OGH 15Os10/18m

OGH15Os10/18m14.2.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Februar 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Albu als Schriftführer in der Strafsache gegen Danijel L***** wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Geschworenengericht vom 18. Oktober 2017, GZ 37 Hv 79/17b‑157, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0150OS00010.18M.0214.000

 

Spruch:

 

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in seinem Ausspruch nach § 21 Abs 2 StGB, demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Ihm fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde – soweit hier relevant – Danijel L***** des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB (B./II./), des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 2 erster Fall StGB (C./), der Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (A./I./, B./I./), des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB (A./II./), des Verbrechens der erpresserischen Entführung nach § 102 Abs 1 StGB (B./III./), des Vergehens der Tierquälerei nach § 222 „Abs 1 und“ Abs 3 StGB (D./), der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (E./I./, II./, III./), der Vergehen der Unterdrückung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB (F./) sowie des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB (G./I./, II./ und III./) schuldig erkannt.

Danach hat er

A./ am 20. Dezember 2016 in I***** die im siebenten Monat schwangere Maria H*****

I./ dadurch, dass er sie unvermittelt von hinten erfasste, zu Boden riss, ihr mit seinen Füßen mehrfach gegen den Kopfbereich trat und ihr dann die Handtasche (unter anderem) beinhaltend ca 190 Euro an Bargeld sowie ein Mobiltelefon der Marke Samsung Galaxy S4 entriss, mit Gewalt gegen eine Person dieser fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

II./ durch die unter Punkt A./I./ angeführten Tätlichkeiten vorsätzlich am Körper verletzt und dabei vorsätzlich eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) zuzufügen versucht;

B./ am 21. Dezember 2016 in I***** Sissy B*****

I./ dadurch, dass er sie von hinten niederschlug, ihr mehrfach Schläge oder Tritte gegen den Körper und insbesondere den Kopf versetzte und sie heftig würgte, was konkret lebensgefährliche (an sich schwere und mit mehr als 24‑tägiger Dauer verbundene) Verletzungen, nämlich neben „einer relevanten Strangulation in Form eines Drosselungsvorganges“ ein Schädel-Hirn-Trauma mit Einblutungen der weichen Hirnhäute und oberflächlichen Hirnrindenverletzungen, Durchquetschungen der Weichteile an der linken Wange und an der rechten Hälfte der Oberlippe, diverse Weichteilprellungen und Schwellungen sowie einen Augenhöhlenbodenbruch rechts zur Folge hatte, und ihr nachfolgend ihr Auto und weitere unbekannte Wertsachen wegnahm, mit Gewalt gegen eine Person dieser fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

II./ durch die unter Punkt (richtig:) B./I./ umschriebenen Tätlichkeiten vorsätzlich zu töten versucht;

III./ ohne deren Einwilligung mit Gewalt, indem er sie nach den unter Punkt (richtig:) B./I./ und II./ umschriebenen Tätlichkeiten in deren Auto zerrte und damit losfuhr, entführt, um einen Dritten zu einer Handlung, nämlich zur Bezahlung von Lösegeld von 5.000 Euro zu nötigen;

C./ am 22. Dezember 2016 in I***** Berta J***** dadurch, dass er frontal auf sie zuging, ihr einen so wuchtigen Faustschlag gegen den linken Kopfbereich versetzte, sodass diese nieder- und mit dem Kopf auf den Boden fiel, was eine Rissquetschwunde im Bereich der linken Ohrmuschel und davon unabhängig mehrere Schädelbrüche im Bereich der Hinterkopfmitte, primäre Hirnverletzungen, Einblutungen in die Hirnhäute, eine Rissquetschwunde am linken Ellenbogen mit Eröffnung des Schleimbeutels sowie eine Prellmarke am rechten Ellenbogen, sohin insgesamt potentiell lebensgefährliche, an sich schwere, mit mehr als 24-tägiger Dauer verbundene Verletzungen zur Folge hatte, und ihr nachfolgend deren Pkw sowie weitere Wertsachen wegnahm, mit Gewalt gegen eine Person dieser fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

D./ am 21. Dezember 2016 in I***** ein Wirbeltier mutwillig getötet, indem er anlässlich der unter Punkt B./ angeführten Tathandlungen dem Kurzhaardackel der Sissy B***** einen Fußtritt versetzte und ihn erwürgte;

E./ Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, unterdrückt und dabei mit dem Vorsatz gehandelt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar:

I./ am 20. Dezember 2016 in I***** im Zuge des unter Punkt A./ angeführten Tatgeschehens den in der Handtasche befindlichen Führerschein der Maria H***** und ihre ebenfalls darin befindliche E‑Card;

II./ am 22. Dezember 2016 in Z***** das dem auf Kurt K***** zugelassenen Pkw der Marke VW Golf zugehörige Kennzeichentafelpaar *****;

III./ am 22. Dezember 2016 in I***** im Zuge des unter Punkt C./I./ umschriebenen Tatgeschehens das dem auf Berta J***** zugelassenen Pkw der Marke Ford Fiesta zugehörige Kennzeichentafelpaar *****;

F./ am 20. Dezember 2016 in I***** im Zuge des unter Punkt A./ angeführten Tatgeschehens jeweils zwei auf Maria H***** lautende und in der weggenommenen Handtasche befindliche Kredit- und Bankomatkarten an sich genommen und dadurch unbare Zahlungsmittel, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz, deren Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, unterdrückt;

G./ am 19. Mai 2017 in I***** nachgenannte fremde bewegliche Sachen Verfügungsberechtigten folgender Unternehmen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:

I./ zum Nachteil von „P*****“ eine Jeanshose und ein Hemd im Gesamtwert von 129,90 Euro;

II./ zum Nachteil von „De*****“ ein Paar Schuhe im Wert von 44,90 Euro;

III./ zum Nachteil von „D*****“ eine Sonnenbrille im Wert von 9,90 Euro.

 

Rechtliche Beurteilung

Die ausschließlich gegen den Ausspruch nach § 21 Abs 2 StGB gerichtete, auf § 345 Abs 1 Z 13 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist berechtigt.

 

Zutreffend macht sie nämlich geltend, dass das angefochtene Urteil keine Feststellung dahin enthält, dass die konstatierte geistige oder seelische Abartigkeit höheren Grades (auch nur) für eine Anlasstat (mit‑)ursächlich geworden ist. Der Feststellung eines solchen Kausalzusammenhangs kommt jedoch entscheidende Bedeutung zu (vgl Ratz in WK² StGB § 21 Rz 11; RIS‑Justiz RS0115054 [T3]), sodass deren Fehlen Nichtigkeit des Ausspruchs nach § 21 Abs 2 StGB aus Z 13 erster Fall des § 345 Abs 1 StPO bewirkt.

Dieses Feststellungsdefizit macht die Kassation des Ausspruchs nach § 21 Abs 2 StGB und – wegen des untrennbaren Zusammenhangs (§ 289 StPO) – auch die Aufhebung des Strafausspruchs unvermeidlich (RIS‑Justiz RS0100108).

Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass nach § 21 Abs 2 StGB nur jene Taten (hier: A./I./, A./II./, B./I./, B./II./, B./III./, C./, D./) als Anlasstaten in Betracht kommen, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind.

Das angefochtene Urteil war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – im aus dem Spruch ersichtlichen Umfang schon bei der nichtöffentlichen Beratung aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck zu verweisen (§ 285e StPO).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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