European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00004.18I.0314.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Samir J***** des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 6. März 2016 in L***** Sami M***** vorsätzlich zu töten versucht, indem er ihm mit einem Klappmesser mit einer Klingenlänge von 8 cm mehrere wuchtige Messerstiche gegen den Oberkörper versetzte.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 5, 6, 8, 9 und 13 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Entgegen der Verfahrensrüge (Z 5) wies das Erstgericht den Antrag auf „Durchführung eines Lokalaugenscheines und einer Tatrekonstruktion“ (ON 265 S 23) ohne Verletzung von Verteidigungsrechten ab (ON 265 S 24). Der Beweisantrag zielte auf den Nachweis, dass „der Zeuge Dolunay Ü***** am Vorfallstag die angeblichen Handlungen des Angeklagten nicht wahrgenommen hat und auch nicht wahrnehmen konnte“ (ON 265 S 24), und solcherart auf einen erheblichen Umstand, nämlich die Beweiskraft der Aussage des genannten Zeugen (13 Os 127/03, RZ 2004, 139; RIS‑Justiz RS0028345 und RS0098429, jüngst 13 Os 4/17p). Da der Antrag nicht erkennen ließ, weshalb die Durchführung eines Lokalaugenscheins – vor allem mit Blick auf die in der Hauptverhandlung vorgekommenen Lichtbilder vom Tatort (ON 265 S 15 iVm ON 196 S 11 bis 19) – die diesbezügliche Entscheidungsbasis verbreitert hätte, zielte er auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung (14 Os 100/04, SSt 2005/11; RIS‑Justiz RS0118444). Entsprechendes gilt für das auf Tatrekonstruktion „unter Hinzuziehung von 12 Personen von der ungefähren Statur des Angeklagten“ gerichtete Begehren, weil nicht klar wird, aufgrund welcher Verfahrensergebnisse es möglich sein sollte, den exakten Tathergang einschließlich der genauen Position aller zur Tatzeit am Tatort anwesenden Personen nachzuvollziehen.
Die Fragenrüge (Z 6) vermisst unter Hinweis auf die Verantwortung des Beschwerdeführers, wonach er Sami M***** nicht verletzt, sondern bloß nach der Tat die Tatwaffe in die Hand genommen hätte (ON 263 S 6 ff), eine Eventualfrage nach dem Verbrechen der schweren Körperverletzung im Sinn des § 84 Abs 5 StGB. Damit bringt sie den herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungskonform zur Darstellung, weil die begehrte Fragestellung durch die angesprochene Aussage nach den Gesetzen logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen nicht indiziert wird ( Lässig , WK‑StPO § 314 Rz 3 mwN).
Die Instruktionsrüge (Z 8) verfehlt mit der Forderung nach Darlegungen zum Tatbestand des § 84 Abs 5 StGB den gesetzlichen Bezugspunkt, weil die Rechtsbelehrung gemäß § 321 Abs 2 StPO nur für solche Fragen zu erteilen ist, die den Geschworenen tatsächlich gestellt werden (SSt 48/74, RIS‑Justiz RS0101085 und RS0125434, jüngst 11 Os 35/17g).
Das Vorbringen zur Z 9 des § 345 Abs 1 StPO, wonach keine Beweise vorlägen, welche „die Tat des Angeklagten tatsächlich beweisen“, und der Einwand, dass die „Vorgeschichte“ sowie der „Tatbeitrag“ des Opfers „in die Fragestellung miteinfließen hätte müssen“, lassen keinen Konnex zu den Kriterien des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes erkennen.
Indem die Sanktionsrüge (Z 13) eine andere Gewichtung der vom Erstgericht in Anschlag gebrachten besonderen Erschwerungs‑ und Milderungsgründe fordert, erstattet sie bloß ein Berufungsvorbringen (RIS‑Justiz RS0099920, jüngst 13 Os 68/17z).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 344 StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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