OGH 15Ns89/17g

OGH15Ns89/17g23.12.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Dezember 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsache gegen Martin W***** wegen der Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB, AZ 9 U 158/17b des Bezirksgerichts St. Pölten, über den Zuständigkeitsstreit zwischen diesem Gericht und dem Bezirksgericht Kitzbühel nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 60 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo. 2005 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0150NS00089.17G.1223.000

 

Spruch:

Für die Durchführung des Verfahrens ist das Bezirksgericht St. Pölten zuständig.

 

Gründe:

Mit einem beim Landesgericht Innsbruck zu AZ 34 Hv 95/17h eingebrachten Strafantrag vom 24. August 2017 (ON 4) legt die Staatsanwaltschaft Innsbruck (unter anderem) Martin W***** als Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 „Abs 1 und Abs 2“ StGB beurteilte Taten zur Last. Danach habe er zwischen Sommer und 22. November 2016 in W***** und an anderen Orten falsche, nämlich unter fremdem Namen gefertigte Urkunden im Rechtsverkehr zum Beweis des angeblichen Suchtgiftmissbrauchs durch Daniel L***** gebraucht, indem er diese Urkunden an Beamte des Landeskriminalamts Niederösterreich aushändigte.

In der Hauptverhandlung am 6. Oktober 2017 schied die Einzelrichterin des Landesgerichts Innsbruck das Verfahren gegen den Genannten aus und trat es „zuständigkeitshalber“ dem Bezirksgericht St. Pölten ab (ON 8 S 3). Dieses trat das Verfahren am 23. Oktober 2017 dem aus seiner Sicht örtlich zuständigen Bezirksgericht Kitzbühel ab (ON 1 S 4), welches den Akt dem Bezirksgericht St. Pölten retournierte, weil dem Angeklagten angelastet werde, die falschen Urkunden den Beamten des Landeskriminalamts Niederösterreich vorgelegt zu haben, weshalb der Tatort St. Pölten sei (ON 1 S 5).

Das Bezirksgericht St. Pölten verfügte unter Hinweis auf den im Strafantrag genannten Tatort W***** die Vorlage des Akts an den Obersten Gerichtshof (ON 9).

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 36 Abs 3 erster Satz StPO ist für das Hauptverfahren das Gericht zuständig, in dessen Sprengel die Straftat ausgeführt wurde oder ausgeführt werden sollte. Vorliegend ist Gegenstand der Anklage der Gebrauch falscher Urkunden (zur stillschweigenden Subsidiarität des Verfälschens einer Urkunde gegenüber deren Gebrauch im Rechtsverkehr vgl Kienapfel/Schroll in WK 2 StGB § 223 Rz 255; RIS‑Justiz RS0095597), Tatort somit jener Ort, an dem diese im Rechtsverkehr verwendet wurden. Da der Angeklagte nach der Aktenlage die Urkunden „dem Landeskriminalamt Niederösterreich als Beweismittel gegen Daniel L***** übergeben“ haben soll (ON 2 S 4 und 27), diese Behörde in St. Pölten situiert ist (ON 2 S 25), ist das Bezirksgericht St. Pölten zur Verfahrensführung zuständig.

Stichworte