European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00035.18Y.0509.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufung des Angeklagten Helmut S***** wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen gegen den Ausspruch über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Walter W***** des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 2 StGB (A), Helmut S***** der Vergehen der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 StGB (B) und des schweren Betrugs nach §§ 12 dritter Fall, 15, 146, 147 Abs 2 StGB (C) schuldig erkannt.
Danach haben in S*****
(A) Walter W***** vom August 2013 bis zum April 2014 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz (US 6) versucht, den Richter Mag. Heinz K***** durch die wahrheitswidrige Behauptung, er habe von Marc F***** (bloß) 60.000 Euro als Kaufpreis für eine Liegenschaft erhalten, zur teilweisen Abweisung des auf Rückabwicklung des diesbezüglichen Kaufvertrags und Rückzahlung des Kaufpreises von 105.000 Euro gerichteten Klagebegehrens und solcherart zu einer Handlung zu verleiten, die Marc F***** jedenfalls in dem 5.000 Euro übersteigenden Betrag von 45.000 Euro am Vermögen schädigen sollte,
(B) Helmut S***** am 24. März 2014 vor dem Landesgericht St. Pölten in der Rechtssache Marc F***** gegen Walter W***** als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache falsch ausgesagt, indem er wahrheitswidrig behauptete, der in dieser Rechtssache strittige Kaufpreis habe 60.000 Euro (US 7) betragen, weiters
(C) Helmut S***** durch die vom Schuldspruch B umfasste Aussage mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz (US 7) zu dem von Walter W***** begangenen schweren Betrug (A) beigetragen.
Die Angeklagten bekämpfen dieses Urteil jeweils mit Nichtigkeitsbeschwerde, wobei sich Walter W***** auf Z 3, 5 sowie 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO stützt und Helmut S***** seine Beschwerde unausgeführt lässt.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Walter W*****:
Mit dem Hinweis der Verfahrensrüge (Z 3), dass Mag. Heinz K***** nicht als Zeuge vernommen worden sei, wird keine Bestimmung angesprochen, deren Einhaltung das Gesetz bei sonstiger Nichtigkeit anordnet, und somit der herangezogene Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungs-konform zur Darstellung gebracht.
Soweit das ergänzende Vorbringen, ein diesbezüglicher Antrag sei „vom Erstgericht abgewiesen“ worden, im Sinn des § 281 Abs 1 Z 4 StPO zu verstehen ist, sei festgehalten, dass dieser Antrag nach dem ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung „zum Beweis der Glaubwürdigkeit der Zeugen F***** und St***** gestellt wurde (ON 67 S 101). Damit ging er jedoch am Wesen des Zeugenbeweises vorbei, der nur Wahrnehmungen von Tatsachen zum Gegenstand hat, nicht aber Schlussfolgerungen oder Wertungen (EvBl 1992/189, 797; RIS‑Justiz RS0097540; Kirchbacher , WK‑StPO § 154 Rz 7 f).
Den weiteren Erwägungen zur Verfahrensrüge ist voranzustellen, dass das Referat der entscheidenden Tatsachen im Urteilstenor (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) einerseits dazu dient, Lebenssachverhalte voneinander abzugrenzen, um Mehrfachverurteilungen hintanzuhalten, und andererseits dazu, jene entscheidenden Tatsachen zu bezeichnen, auf welche die gesetzliche Beschreibung der als begründet befundenen strafbaren Handlung abstellt ( Lendl , WK‑StPO § 260 Rz 9 mwN). Nichtigkeit aus Z 3 liegt insoweit daher nur dann vor, wenn das Referat entweder den Sachverhalt mit Blick auf das Verbot wiederholter Strafverfolgung (§ 17 Abs 1 StPO, Art 4 des 7. ZPMRK) nicht hinreichend individualisiert oder die ihm in Bezug auf die rechtsrichtige Subsumtion zukommende Ordnungsfunktion nicht erfüllt (13 Os 18/11p, SSt 2011/28; RIS‑Justiz RS0120226 [insb T2]). Die Beschwerde bringt aus dem Blickwinkel des § 260 Abs 1 Z 1 StPO ausschließlich Verletzungen der Ordnungsfunktion vor.
Dabei trifft der Einwand mangelnder Bezeichnung der das Tatbestandsmerkmal der „Täuschung über Tatsachen“ entsprechenden Umstände nicht zu. Das Referat im Urteilstenor nennt nämlich insoweit ausdrücklich die wahrheitswidrige Behauptung, neben dem aus dem Kaufvertrag ersichtlichen Kaufpreis von 60.000 Euro sei ein zusätzlicher Betrag von 45.000 Euro weder vereinbart noch bezahlt worden (US 2).
Hingegen zeigt die Rüge zutreffend auf, dass dem Referat keine Sachverhaltselemente zu entnehmen sind, die dem in § 146 StGB (bezüglich der unrechtmäßigen Bereicherung) normierten erweiterten Vorsatz entsprechen (vgl Lendl , WK‑StPO § 260 Rz 21 sowie Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 12). Da jedoch die – als Tatsachengrundlage für die Subsumtion ausschließlich maßgebenden ( Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 274 mwN) – Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) insoweit einwandfreie Feststellungen enthalten (US 6), ist unzweifelhaft erkennbar, dass die aufgezeigte Formverletzung auf die Entscheidung keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluss üben konnte, womit der Beschwerde auch diesbezüglich ein Erfolg zu versagen war (§ 281 Abs 3 erster Satz StPO).
Indem die Mängelrüge (Z 5) die Feststellungen zur Übergabe der gegenständlichen 45.000 Euro hinsichtlich der Person des Empfängers als undeutlich (Z 5 erster Fall) bezeichnet, bezieht sie sich nicht auf schuld‑ oder subsumtionsrelevante Umstände (siehe aber RIS‑Justiz RS0106268).
Hinzugefügt sei, dass die Entscheidungsgründe die Übergabe des angesprochenen Betrags an den Beschwerdeführer ohnedies zweifelsfrei zum Ausdruck bringen (US 5 f).
Die Beschwerdeausführungen dazu, was „sich das getäuschte Opfer gedacht“ habe, sind unverständlich, weil die Tat nach den Urteilskonstatierungen (US 6 f) zufolge misslungener Täuschung im Versuchsstadium (§ 15 StGB) geblieben ist.
Zum Einwand der Rechtsrüge (Z 9 lit a), das Erstgericht habe den Empfänger der in Rede stehenden 45.000 Euro nicht hinreichend deutlich festgestellt, wird vorweg auf die Erwägungen bezüglich des korrespondierenden Vorbringens der Mängelrüge verwiesen. Da die Beschwerde insoweit weder die behauptete Subsumtionsrelevanz aus dem Gesetz ableitet noch von den Konstatierungen des Erstgerichts ausgeht, entzieht sie sich einer meritorischen Erledigung (RIS‑Justiz RS0116565 und RS0116569 sowie RIS‑Justiz RS0099810).
Weshalb hier Feststellungen zur Absichtlichkeit (§ 5 Abs 2 StGB) erforderlich sein sollen, obwohl weder der Grundtatbestand des Betrugs (§ 146 StGB) noch der hier interessierende Qualifikationstatbestand (§ 147 Abs 2 StGB) diese Vorsatzform verlangt, wird nicht aus dem Gesetz abgeleitet.
Die pauschale Behauptung, es fehle der angefochtenen Entscheidung an „einen Schuldspruch tragenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite“, argumentiert nicht auf der Basis der diesbezüglichen Urteilskonstatierungen (US 6 f) und entfernt sich solcherart vom Bezugspunkt materiell‑rechtlicher Nichtigkeit.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Helmut S*****:
Da der Beschwerdeführer binnen vier Wochen nach der Zustellung einer Urteilsabschrift (ON 80 S 18) keine Ausführung seiner Beschwerdegründe überreichte und auch bei der Anmeldung die Nichtigkeitsgründe nicht einzeln und bestimmt bezeichnete, war auf seine Beschwerde vom Obersten Gerichtshof keine Rücksicht zu nehmen (§ 285 Abs 1 zweiter Satz StPO).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher gemäß § 285d Abs 1 StPO – ebenso wie die im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung des Angeklagten Helmut S***** wegen des Ausspruchs über die Schuld – schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufungen gegen den Ausspruch über die Strafe kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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