OGH 11Os16/18i

OGH11Os16/18i13.3.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. März 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Albu als Schriftführer in der Strafsache gegen Herbert K***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 vierter Fall, Abs 4 Z 3 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11. Dezember 2017, GZ 82 Hv 95/17s‑79, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0110OS00016.18I.0313.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Herbert K***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 vierter Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.

Danach hat er in W***** und an anderen Orten

I./ im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit Boban A***** und Dalibor D***** von 28. März bis 4. April 2017 vorschriftswidrig Suchtgift, und zwar zwei Kilogramm Kokain, enthaltend 85,3 % Cocain, in einer das 25‑fache der Grenzmenge übersteigenden Menge der Vertrauensperson „Luka“ zu einem Preis von 90.000 Euro angeboten,

II./ am 4. April 2017 vorschriftswidrig Suchtgift und zwar 500 Gramm, enthaltend 85,3 % Cocain, in einer das 25‑fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) vielfach übersteigenden Menge der Vertrauensperson „Luka“ zu einem Preis von 25.000 Euro angeboten.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Der Beschwerde zuwider besteht zwischen der Feststellung, wonach die Mittäter A***** und D***** mit einer montenegrinischen Tätergruppe in Verbindung standen, sich entschlossen, für diese tätig zu werden, auf den Angeklagten zugingen und mit ihm übereinkamen, beim Anbieten des Kokains arbeitsteilig zusammenzuwirken (US 3 f), und jener, wonach ein Vorsatz des Beschwerdeführers auf Beteiligung an der erwähnten kriminellen Vereinigung oder auf Förderung von deren Interessen nicht feststellbar sei (US 6), kein Widerspruch (Z 5 dritter Fall), weil diese logisch miteinander vereinbar sind (RIS-Justiz RS0119089). Im Hinblick darauf, dass die – bloß von der Anklagebehörde angenommene (ON 38 S 3) – Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 1 SMG vom gegenständlichen Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) gar nicht umfasst ist, betrifft der Einwand im Übrigen nicht einmal eine entscheidende Tatsache (RIS-Justiz RS0099548). Weshalb Mittäterschaft (§ 12 erster Fall StGB) und Tatbegehung im Rahmen einer kriminellen Vereinigung (vgl dazu § 278 StGB) gleichzusetzen wären, bleibt in diesem Zusammenhang unverständlich.

Die Begründung der Feststellung, dass der Angeklagte und die bereits Genannten vor der Tatbegehung zu I./ übereingekommen waren, beim Anbieten des Kokains arbeitsteilig zusammenzuwirken (US 3 f), mit aus den Angaben des anonym vernommenen Zeugen „Luka“ und jenen des Angeklagten zum Ablauf der Gespräche gezogenen Schlüssen (US 6–9) ist unter dem Aspekt des § 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO nicht zu beanstanden.

Ebensowenig blieb in diesem Zusammenhang unberücksichtigt (Z 5 zweiter Fall), dass bei den Treffen zwischen „Luka“, den Mittätern und dem Angeklagten auch serbisch gesprochen wurde und Letzterer dieser Sprache nicht mächtig ist (US 9).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) kritisiert, das Erstgericht hätte zu I./ eine „bloße Anwesenheit“ des Angeklagten beim (ersten) Treffen am 20. März 2017 als Mittäterschaft gewertet, vernachlässigt jedoch prozessordnungswidrig (RIS-Justiz RS0099810) die Gesamtheit der Entscheidungsgründe, wonach der Angeklagte danach am 28. März sogar allein Verhandlungsgespräche mit „Luka“ über Menge (1,5 bis 2 Kilogramm) und Kilogrammpreis (45.000 Euro) führte und am 29. März bei einem weiteren Treffen zwischen „Luka“, A***** und dem (arbeitsteilig ua mit diesem zusammenwirkenden) Angeklagten die Übergabe von zwei Kilogramm Kokain für den 31. März vereinbart wurde, wobei es auch Letzterem darauf ankam, „Luka“ gemeinsam mit den anderen insgesamt zwei Kilogramm Kokain zum Preis von 90.000 Euro anzubieten (US 4 f). Weshalb es darüber hinaus genauerer Feststellungen zur konkreten Verhandlungssprache bei den Gesprächen vom 29. März und 30. März (wo bloß der bereits am 29. März vereinbarte Übergabetermin auf den 1. April verschoben wurde – US 5) bedurft hätte, um zu I./ eine (auch) vom Beschwerdeführer mitgetragene bindende Offerte der arbeitsteilig agierenden Tätergruppe (vgl RIS‑Justiz RS0125860) annehmen zu können (vgl US 5, 9, 11), macht die Beschwerde nicht klar.

Mit nach Art einer Schuldberufung dargelegten beweiswürdigenden Überlegungen stellt der Beschwerdeführer auch zu II./ das Vorliegen eines ernst gemeinten und verbindlichen Anbots von Kokain durch den Angeklagten (als Alleintäter) in Abrede (Z 9 lit a), ignoriert jedoch die allein maßgeblichen Urteilsannahmen, wonach er „Luka“ am 4. April erklärte, diesem ein halbes Kilo Kokain zum Preis von 25.000 Euro übergeben zu können, wobei es ihm darauf ankam, dem Genannten eine das 25-fache der Grenzmenge für Kokain übersteigende Menge an Kokain, die er auch liefern wollte, zum Kauf anzubieten. Weshalb diese Feststellungen noch keinen ernsten und endgültigen Bindungswillen des Angeklagten zum Ausdruck bringen sollten, lässt die Beschwerde offen. Ebensowenig erklärt sie, weshalb es zur rechtsrichtigen Beurteilung darüber hinaus einer Konstatierung bedurft hätte, dass (auch) „Luka“ von einem entsprechenden Bindungswillen des Angeklagten in Bezug auf ein ernst genommenes und „echtes“ Angebot ausgegangen ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte