European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00014.18K.0314.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Robert S***** der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (A) und der fortgesetzten Gewaltausübung nach (richtig) § 107b Abs 1 StGB (B/I), des Verbrechens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, Abs 3 Z 1, Abs 4 vierter Fall StGB (B/II) sowie des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (C) schuldig erkannt.
Danach hat er in F***** und an anderen Orten
(A) im September oder Oktober 2008 Dominika K***** am Körper verletzt, indem er ihr einen Faustschlag gegen das Gesicht und – nachdem sie zu Boden gestürzt war – Tritte gegen den Körper versetzte,
(B) gegen andere mit einer Regelmäßigkeit von zunächst einmal und in der Folge mehrmals pro Woche durch Schläge mit der flachen Hand, der Faust und einem Gürtel sowie durch im Urteil detailliert beschriebene, den Tatbeständen des § 105 Abs 1 StGB und des § 107 Abs 1 StGB entsprechende Drohungen fortgesetzt Gewalt ausgeübt, nämlich
I) gegen Dominika K***** vom 1. Juni 2009 bis zum 18. Oktober 2012 und vom 10. Februar 2014 bis zum 31. August 2015 sowie
II) gegen die am 7. Dezember 2000 geborene, sohin unmündige Sara K***** vom Herbst 2009 bis zum Spätsommer 2013, somit länger als ein Jahr, weiters
(C) am 26. Dezember 2016 Dominika K***** gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er ihr im Weg einer Kurzmitteilung zumindest eine Körperverletzung ankündigte und ihr nahelegte, auf „sich und ihren neuen Lebensgefährten aufzupassen“.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus (richtig) Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Indem die Rechtsrüge Verjährung der Strafbarkeit (§ 57 StGB) der im September oder Oktober 2008 begangenen Körperverletzung (A) einwendet, ohne von den Feststellungen auszugehen, wonach der Beschwerdeführer im Anschluss daran laufend weiterdelinquierte (US 5 bis 11), verfehlt sie den Bezugspunkt materiell‑rechtlicher Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).
Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO sei hinzugefügt, dass der Beschwerdeführer nach den bezeichneten Konstatierungen vom 1. Juni 2009 bis zum 18. Oktober 2012 und vom 10. Februar 2014 bis zum 31. August 2015 das Vergehen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB, vom Herbst 2009 bis zum Spätsommer 2013 das Verbrechen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, Abs 3 Z 1, Abs 4 vierter Fall StGB und am 26. September 2016 das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB beging und eine staatsanwaltliche Antragstellung auf Durchführung von im 8. Hauptstück der StPO geregelten Beweisaufnahmen nach der Aktenlage erstmals am 10. Oktober 2016 erfolgte (ON 1 S 1), womit die Verjährung der Strafbarkeit der vom Schuldspruch A umfassten Tat mit Blick auf die Bestimmungen des § 58 Abs 2 StGB und des § 58 Abs 3 Z 2 StGB nicht eingetreten ist.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Unter dem Aspekt amtswegiger Urteilsprüfung (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO) wird überdies festgehalten, dass der Beschwerdeführer durch die vom Schuldspruch B/I umfassten Taten (nicht bloß ein, sondern) zwei Vergehen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB begangen hat, weil er nach den Feststellungen des Erstgerichts vom Juni 2009 bis zum Oktober 2012 und vom Februar 2014 bis zum August 2015, nicht jedoch dazwischen, entsprechende Gewaltakte setzte. Das Tatbestandselement, „fortgesetzt“ Gewalt auszuüben, drückt aber das Erfordernis einer gewissen Regelmäßigkeit aus, womit Gewaltakte, die nach einer größeren zeitlichen Unterbrechung (hier rund eineinhalb Jahre) gesetzt wurden, nicht in eine iSd § 107b Abs 1 StGB gebildete Subsumtionseinheit aufzunehmen sind (vgl 12 Os 72/14a, SSt 2014/32; RIS‑Justiz RS0129716, Schwaighofer in WK 2 StGB § 107b Rz 23 sowie Winkler SbgK § 107b Rz 106). Da der aufgezeigte Rechtsfehler nicht zum Nachteil des Angeklagten wirkt, hat er aus dem Blickwinkel allfälligen amtswegigen Vorgehens auf sich zu beruhen.
Die Entscheidung über die Berufungen und die gemäß § 498 Abs 3 dritter Satz StPO als erhoben zu betrachtende Beschwerde gegen den Beschluss auf Verlängerung von Probezeiten kommt dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)