OGH 1Ob31/18t

OGH1Ob31/18t21.3.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** S*****, vertreten durch Mag. Bertram Fischer, Rechtsanwalt in Mondsee, gegen die beklagten Parteien 1. A***** B*****, und 2. T***** G*****, beide vertreten durch Dr. Guido Lepeska, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 46.487,50 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 20. Dezember 2017, GZ 2 R 166/17w‑38, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wels vom 22. September 2017, GZ 26 Cg 22/16p‑34, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00031.18T.0321.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist zwar ein Eventualbegehren, also ein Begehren, dessen Verhandlung und Entscheidung von der Bedingung abhängig ist, dass dem unbedingt gestellten Hauptbegehren nicht stattgegeben wird (RIS‑Justiz RS0037585; vgl auch RS0074353), zulässig, nicht aber ein alternatives Klagebegehren, womit dem Gericht die Auswahl überlassen wird, welchem Begehren es stattgibt (RIS‑Justiz RS0119632; zuletzt 1 Ob 141/17t mwN).

Das Berufungsgericht hat den Urteilsantrag des Klägers und die dazu vorgebrachten Tatsachen als unzulässiges Alternativbegehren qualifiziert. Die Auslegung des Prozessvorbringens einer Partei ist stets eine Frage des Einzelfalls, deren Lösung regelmäßig nicht von der Beantwortung einer im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage abhängt (vgl nur RIS‑Justiz RS0042828). Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts vermag der Revisionswerber nicht aufzuzeigen. Er hat im Verfahren erster Instanz insbesondere nicht – wie etwa der Kläger im Verfahren zu 1 Ob 141/17t – dargelegt, dass er Ersatz für die behaupteten Schäden entsprechend einer bestimmten Reihung einzelner Schadenspositionen bis zum Erreichen des Klagebetrags begehre. Vielmehr hat er nach Behauptung eines Vermögensnachteils aus einem Deckungskauf ausgeführt, ihm sei „ein bzw dieser Schaden“ auch als Rettungsaufwand entstanden, und die Geltendmachung des vermeintlichen konkret berechneten Schadens mit dem behaupteten Rettungsaufwand lediglich durch das Wort „sonst“ verbunden.

2. Der Vorwurf, die Vorinstanzen hätten sich mit dem geltend gemachten Schaden in Form eines Rettungsaufwands inhaltlich nicht auseinandergesetzt und ihm auch keine Möglichkeit gegeben, klarzustellen, dass er insoweit ein Eventualbegehren erheben wolle, geht aber auch deshalb ins Leere, weil sich angesichts des festgestellten Sachverhalts der begehrte Schadenersatz schon dem Grunde nach als unberechtigt erweist.

Im Bereich der (hier einschlägigen) Verschuldenshaftung aus Vertragsverletzung reicht das Vorliegen eines rechts‑ bzw vertragswidrigen schadenskausalen Handelns für die Begründung einer Schadenersatzpflicht noch nicht aus; vielmehr muss auch ein schuldhaftes, also subjektiv vorwerfbares Fehlverhalten des Schädigers gegeben sein. Im vorliegenden Fall haben die Beklagten nach der Auslegung des Berufungsgerichts zwar im Ergebnis zu Unrecht das Bestehen eines Rücktrittsrechts angenommen, doch haben sie den Vertragspunkt 1. nach den erstgerichtlichen Feststellungen dahin verstanden, dass (auch) sie noch nachträglich vom Geschäft Abstand nehmen könnten, womit die gesamte Kaufvereinbarung hinfällig werde; der Erstbeklagte hätte die Vereinbarung ohne Rücktrittsmöglichkeit gar nicht unterschrieben. Angesichts dieser Feststellungen stellt sich nur noch die Rechtsfrage, ob den Beklagten unter den gegebenen Umständen ihr Irrtum über das Bestehen eines Rücktrittsrechts als Verschulden vorwerfbar war; weitere Tatsachenbehauptungen zum fehlenden Verschulden im Sinne des § 1298 ABGB waren hingegen nicht erforderlich.

Auch wenn den Beklagten bei ihrer Auslegung des vom Kläger formulierten Textes letztlich nicht zu folgen sein mag, ist der ihnen unterlaufene Rechtsirrtum nicht als Verschulden vorwerfbar, können die verwendeten Worte „von diesem Geschäft Abstand nehmen“ doch (gerade) von juristischen Laien auch als Einräumung eines nachträglichen Rücktrittsrechts und nicht bloß als Bezugnahme darauf verstanden werden, dass einer der beiden potentiellen Verkäufer den Vertrag von vornherein nicht abschließt. Die durch die gewählte Formulierung hervorgerufene Unklarheit wird noch dadurch gefördert, dass im Vertragstext immer wieder von den „Kaufwerbern“ die Rede ist, was zusätzlich auf eine mangelnde endgültige Bindung hindeutet. Darüber hinaus enthält die von den Beklagten unterfertigte Urkunde einen Kaufpreis von (nur) 86.220 EUR und keine Regelung über die auf den Grundstücken geplante Straße (Servitutsweg), obwohl feststeht, dass der „allseits akzeptierte und vereinbarte Gesamtpreis“ für das Gesamtgrundstück 122.624 EUR betragen sollte.

Schließlich ist nicht zu vernachlässigen, dass sogar der (juristisch ausgebildete) Erstrichter die fragliche Formulierung als „Ausstiegsklausel“ (auch) für die Beklagten verstand. Es erschiene zweifellos überzogen, einem Facharbeiter und einer Küchengehilfin daraus einen Verschuldensvorwurf zu machen, dass sie dem ihnen vom Kläger vorgelegten Text eben dieses Verständnis beigemessen haben.

3. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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