rechtliche Beurteilung dar, sodass das Berufungsgericht ohne Beweiswiederholung (vgl RIS‑Justiz RS0043461) davon abgehen konnte.
4. Zusammenfassend bringt die Revision somit keine Rechtsfragen der von § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität zur Darstellung, sodass sie spruchgemäß zurückzuweisen war.
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