European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0150OS00129.17K.1122.000
Spruch:
Die Urteile des Landesgerichts Krems an der Donau vom 18. April 2016, GZ 38 Hv 11/16g‑10, und des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. September 2016, AZ 17 Bs 203/16a, verletzen in ihrer Begründung § 283 Abs 1 Z 2 und Abs 2 StGB.
Gründe:
Mit unbekämpft in Rechtskraft erwachsenem, in gekürzter Form ausgefertigtem Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 23. Februar 2016, GZ 36 Hv 36/15t‑9, wurde Christoph K***** des Vergehens der Aufforderung zu mit Strafe bedrohten Handlungen nach § 282 Abs 1 StGB schuldig erkannt und (der Sache nach unter Anwendung des § 37 Abs 1 StGB) zu einer Geldstrafe verurteilt.
Mit Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 18. April 2016, GZ 38 Hv 11/16g‑10, wurde Christoph K***** des Vergehens der Verhetzung nach § 283 Abs 1 Z 2 und Abs 2 StGB schuldig erkannt und unter Bedachtnahme nach § 31 Abs 1 StGB auf das zuvor genannte Urteil zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt, die nach § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat Christoph K***** am 22. Jänner 2016 in L***** öffentlich auf eine Weise, dass es einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wird, in der Absicht, die Menschenwürde anderer zu verletzen, eine nach den Kriterien der Religion bezeichnete Gruppe, nämlich die Muslime, in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, diese Gruppe in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen, indem er auf seine öffentlich zugängliche Facebook-Seite ein Bild stellte, das eine Schafherde und mehrere dunkelhäutige Menschen zeigt, welches mit der Überschrift „Swinger-Club für Muslime“ und dem Untertitel „Eine neue Anlaufstelle für dieses perverse Sodomie‑Islamistengesindel“ versehen ist.
Nach den Urteilsfeststellungen (US 2 f) teilte Christoph K***** am 22. Jänner 2016 in L***** vor einer breiten Öffentlichkeit auf seinem Facebook-Profil ein Bild, welches eine Schafherde und mehrere dunkelhäutige Menschen zeigt und mit der im Urteilsspruch näher bezeichneten Überschrift und Bildunterschrift versehen war. Er wusste und wollte dabei, dass durch dieses Bild Angehörige der islamischen Religionsgemeinschaft auf eine Art und Weise beschimpft werden, die geeignet ist, diese Gruppe in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen und herabzusetzen. Auch hatte der Angeklagte dabei die Absicht, die Menschenwürde anderer durch die Verbreitung dieses Bildes auf seinem Facebook-Profil zu verletzen.
Der Angeklagte wies zum Tatzeitpunkt 516 „Freunde“ auf seinem öffentlich zugänglichen Facebook-Profil auf und wusste, dass „diese sowie die breite Öffentlichkeit“ alle seine Einträge und vor allem auch das gegenständliche Bild einsehen können. Er wollte dabei dieses Bild allen seinen „Freunden“ sowie jedem, „der zufällig auf seine Facebook-Seite schaut“, zur Kenntnis bringen. An einem nicht feststellbaren Tag nach dem 23. Februar 2016 (Tag der Hauptverhandlung und Urteilsfällung im Verfahren AZ 36 Hv 36/15t des Landesgerichts Krems an der Donau) beantragte der Angeklagte die Löschung seines gesamten Facebook-Accounts, die in der Folge spätestens am 7. März 2016 durchgeführt wurde.
In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht – soweit hier von Interesse – die Voraussetzungen für eine Bedachtnahme nach § 31 Abs 1 StGB, weil das hier inkriminierte Posten eines Bildes mit Beschriftung und Bildunterschrift auf Facebook als Zustands-, nicht aber als Dauerdelikt zu qualifizieren sei, und es als einmal gesetzte Handlung „auch durch den Aufbau von Facebook nicht länger aktiv fortwirkt, wie auch das gesprochene Wort“. Denn das Posten einer Beschimpfung in einem sozialen Netzwerk sei durch den Klick auf „Teilen“ abgeschlossen. Zwar bestehe das Posting weiterhin bis zu einer allfälligen Löschung fort, doch sei zu berücksichtigen, dass ein Beitrag „üblicherweise bloß am Tag des Postens, eventuell noch am darauffolgenden Tag aktiv von anderen Nutzern wahrgenommen werde“. Auch im gegenteiligen Fall der Zugrundelegung eines Dauerdelikts sei keine strafrechtliche Haftung des Angeklagten bis zur Löschung seines Facebook-Profils gegeben, weil „davon auszugehen“ sei, dass der Angeklagte nach dem Teilen des Postings am 22. Jänner 2016 „einfach darauf vergessen hat, weshalb kein Vorsatz mehr gegeben war“.
Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Staatsanwaltschaft wegen Nichtigkeit und Strafe (ON 12) gab das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht mit Urteil vom 28. September 2016, AZ 17 Bs 203/16a (ON 16 des Hv‑Aktes), nicht Folge.
Dabei bekräftigte das Berufungsgericht – im hier interessierenden Zusammenhang – die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass es sich beim Straftatbestand der Verhetzung (§ 283 StGB) um ein Zustands‑, nicht aber um ein Dauerdelikt handle. Denn Äußerungs‑ und Verbreitungsdelikte (Medieninhaltsdelikte) seien nicht grundsätzlich als Dauerdelikte anzusehen. Durch die Neufassung des Vergehens der Verhetzung nach § 283 Abs 1 StGB durch das StRÄG 2015 dahingehend, dass der Täter öffentlich auf eine Weise, dass es vielen Menschen zugänglich wird, die hetzerischen Inhalte verbreitet, sei dieses Delikt zwar als Erfolgsdelikt (im Sinn des § 67 Abs 2 StGB) einzustufen, daraus aber nicht auf dessen Einordnung auch als Dauerdelikt zu schließen. Ob nämlich ein bestimmter Straftatbestand ein Dauerdelikt normiere, sei unter Bedacht auf den Sinn des Zeitworts, mit dem das verpönte Täterverhalten umschrieben werde, durch dessen Auslegung zu ermitteln. Für ein Dauerdelikt sei kennzeichnend, dass durch die Handlungen ein andauernder Erfolg geschaffen werde, dessen Bestehenlassen selbst zum Tatbild gehöre. Bei einem Dauerdelikt werde solcherart durch die Straftat ein rechtswidriger Zustand geschaffen, den der Täter in der Folge aufrecht erhalte und durch dessen Fortdauer der Straftatbestand ununterbrochen weiter verwirklicht werde. In Bezug auf den Tatbestand der Verhetzung trete die formelle Deliktsvollendung mit dem Zugänglich-Werden im Sinn des § 283 Abs 1, 2 und 4 StGB ein, das Bestehenlassen selbst gehöre jedoch – insbesondere weil dieses oftmals dem Einfluss dessen, der die hetzerischen Inhalte verbreitet habe, entzogen sei – nicht zum Tatbild. Eine Differenzierung nach den Verbreitungsmedien verbiete sich.
Die Urteile des Landesgerichts Krems an der Donau und des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht stehen – wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Rechtliche Beurteilung
1./ Die Bedachtnahme auf ein früheres Urteil nach § 31 Abs 1 erster Satz StGB setzt voraus, dass die nun abzuurteilende Tat nach der Zeit ihrer Begehung schon in dem früheren Verfahren hätte abgeurteilt werden können, mithin eine gemeinsame Verfahrensführung in erster Instanz möglich gewesen wäre. Sämtliche der nachträglichen Verurteilung zu Grunde liegenden Taten müssen also – ein Dauerdelikt zur Gänze – vor dem Vor-Urteil erster Instanz begangen (§ 67 Abs 1 StGB) worden sein (RIS‑Justiz RS0090813 [T15]; Ratz in WK² StGB § 31 Rz 2). § 67 Abs 1 StGB, welcher die Zeit der Tat regelt, bestimmt, dass der Täter eine mit Strafe bedrohte Handlung zu der Zeit begangen hat, da er gehandelt hat oder hätte handeln sollen; wann der Erfolg eintritt, ist nicht maßgebend. Demnach wird die Tat so lange begangen, als die Handlung oder Unterlassung andauert. Bei Dauerdelikten beginnt somit der Zeitraum der Tat mit dem Beginn des rechtswidrigen Verhaltens und endet mit der Beendigung desselben (Salimi in WK² StGB § 67 Rz 10). Die Anwendbarkeit des § 31 Abs 1 erster Satz StGB bei Dauerdelikten setzt daher voraus, dass das der nachträglichen Verurteilung zu Grunde liegende strafbare Verhalten vor dem Zeitpunkt des Vor‑Urteils erster Instanz beendet wurde.
2./ Als Dauerdelikte werden solche Verbrechen oder Vergehen bezeichnet, bei denen einerseits die schuldhafte Herbeiführung eines Zustands durch Unterlassung oder Tätigkeit, andererseits dessen Aufrechterhaltung mit Strafe bedroht ist. Das Dauerdelikt weist somit Merkmale sowohl eines Begehungs- als auch eines Unterlassungsdelikts auf, weil einerseits die Herbeiführung des Zustands, andererseits aber auch die anschließende Unterlassung seiner Beseitigung strafrechtlich relevant erfasst werden (Öner/Schütz in Leukauf/Steininger, StGB4 § 17 Rz 19). Dauerdelikte sind zwar wie auch Zustandsdelikte mit der Herbeiführung des rechtswidrigen Zustands vollendet, im Unterschied zu diesen aber erst mit der Beseitigung dieses Zustands auch beendet. Bei den Zustandsdelikten ist die Rechtsgutbeeinträchtigung mit der Herbeiführung des beschriebenen Zustands abgeschlossen, dessen Aufrechterhaltung erfüllt nicht mehr den Tatbestand. Bei den Dauerdelikten wird dagegen durch die Aufrechterhaltung des Zustands die Rechtsgutbeeinträchtigung weiter intensiviert, sodass auch die Aufrechterhaltung (Unterlassung) den Tatbestand erfüllt. Bei den Dauerdelikten steigt der Unrechtsgehalt also auch nach der Vollendung noch weiter an, wenn und je länger der rechtswidrige Zustand aufrechterhalten wird. Insofern zählt die Aufrechterhaltung des Zustands noch zum strafrechtlich relevanten Täterverhalten (Kienapfel/Höpfel/Kert, AT15 Z 9 Rz 27 ff; Triffterer, AT² 65; Fuchs, AT I9 10/62 f). Solcherart wird bei einem Dauerdelikt durch die Straftat ein rechtswidriger Zustand geschaffen, den der Täter in der Folge aufrechterhält und durch dessen Fortdauer der Straftatbestand ununterbrochen weiter verwirklicht wird (RIS‑Justiz RS0076137). Für das Dauerdelikt ist daher kennzeichnend, dass durch die Handlungen ein andauernder Erfolg geschaffen wird, dessen Bestehenlassen selbst zum Tatbild gehört (RIS‑Justiz RS0090716).
Ob ein Straftatbestand ein Zustands‑ oder ein Dauerdelikt normiert, ist unter Bedachtnahme auf den Sinn des Zeitworts, mit dem das verpönte Täterverhalten umschrieben wird, durch dessen Auslegung zu ermitteln (RIS‑Justiz RS0090573), ergibt sich somit aus der Formulierung des jeweiligen Tatbestands, durch dessen Auslegung zu klären ist, ob er nur die Herbeiführung oder auch die Aufrechterhaltung der Rechtsgutbeeinträchtigung erfasst (Fuchs, AT I9 10/64; vgl auch Triffterer, AT² 65).
3./ § 283 Abs 1 StGB pönalisiert bestimmte „öffentlich auf eine Weise, dass es vielen Menschen zugänglich wird“, abgegebene Äußerungen. Abs 2 leg cit sieht eine Qualifikation für Fälle gesteigerter Publizität, nämlich der Tatbegehung in einem Druckwerk, im Rundfunk oder sonst auf eine Weise, wodurch die in Abs 1 bezeichneten Handlungen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich werden, vor. Das solcherart als Modalität der Tathandlung (vgl im Übrigen zur ebenfalls handlungsmodalen Kategorisierung der „durch den Inhalt eines Mediums begangenen“ Medieninhaltsdelikte in § 1 Abs 1 Z 12 MedienG: Rami in WK2 MedienG § 1 Rz 71 f; Heindl in Berka/Heindl/Höhne/Noll, Praxiskommentar MedienG3 § 28 Rz 3 f) beschriebene Bewirken eines (mit je unterschiedlicher Publizität verbundenen) Zugänglichwerdens geht über ein bloßes Zugänglichmachen hinaus und verdeutlicht, dass der in Rede stehende Tatbestand nicht nur die Herbeiführung („[erstmaliges] Zugänglichmachen“), sondern auch die Aufrechterhaltung der Rechtsgutbeeinträchtigung („Nichtbeseitigen des für die Dauer der Publizität fortwirkenden Zugänglichwerdens“) erfasst. Die Tatbestandsformulierung des § 283 Abs 1 (und Abs 2) StGB weist sohin auf die für Dauerdelikte begriffsessentielle Differenzierung zwischen Deliktsvollendung und Deliktsbeendigung hin. Im Übrigen verdeutlicht auch die bereits erwähnte Qualifikation des § 283 Abs 2 StGB, dass die von § 283 StGB – der auf die Bewahrung des öffentlichen Friedens (sowie auch auf den Schutz der Menschenwürde) ausgerichtet ist (vgl Plöchl in WK² StGB § 283 Rz 4) – pönalisierte Rechtsgutbeeinträchtigung mit der Publizität der inkriminierten Äußerungen korreliert und der in Rede stehende Straftatbestand somit auch auf die Hintanhaltung einer durch fortdauernde Publizität intensivierten Rechtsgutbeeinträchtigung ausgerichtet ist.
Es lässt sich somit festhalten, dass § 283 Abs 1 (und Abs 2; sowie auch Abs 4) StGB in den Fällen einer über den Veröffentlichungszeitpunkt hinausreichenden Publizität (eines über das erstmalige Zugänglichmachen hinausgehenden Zugänglichbleibens der Äußerung) als Dauerdelikt konzipiert ist. Dies trifft somit – anders als etwa auf eine Äußerung in einer Live-Rundfunksendung (vgl § 1 Abs 1 Z 5a lit a MedienG) – auf den hier vorliegenden Fall der bis zur Löschung andauernden Abrufbarkeit einer Veröffentlichung auf einer Facebook-Seite (Website; vgl § 1 Abs 1 Z 5a lit b MedienG) – entgegen der Rechtsansicht der beiden hier befasst gewesenen Gerichte – zu. Denn mit der fortdauernden Abrufbarkeit des tatbildlichen Postings durch eine solcherart potentiell ständig zunehmende Anzahl von Nutzern, dem mithin sukzessive anwachsenden potentiellen Rezipientenkreis war eine Intensivierung der von § 283 StGB verpönten Rechtsgutbeeinträchtigung verbunden (vgl zur Einordnung der Veröffentlichung von sogenannten „Hasspostings“ im Internet als Dauerdelikt den Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 20. Juli 2016 über die Vereinbarung mit Facebook zur Löschung von Hasspostings und Informationserteilung, GZ BMJ-S884.024/0014-IV/2016, sowie allgemein zur Einstufung von Äußerungs‑ und Verbreitungsdelikten im Internet als Dauerdelikte Ebensperger, Die Verbreitung von NS-Gedankengut im Internet und ihre strafrechtlichen Auswirkungen, ÖJZ 2002, 132 [143]).
Der vom Oberlandesgericht gegen die Annahme eines Dauerdelikts vorgebrachte Einwand eines „oftmals“ fehlenden Einflusses des Täters auf ein Fortbestehen der inkriminierten Veröffentlichung vernachlässigt – unter dem Gesichtspunkt der Struktur des Dauerdelikts als (partielles) Unterlassungsdelikt – das Tatbestandserfordernis der objektiven Möglichkeit des Täters zur Vornahme des gebotenen Tuns (vgl Hilf in WK2 StGB § 2 Rz 46; Fuchs, AT I9 37/23). Vorliegend hat der Angeklagte im Übrigen die Löschung seines (gesamten) Facebook-Accounts beantragt und wurde diese auch durchgeführt (vgl US 3 des Urteils des Landesgerichts Krems an der Donau), weshalb der Einwand auch fallaktuell ins Leere geht.
Somit wurde (zumindest) bis zur Beantragung der Löschung des inkriminierten Facebook-Postings nach der Hauptverhandlung am 23. Februar 2016 im Verfahren AZ 36 Hv 36/15t des Landesgerichts Krems an der Donau § 283 Abs 1 Z 2 und Abs 2 StGB im Sinn eines Dauerdelikts (in objektiver Hinsicht) verwirklicht. Die gegenteilige, die Grundlagen für eine Bedachtnahme nach § 31 Abs 1 StGB (in objektiver Hinsicht) somit zu Unrecht bejahende Rechtsansicht des Landesgerichts Krems an der Donau und des Oberlandesgerichts Wien verletzt daher § 283 Abs 1 Z 2 und Abs 2 StGB.
Die Gesetzesverletzung gereicht dem Verurteilten nicht zum Nachteil, sodass es mit deren Feststellung sein Bewenden hat (§ 292 letzter Satz StPO).
4./ Der Vollständigkeit halber bleibt im Übrigen Folgendes anzumerken:
Nach dem StGB (§ 57 Abs 2) beginnt bei Dauerdelikten der Lauf der Verjährungsfrist erst, sobald der rechtswidrige Zustand beendet ist (RIS‑Justiz RS0090573; Marek in WK² StGB § 57 Rz 6). Nach der für Medieninhaltsdelikte geltenden Bestimmung des § 32 MedienG beginnt die Frist für die Verjährung der Strafbarkeit eines Medieninhaltsdelikts dagegen zu der Zeit, da mit der Verbreitung im Inland begonnen wird; § 58 Abs 1 StGB ist nicht anzuwenden. Diese Bestimmung sagt indes über die Deliktsstruktur von im Internet begangenen Medieninhaltsdelikten, nämlich vorliegend über deren Einordnung als Dauerdelikt (auch ungeachtet eines mit Blick auf die kurze Verjährungsfrist möglichen Verjährungseintritts vor Deliktsbeendigung) oder Zustandsdelikt, nichts aus. Denn nach den Gesetzesmaterialien zum Mediengesetz (BGBl 1981/314; 2 BlgNR 15. GP 44 [zu § 35 RV]) wurde die von § 57 Abs 2 (und § 58 Abs 1) StGB abweichende kurze Fristenregelung aus rein pragmatischen, auf die Regelung der Verjährung beschränkten, nicht aber aus allgemeinen dogmatischen Gesichtspunkten, nämlich ganz bewusst einerseits wegen der Offenkundigkeit der Medieninhaltsdelikte und andererseits deshalb getroffen, weil sich die Verbreitungstätigkeit vielfach über einen längeren Zeitraum erstreckt, was bei Anwendbarkeit der genannten Bestimmungen des StGB zur Folge hätte, dass die Verjährungsfrist bei Medientätern häufig eine rechtspolitisch nicht erwünschte Dauer erreichen würde (vgl auch Brandstetter/Schmid , MedienG² § 32 Rz 1).
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