OGH 10ObS159/17f

OGH10ObS159/17f17.4.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Fichtenau und den Hofrat Mag. Ziegelbauer, sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Werner Hallas (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Herbert Böhm (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr. E*****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl Rechtsanwalts-gesellschaft mbH in Graz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist‑Straße 1, wegen Feststellung von Versicherungszeiten, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 10. November 2017, GZ 7 Rs 41/17d‑12, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:010OBS00159.17F.0417.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Strittig ist im Verfahren gemäß § 247 Abs 1 ASVG, ob für den Zeitraum von 1. 7. 2012 bis 31. 5. 2013 (weitere) Pensionsversicherungszeiten der Klägerin vorliegen.

Für diesen Zeitraum stellte die beklagte Pensionsversicherungsanstalt mit dem angefochtenen Bescheid, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, unstrittig bereits durchgehend Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit (freier Dienstvertrag gemäß § 4 Abs 4 ASVG) fest.

Die im Verfahren erster Instanz bereits qualifiziert vertretene Klägerin begehrte von der Beklagten, „den Zeitraum 1. 7. 2012 bis 31. 5. 2013 als Pensionsversicherungszeiten, nämlich als Zeiten der Kindererziehung, festzustellen“.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichts infolge der Berufung der Beklagten dahin ab, dass es in seinem Urteil den Inhalt des angefochtenen Bescheides wiederholte und das Mehrbegehren auf Feststellung von weiteren Pensionsversicherungszeiten im Zeitraum von 1. 7. 2012 bis 31. 5. 2013 abwies. Das Berufungsgericht ließ die Revision nicht zu.

Mit einem in seine Entscheidung aufgenommenen Beschluss wies das Berufungsgericht das Klagebegehren, soweit es auf „Feststellung des Zeitraumes 1. 7. 2012 bis 31. 5. 2013 als Zeiten der Kindererziehung gerichtet ist“, mangels Vorliegens einer Sozialrechtssache gemäß § 65 Abs 1 Z 4 ASGG zurück.

Rechtliche Beurteilung

Mit ihrer gegen das Urteil des Berufungsgerichts gerichteten außerordentlichen Revision zeigt die Klägerin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf.

1. Gegenstand des Verfahrens gemäß § 247 Abs 1 ASVG ist die Feststellung von Versicherungszeiten. Die bescheidmäßige Feststellung erstreckt sich nicht nur auf die Feststellung bestimmter Zeiten als Beitrags‑, Ersatz‑ oder neutrale Zeiten, sondern auch auf die Frage ihrer Anrechenbarkeit (10 ObS 69/16v). Die Feststellung des Pensionsversicherungsträgers hat sich daher lediglich auf die Anzahl der auf diese Weise qualifizierten und anrechenbaren Versicherungsmonate zu beschränken. Weder hat der Pensionsversicherungsträger in diesem vorgezogenen Teil des Leistungsverfahrens eine Entscheidung über Beitragsgrundlagen noch über die Beitragshöhe zu treffen (Panhölzl in SV‑Komm [118. Lfg] § 247 ASVG Rz 5). Diese vom Berufungsgericht beachtete Rechtsprechung zieht die Revisionswerberin nicht in Zweifel.

2.1 Die Klägerin will, wie sich auch aus ihren Ausführungen in der Revision ergibt, erreichen, dass die von der Beklagten bereits als Pflichtversicherungszeiten einer Erwerbstätigkeit festgestellten Monate von Juli 2012 bis Mai 2013 auch als (insofern: „weitere“) anrechenbare Ersatzzeiten für die Kindererziehung gemäß § 227a Abs 1 ASVG festgestellt werden, weil sie ein von ihr innerhalb dieses Zeitraums in (Krisen‑)Pflege übernommenes Kind unentgeltlich gepflegt habe.

2.2 Damit zeigt die (nach dem 1. 1. 1955 geborene) Klägerin aber schon deshalb keine Korrekturbedürftigkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts auf, weil die hier strittigen Zeiten nicht vor dem 1. 1. 2005 liegen und daher nicht als Ersatzzeiten gemäß § 227a Abs 1 ASVG qualifiziert werden können. Es bedarf aus diesem Grund auch keiner Auseinandersetzung mit der in der außerordentlichen Revision inhaltlich erkennbar angesprochenen Frage, ob die Klägerin Ersatzzeiten der Kindererziehung nach dieser Bestimmung allenfalls parallel zu Beitragszeiten erworben haben könnte (vgl § 231 Z 4 ASVG; Panhölzl in SV‑Komm [117. Lfg] § 231 ASVG Rz 24), und ob dies – trotz der Bestimmung des § 233 ASVG – einer Feststellung gemäß § 247 Abs 1 ASVG zugänglich wäre.

2.3 Bei den von der Klägerin geltend gemachten Zeiten der Kindererziehung als weitere Zeiten der Pensionsversicherung könnte es sich lediglich um (Beitrags‑)Zeiten einer Teilversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 8 Abs 1 Z 2 lit g ASVG handeln (dazu näher RIS‑Justiz RS0126271; RS0125347). Diese Beitragszeiten decken sich jedoch unstrittig zeitlich mit den von der Beklagten bereits festgestellten Beitragszeiten einer Erwerbstätigkeit im Zeitraum 1. 7. 2012 bis 31. 5. 2013, sodass sie bereits gemäß § 231 Z 1 ASVG nur einfach zu zählen sind. Dass die in dieser Bestimmung vom Gesetzgeber vorgesehene Reihenfolge für die Zählung von der Beklagten unrichtig angewandt worden wäre, behauptet die Klägerin in ihrem Rechtsmittel nicht. Die Frage, ob oder welche Auswirkung die von der Klägerin behaupteten Beitragszeiten einer Teilversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 8 Abs 1 Z 2 lit g ASVG auf die voraussichtliche Pensionshöhe haben, ist, wovon auch die Revisionswerberin ausgeht, nicht in diesem Verfahren zu prüfen.

3. Da die von der Klägerin begehrte Feststellung von weiteren Pensionsversicherungszeiten bereits aus diesen Gründen vom Berufungsgericht in vertretbarer Weise als nicht berechtigt angesehen wurde, bedarf es keiner Auseinandersetzung mit den weiteren in der außerordentlichen Revision aufgeworfenen Rechtsfragen zur behaupteten Stellung der Klägerin als Pflegemutter und zur behaupteten Unentgeltlichkeit der Pflege.

Stichworte