OGH 2Ob71/18g

OGH2Ob71/18g16.5.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Hon.‑Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** F*****, vertreten durch Dr. Robert Eiter, Rechtsanwalt in Landeck, gegen die beklagte Partei A***** AG, *****, Deutschland, vertreten durch Dr. Andreas Kolar, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 17.260,29 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 14. November 2017, GZ 1 R 188/17d‑69, mit welchem das Urteil des Bezirksgerichts Landeck vom 18. Mai 2017, GZ 2 C 123/14w‑63, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt :

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0020OB00071.18G.0516.000

 

Spruch:

 

1. Aus Anlass der Revision wird das Teilurteil des Berufungsgerichts in der Abweisung eines Betrags von 3.215,55 EUR samt Zinsen als nichtig aufgehoben. Der Kläger wird insofern mit seiner Revision auf diese Entscheidung verwiesen. Die Parteien haben die auf diesen Teil des Streitgegenstands entfallenden Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

2. Im Übrigen wird der Revision teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird in der Abweisung eines Begehrens von 700 EUR samt Zinsen als Teilurteil bestätigt. Die Entscheidung über die auf diesen Teil des Streitgegenstands entfallenden Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Im Übrigen – also im Ausspruch über ein vom Berufungsgericht abgewiesenes Begehren von 11.956,30 EUR samt Zinsen – werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben, und die Rechtssache wird insofern zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die auf diesen Teil des Streitgegenstands entfallenden Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Entscheidungsgründe:

Der Kläger macht Ansprüche aus einem Verkehrsunfall in Südtirol geltend. Er hatte mit seinem in Österreich zugelassenen Motorrad einen in Deutschland zugelassenen Pkw überholt, wobei er das Überholmanöver durch Überfahren einer Sperrlinie begonnen hatte. Als er sich auf dem linken Fahrstreifen befand, setzte auch der Lenker des Pkw – nun bereits im Bereich einer Leitlinie – zum Überholen eines vor ihm fahrenden Wohnwagengespanns an. Er betätigte unmittelbar davor den Blinker und zog nach links, wodurch es zum Zusammenstoß mit dem Motorrad des Klägers kam. Der Kläger konnte bei Erkennen des Spurwechsels nicht mehr unfallverhindernd reagieren. Demgegenüber hätte der Lenker des Pkw den Unfall vermeiden können, wenn er vor Beginn seines Überholmanövers auf den Nachfolgeverkehr geachtet hätte. Der Pkw war bei der Beklagten, einem deutschen Versicherungsunternehmen, haftpflichtversichert.

Der Anwalt des Klägers machte beim österreichischen Schadenregulierungsbeauftragten der Beklagten zunächst außergerichtlich Schadenersatz geltend. Dabei ging er vom Alleinverschulden des Pkw-Lenkers aus und forderte den Regulierungsbeauftragten zur Bekanntgabe auf, ob der Anspruch des Klägers, den er der Höhe nach noch präzisieren werde, dem Grunde nach anerkannt werde. In weiterer Folge bezifferte er einzelne Ansprüche. Der Regulierungsbeauftragte ersuchte den Vertreter des Klägers zunächst um Geduld, da noch Erhebungen durchgeführt werden müssten. Mit E-Mail vom 20. Februar 2014 teilte er jedoch mit, dass er nun „die Regulierungsfreigabe aus Deutschland“ erhalten habe, und ersuchte um Mitteilung, ob das Motorrad besichtigt werden könne. Mit E-Mail vom 7. März 2014 erkannte der Beauftragte den Sachschaden in bestimmter Höhe an; zur Höhe des Schmerzengeldes seien noch Erhebungen erforderlich. Die Beklagte leistete den anerkannten Betrag und eine Akontozahlung auf das Schmerzengeld. Danach wurde außergerichtlich über weitere Positionen verhandelt, wobei es zu keiner Einigung kam. Dies führte offenbar dazu, dass die Beklagte nun auch den Grund des Anspruchs bestritt.

Der Kläger begehrt Schadenersatz von zuletzt 17.260,29 EUR. Das Verschulden am Unfall treffe allein den Lenker des Pkw, der ohne auf das überholende Motorrad zu achten auf die linke Spur gewechselt sei. Zudem habe die Beklagte den Anspruch dem Grunde nach anerkannt.

Die Beklagte wendet – soweit im Revisionsverfahren noch relevant – ein, dass der Kläger bei Beginn seines Überholmanövers eine Sperrlinie überfahren habe. Es treffe ihn daher ein gleichteiliges Mitverschulden. Aufgrund bereits geleisteter Zahlungen habe der Kläger nichts mehr zu bekommen. Die Mitteilung, eine Regulierungszusage liege vor, begründe kein Anerkenntnis der Haftung dem Grunde nach.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 13.344,74 EUR und wies das Mehrbegehren von 3.915,55 EUR ab. Auf den Schadenersatzanspruch sei nach Art 3 HStVÜ italienisches Recht anzuwenden. Der Lenker des Pkw habe nicht auf den Nachfolgeverkehr geachtet und den Fahrstreifenwechsel nicht rechtzeitig angekündigt; es treffe ihn daher ein Verschulden am Unfall. Der Kläger habe zwar entgegen Art 40 Abs 3 Nuovo Codice della Strada eine Sperrlinie überfahren. Auch diese Bestimmung diene aber „vergleichbar mit dem Schutzzweck von § 9 Abs 1 öStVO“ nur dem Schutz des Gegenverkehrs, nicht aber jenem der überholten Verkehrsteilnehmer. Der Verstoß sei daher haftungsrechtlich irrelevant, weswegen die Beklagte dem Grunde nach für alle Unfallfolgen hafte. Das Begehren sei allerdings aus näher dargestellten Gründen der Höhe nach nicht zur Gänze berechtigt.

Gegen die Entscheidung richteten sich Berufungen beider Parteien. Der Kläger strebte einen Zuspruch von weiteren 700 EUR an, die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Das Berufungsgericht gab nur der Berufung der Beklagten teilweise Folge. Es bestätigte den Zuspruch im Ausmaß von 712,46 EUR, wies – offenbar unter Einbeziehung des bereits vom Erstgericht rechtskräftig abgewiesenen Betrags – ein Mehrbegehren von 15.871,85 EUR ab und hob das Urteil im Ausmaß von 675,98 EUR auf. Die Revision ließ es zunächst nicht zu.

Den Kläger treffe ein gleichteiliges Mitverschulden, weil er die Sperrlinie überfahren habe. Der Schutzzweck des Verbots erfasse, wie sich aus der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ergebe, auch überholte Fahrzeuge. Daher gebühre dem Kläger die Hälfte des vom Erstgericht angenommenen Schadens. Daraus folge eine noch offene Klageforderung von 712,46 EUR. Insofern sei das angefochtene Urteil zu bestätigen. Die Position „Verdienstentgang“ (1.351,95 EUR) sei zunächst auf die Hälfte zu kürzen (675,98 EUR). Bei diesem Betrag sei aber noch der Einwand der Beklagten zu prüfen, dass sich der Kläger Fahrtkosten erspart habe, was insofern zur Teilaufhebung führe. Das Mehrbegehren von 15.871,85 EUR sei abzuweisen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich eine mit einem Zulassungsantrag verbundene Revision des Klägers. Er ficht das Teilurteil des Berufungsgerichts „ihrem gesamten klagsabweisenden Inhalt nach“ an und beantragt, es „im Sinne einer vollständigen, kostenpflichtigen Klagsstattgebung“ abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag. Inhaltlich führt er aus, dass das Berufungsgericht sein Vorbringen, die Beklagte habe ihre Haftung dem Grunde nach anerkannt, nicht beachtet habe. Weiters sei der Schutzzweck des Art 40 Abs 3 Nuovo Codice della Strada nach italienischem Recht zu beurteilen; er erfasse nicht auch überholte Verkehrsteilnehmer.

Das Berufungsgericht ließ die Revision nachträglich zu, weil es sich in Bezug auf den Schutzzweck des Verbots nur am österreichischen Recht orientiert und die Behauptung eines Anerkenntnisses nicht geprüft habe.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben. Nach Art 2054 Codice Civile werde beim Zusammenstoß zweier Fahrzeuge bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass jeder Lenker im gleichen Ausmaß zur Verursachung beigetragen habe. Um sich von dieser Vermutung zu befreien, müsse nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nachgewiesen werden, dass der Lenker ein „völlig korrektes und tadelloses Fahrverhalten“ an den Tag gelegt habe. Das habe beim Kläger nicht zugetroffen. Die Mitteilung des Regulierungsbeauftragten, dass eine „Regulierungsfreigabe“ vorliege, sei nicht als konstitutives Anerkenntnis zu verstehen gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist, soweit das angefochtene Teilurteil nicht aus ihrem Anlass als nichtig aufzuheben ist, teilweise berechtigt.

A. Aus Anlass der zulässigen Revision ist das angefochtene Teilurteil in der Abweisung eines Begehrens von 3.215,55 EUR als nichtig aufzuheben.

1. Das Erstgericht hatte dem Begehren von zuletzt 17.260,29 EUR mit 13.344,74 EUR stattgegeben und das Mehrbegehren von 3.915,55 EUR abgewiesen. Die Abweisung wurde im Umfang von 3.215,55 EUR rechtskräftig. Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichts war daher nur mehr ein Betrag von 14.044,74 EUR (Berufung des Klägers: 700 EUR; Berufung der Beklagten 13.344,74 EUR). Dennoch wies das Berufungsgericht neben einem Zuspruch von 712,46 EUR und einer Aufhebung von 675,98 EUR – ein Mehrbegehren von 15.871,85 EUR ab. Darin ist offenbar auch das bereits rechtskräftig abgewiesene Begehren von 3.215,55 EUR enthalten. Die neuerliche Entscheidung über dieses Begehren verstieß gegen die Rechtskraft der Abweisung durch das Erstgericht. Das Teilurteil des Berufungsgerichts ist daher in diesem Umfang als nichtig aufzuheben.

2. Die Kostenentscheidung gründet sich in diesem Punkt auf § 40 ZPO. Weder die Revision noch die Revisionsbeantwortung haben auf die Nichtigkeit hingewiesen; sie waren daher insofern nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich. § 51 ZPO ist nicht anzuwenden, wenn nur eine Entscheidung, nicht aber das Verfahren als nichtig aufgehoben wird (RIS-Justiz RS0035870). Ein Kostenvorbehalt kommt nicht in Betracht, weil über diesen Teil des Streitgegenstands – anders als etwa in 2 Ob 233/08s – zufolge bereits eingetretener Rechtskraft nicht mehr zu entscheiden ist

B. In der Abweisung eines Begehrens von 700 EUR ist das Teilurteil des Berufungsgerichts zu bestätigen.

Diese Abweisung beruhte darauf, dass das Gericht der Berufung des Klägers, die ausschließlich die Höhe seines Sachschadens betroffen hatte, nicht Folge gab. Dazu enthält die Revision keine Ausführungen. Mangels gesetzmäßig ausgeführter Rechtsrüge ist das Teilurteil daher in diesem Umfang zu bestätigen. Die Kostenentscheidung gründet sich insofern auf § 52 Abs 4 ZPO.

C. In Bezug auf das weitere vom Berufungsgericht abgewiesene Begehren von 11.956,30 EUR ist die Sache noch nicht spruchreif.

1. Die Begründung des Berufungsgerichts beruht ausschließlich auf der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum Schutzzweck von § 9 Abs 1 StVO. Sie kann die Teilabweisung nicht tragen.

1.1. Unstrittig ist, dass auf den außervertraglichen Schadenersatzanspruch des Klägers nach Art 3 HStVÜ italienisches Recht anzuwenden ist. Nach diesem Recht ist insbesondere die Frage zu beurteilen, ob es bei einem schuldhaften und für den Unfall kausalen Verstoß des Geschädigten gegen eine Vorschrift der Straßenverkehrsordnung für die Frage einer allfälligen Schadensteilung auch auf den Zweck der übertretenen Bestimmung ankommt, ob also das italienische Recht ein der österreichischen Lehre vom Rechtswidrigkeitszusammenhang vergleichbares Institut kennt. Trifft das zu, wäre in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob das Verbot des Überfahrens einer Sperrlinie nach italienischem Recht (auch) dem Schutz des überholten Verkehrs dient, und zwar insbesondere dann, wenn sich der Unfall in einem Bereich ereignet, in dem die Sperrlinie bereits in eine Leitlinie übergegangen ist.

1.2. Insofern ist die Sache nicht spruchreif, weil der Inhalt des italienischen Rechts zu diesen Fragen nicht ermittelt wurde. Das wird im fortgesetzten Verfahren durch Einholen eines Rechtsgutachtens nachzuholen sein.

2. Sollte sich ergeben, dass der Verstoß gegen das Verbot, die Sperrlinie zu überfahren, nach italienischem Recht als relevantes Mitverschulden zu werten ist, müsste geprüft werden, ob die Erklärung des Regulierungsbeauftragten, er habe die „Regulierungsfreigabe aus Deutschland“ erhalten, dennoch dazu führt, dass die Beklagte dem Grunde nach für den gesamten Schaden haftet.

2.1. Auch insofern liegt ein Sachverhalt mit Auslandsberührung vor. Der Kläger stützt sich hier auf ein Schuldanerkenntnis, macht also einen vertraglichen Anspruch geltend. Die Vertretungsbefugnis des Regulierungsbeauftragten ist nicht strittig. Im Übrigen ist das anwendbare Recht nach der Rom I-VO zu ermitteln, wobei mangels Rechtswahl deren Art 4 maßgebend ist. Hier sind zwei Anknüpfungen denkbar:

(a) Einerseits könnte angenommen werden, dass der Anerkennende die charakteristische Leistung iSv Art 4 Abs 2 Rom I-VO erbringt ( Ferrari in Ferrari ua, Internationales Vertragsrecht 3 [2018] Art 4 Rom I-VO Rz 159; für „abstrakte“ Schuldversprechen auch Rauscher/Thorn , EuZPR/EuIPR [2016] Art 4 Rom I-VO Rz 119; Leible in Hüßtege/Mansel , Rom-Verordnungen 2 [2015] Art 4 Rom I-VO Rz 154). Da sich die Hauptverwaltung der Beklagten in Deutschland befindet, führte das zur Anwendung deutschen Rechts (Art 4 Abs 2 iVm Art 19 Abs 1 Rom I-VO). Nach diesem Recht läge bei einer „Regulierungszusage“ ein deklaratorisches Anerkenntnis vor. Dieses hat nach deutschem Recht ebenso wie das abstrakte Anerkenntnis bindenden Charakter, wenn es dazu dienen soll, Streit oder Ungewissheit über das Bestehen des Anspruchs beizulegen (BGH IV ZR 222/74 BGHZ 66, 250; Geigel , Haftpflichtprozess 27 [2015] Kap 38 Rz 21; Staudinger/Marbuger [2015] § 781 BGB Rz 8 ff). Die Regulierungszusage eines Haftpflichtversicherers wird als solches deklaratorisches Anerkenntnis gewertet (BGH IV ZR 293/05 VersR 2009, 106; Geigel , Haftpflichtprozess 27 Kap 38 Rz 12; Gehrlein in BeckOK BGB § 781 Rz 14; Littbarski in MüKo VVG § 106 Rz 39).

(b) Andererseits könnte aber auch angenommen werden, dass bei einem Anerkenntnis, das sich auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis bezieht, nach Art 4 Abs 3 Rom I‑VO eine engere Beziehung zu jenem Recht besteht, das auf dieses Rechtsverhältnis anzuwenden ist ( Ferrari in Ferrari ua, Internationales Vertragsrecht 3 Art 4 Rom I-VO Rz 159; Rauscher/Thorn , EuZPR/EuIPR Art 4 Rom I-VO Rz 119; Staudinger / Magnus [2016] Art 4 Rom I-VO Rz 436; Leible in Hüßtege/Mansel , Rom-Verordnungen 2 [2015] Art 4 Rom I-VO Rz 154). Das wäre hier italienisches Recht. Ob eine Regulierungszusage nach diesem Recht bindenden Charakter hat, ist dem Senat nicht bekannt.

2.2. Sollte es auf die Frage des anwendbaren Rechts ankommen, weil nach italienischem Recht das Verbot des Überfahrens einer Sperrlinie auch dem Schutz des überholten Verkehrs dient und – anders als nach deutschem Recht – eine Regulierungszusage keine bindende Wirkung hat, wäre aus folgenden Gründen nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens ein Vorabentscheidungsersuchen zu Art 4 Rom I‑VO erforderlich:

(a) Zwar überwiegt in der deutschen Lehre die Auffassung, dass Anerkenntnisse, die sich auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis beziehen („kausale“ oder „deklaratorische“ Anerkenntnisse), dem Recht des anerkannten Rechtsverhältnisses unterliegen (oben 2.1.[b]). Das entspricht der herrschenden Meinung zur Anknüpfung eines Vergleichs ( Ferrari in Ferrari ua, Internationales Vertragsrecht 3 Art 4 Rom I-VO Rz 172; Lurger / Melcher , Handbuch Internationales Privatrecht [2017] Rz 4/90; Staudinger/Magnus Art 4 Rom I‑VO Rz 439; Junker in MüKo BGB Art 15 Rom  II‑VO Rz 25; BGH VIII ZB 55/04 NJW 2005, 1373 [zu Art 28 Abs 1 EGBGB/Art 4 Abs 1 EVÜ]) und führte hier zur Anwendung des italienischen Rechts.

(b) Diese Auffassung folgt aber offenkundig daraus, dass die deutsche Kollisionsrechtslehre die Dogmatik des eigenen materiellen Rechts auf das europäische IPR überträgt und daher auch in Bezug auf die kollisionsrechtliche Anknüpfung zwischen zwei Formen eines vertraglichen Anerkenntnisses unterscheidet. Wie bereits dargestellt, hat nach deutschem materiellen Recht auch das deklaratorische (kausale) Anerkenntnis als Vertrag bindende Wirkung. Es entspricht daher nicht dem deklarativen, sondern dem konstitutiven Anerkenntnis des österreichischen Rechts; ein nach deutschem Recht mögliches abstraktes Anerkenntnis (§ 781 BGB) ist dem österreichischen Recht fremd (2 Ob 344/00b SZ 74/1; RIS-Justiz RS0114623).

(c) Es ist nicht zwingend, dass die sich aus dem deutschen Sachrecht ergebende Unterscheidung zwischen zwei Formen des Anerkenntnisses auch auf das europäische Kollisionsrecht übertragen werden kann. Hier könnte stattdessen auch erwogen werden, bei jedem Anerkenntnis, das eine Berufung auf das zugrunde liegende Rechtsverhältnis ausschließt, eine charakteristische Leistung des Anerkennenden anzunehmen und das anwendbare Recht daher nach Art 4 Abs 2 Rom I-VO zu bestimmen. Das führte im vorliegenden Fall zur Anwendbarkeit deutschen Rechts.

2.3. Von einem Vorabentscheidungsersuchen ist derzeit aus Gründen der Verfahrensökonomie abzusehen. Vielmehr wird zunächst zu ermitteln sein, ob nicht auch nach italienischem Recht eine Regulierungszusage bindende Wirkung hat. Auch insofern wird das Einholen eines Rechtsgutachtens erforderlich sein.

3. Aus diesen Gründen sind die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben, soweit sie ein vom Berufungsgericht abgewiesenes Begehren von 11.956,30 EUR betreffen. Das Erstgericht wird darüber nach Ermittlung des italienischen Rechts neuerlich zu entscheiden haben. Sollte die Beklagte nach italienischem Recht nur zur Hälfte haften, wäre das noch strittige Begehren nur dann berechtigt, wenn auf die Regulierungszusage deutsches Recht anzuwenden ist. Zu dieser Frage wird den Vorinstanzen keine Rechtsansicht überbunden, weil insofern jedenfalls in letzter Instanz ein Vorabentscheidungsersuchen erforderlich wäre.

4. Die Kostenentscheidung in Bezug auf den Aufhebungsbeschluss gründet sich auf § 52 Abs 1 Satz 3 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte