OGH 2Ob77/18i

OGH2Ob77/18i16.5.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Hon.‑Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am * 2015 verstorbenen J* R*, zuletzt *, über den Revisionsrekurs der M* Z*, vertreten durch Mag. Gernot Steier, Rechtsanwalt in Neulengbach, gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt als Rekursgericht vom 22. September 2017, GZ 13 R 157/17m‑48, womit der Rekurs der Rechtsmittelwerberin gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Neusiedl/See vom 10. August 2017, GZ 2 A 582/15b‑38, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E121810

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag des Erben M* R* auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

 

Begründung:

Die Rechtsmittelwerberin hatte im Verlassverfahren nach ihrer verstorbenen Mutter eine Erbantrittserklärung abgegeben. Aufgrund einer widerstreitenden Erbantrittserklärung ihres Bruders, der sich auf ein Testament stützte, kam es zum Verfahren über das Erbrecht, in dem das Erstgericht das Erbrecht des Bruders feststellte und die Erbantrittserklärung der Rechtsmittelwerberin abwies. Der Beschluss wurde rechtskräftig. Daraufhin führte der Gerichtskommissär in Gegenwart beider Seiten die Abhandlung durch. Im Protokoll ist festgehalten, dass eine „Einigung betreffend des Pflichtteilsanspruches […] nicht möglich“ gewesen sei und die Parteien „diesbezüglich auf den Rechtsweg verwiesen“ würden. Hintergrund dieser Formulierung war, dass die Rechtsmittelwerberin eine außergerichtliche Einigung über ihren Anspruch behauptet hatte, deren wirksames Zustandekommen der Erbe aber bestritt. Das Protokoll enthält weiters den Antrag auf Einantwortung der Verlassenschaft (gemeint: an den Sohn) und die Erklärung der „Parteien“, für den Fall antragsgemäßer Erledigung auf Rechtsmittel gegen den Einantwortungsbeschluss zu verzichten.

Auf dieser Grundlage erließ das Erstgericht den Einantwortungsbeschluss, in den es unter anderem den Ausspruch aufnahm, dass bei einem Liegenschaftsanteil der Erblasserin das Eigentumsrecht des Sohnes einzuverleiben sein werde (§ 178 Abs 2 Z 2 AußStrG). Vor diesen Ausspruch setzte es folgende Formulierung: „Es wurde kein Erbteilungs- und Pflichtteilsübereinkommen geschlossen.“ Eine Begründung enthält der Beschluss nicht.

Nur gegen den letztgenannten Ausspruch richtete sich ein Rekurs der Rechtsmittelwerberin. Das Erstgericht habe zu ihrer Behauptung, sie habe mit dem Erben im Korrespondenzweg ein Pflichtteilsübereinkommen geschlossen, weder ein Verfahren geführt noch Feststellungen getroffen. Der bekämpfte Ausspruch sei daher durch keine Feststellung gedeckt und habe zu entfallen.

Das Rekursgericht wies den Rekurs zurück, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR nicht übersteige, und ließ den Revisionsrekurs zunächst nicht zu. Die Rechtsmittelwerberin sei wegen der rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren über das Erbrecht nicht mehr Partei des Verfahrens und schon deswegen nicht zum Rekurs legitimiert. Zudem habe sie auf Rechtsmittel gegen den Einantwortungsbeschluss verzichtet.

In ihrem mit einer impliziten Zulassungsvorstellung verbundenen Revisionsrekurs führt die Rechtsmittelwerberin aus, dass der strittige Ausspruch in ihre Rechte eingreife, weil er trotz Verweisung auf den Rechtsweg eine Feststellung zu einem zwischen den Beteiligten strittigen Rechtsverhältnis (Zustandekommen eines Pflichtteils-übereinkommens) enthalte. Der Rechtsmittelverzicht habe sich nur auf die Einantwortung an den Sohn bezogen, nicht auf den strittigen Ausspruch.

Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs nachträglich zu, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob „ein derartiger Ausspruch in einem Einantwortungsbeschluss überhaupt zulässig“ sei.

Der Erbe beantragt in der Revisionsrekursbeantwortung erkennbar die Zurückweisung des Rechtsmittels und verzeichnet dafür Kosten.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

1. Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rekurses ist, dass der angefochtene Ausspruch tatsächlich den Charakter eines Beschlusses hat, dh einer Willenserklärung des Gerichts, mit der es über ein Rechtsschutzbegehren oder über den Fortgang des Verfahrens entscheidet. Trifft das nicht zu, so ist der Ausspruch unanfechtbar, mag das Gericht dafür auch verfehlt die Bezeichnung als Beschluss gewählt haben (1 Ob 2401/96m mwN; RIS-Justiz RS0106917; Zechner in Fasching/Konecny 2 vor §§ 514 ff ZPO Rz 26 mwN). Das gilt insbesondere für bloße Verlautbarungen oder Mitteilungen des Gerichts (4 Ob 73/08a mwN).

2. Ob ein anfechtbarer Beschluss oder eine bloße Mitteilung vorliegt, ist durch Auslegung des strittigen Ausspruchs zu ermitteln. Von Bedeutung ist dabei nicht nur dessen Bezeichnung, sondern auch die Rechtsgrundlage. Erfordert sie – bei richtigem Verständnis – keinen Beschluss, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass das Gericht einen solchen Beschluss fassen wollte (4 Ob 73/08a).

3. Im vorliegenden Fall gibt es keine Grundlage für einen Ausspruch über das Nichtvorliegen eines Erbteilungs- oder Pflichteilsübereinkommens.

3.1. Nach § 178 Abs 1 Z 3 AußStrG ist in den Einantwortungsbeschluss nur der Hinweis auf ein „allfälliges“ – also im konkreten Fall der Einantwortung zugrunde liegendes – Erbteilungsübereinkommen aufzunehmen. Diese Regelung folgt daraus, dass die Miterben in diesem Fall mit Rechtskraft der Einantwortung das Eigentum nicht quotenmäßig, sondern unmittelbar an den ihnen aufgrund der Vereinbarung zufallenden Bestandteilen des Nachlasses erwerben (5 Ob 182/09i mwN). Ein Grund für die Feststellung, dass ein solches Übereinkommen nicht geschlossen wurde, ist nicht erkennbar; dies umso weniger, wenn es – wie hier – ohnehin nur einen Erben gibt.

3.2. Noch weniger gibt es eine Grundlage dafür, in den Einantwortungsbeschluss eine Aussage über den Abschluss oder Nichtabschluss eines Pflichtteilsübereinkommens aufzunehmen. Denn über Pflichtteilsansprüche ist – abgesehen von einer allfälligen Sicherstellung nach § 176 Abs 2 AußStrG – im streitigen Verfahren zu entscheiden (RIS-Justiz RS0005823). Das gilt selbstverständlich auch dann, wenn Pflichtteilsberechtigte und Erben über das Vorliegen oder die Rechtsbeständigkeit einer darüber geschlossenen Vereinbarung streiten.

4. Damit fehlt für den hier strittigen Ausspruch jede Grundlage. Soweit es sich nicht bloß um eine Floskel aus Mustern des Gerichtskommissärs handelt, liegt darin allenfalls eine Mitteilung an die Beteiligten, dass im Verlassverfahren kein solches Übereinkommen geschlossen wurde. Ein Wille des Gerichts, damit über strittige Rechtsverhältnisse zu entscheiden, ist nicht erkennbar.

5. Auf dieser Grundlage kommt es auf die im Revisionsrekurs angesprochenen Fragen zur Rekurslegitimation der Rechtsmittelwerberin und zur Reichweite ihres Rechtsmittelverzichts nicht an. Die Zurückweisung des Rekurses war schon deshalb richtig, weil es sich beim angefochtenen Ausspruch um keine anfechtbare Entscheidung gehandelt hatte. Der Revisionsrekurs muss daher scheitern.

6. Die Abweisung des Antrags auf Zuspruch der Kosten für die Revisionsrekursbeantwortung gründet sich auf § 185 AußStrG.

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