OGH 3Ob187/17x

OGH3Ob187/17x25.10.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

 Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*****, vertreten durch Mag. Gerwald Holper, Rechtsanwalt in Eisenstadt, dieser vertreten durch Dr. Astrid Hinterberger, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Michael Löschnig‑Tratner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 369.176,33 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. August 2017, GZ 5 R 77/17f‑148, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0030OB00187.17X.1025.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Grobe Fahrlässigkeit ist eine Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, die sich über die alltäglich vorkommenden Fahrlässigkeitshandlungen erheblich und ungewöhnlich heraushebt, wobei der Schaden als wahrscheinlich vorhersehbar ist. Grobe Fahrlässigkeit erfordert, dass der Verstoß gegen das normale Handeln auffallend und der Vorwurf im höheren Maß gerechtfertigt ist (RIS‑Justiz RS0031127 [T1]). Sie ist nur dann zu bejahen, wenn ein objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß bei Würdigung aller Umstände des konkreten Falls auch subjektiv schwerstens vorzuwerfen ist (RIS‑Justiz RS0030272). Ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt, ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen (RIS‑Justiz

RS0030309).

2. Der für Kundenbetreuung zuständige Mitarbeiter der beklagten Franchisegeberin hat im Vorfeld des Abschlusses des Franchisevertrags gegenüber der Klägerin eine objektiv unrichtige Prognose der (auch) am konkreten Standort zu erzielenden Tagesumsätze („bis zu 1.500 EUR“) abgegeben, obwohl dieser Standort, für einen Fachmann erkennbar, aus verschiedenen Gründen weniger attraktiv war als der ursprünglich in Aussicht genommene, in einem Einkaufszentrum situierte, weshalb ein Tagesumsatz von maximal 750 EUR bis 1.000 EUR erzielbar gewesen wäre.

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, das Verhalten des Kundenbetreuers der Beklagten sei in Anbetracht der Umstände bloß als leicht fahrlässig zu werten, ist nicht korrekturbedürftig: Das Berufungsgericht hat zutreffend insbesondere darauf abgestellt, dass der Klägerin, die auf eine möglichst rasche Genehmigung des von ihr ausfindig gemachten Ersatzobjekts durch die Beklagte drängte, klar sein musste, dass der Kundenbetreuer bei der gemeinsamen Besichtigung keine eigene Frequenzbeobachtung vorgenommen, sondern sich bei seiner Umsatzprognose auf die diesbezüglichen Angaben der Klägerin verlassen hat; dass die Klägerin schon zuvor (in einem E-Mail) erklärt hatte, das Objekt nicht nur selbst besichtigt und für gut geeignet befunden, sondern auch schon die (positive) Meinung ihres Steuerberaters eingeholt zu haben; und dass ihr weiters erkennbar gewesen wäre, dass es sich bei der den erzielbaren Tagesumsatz betreffenden Aussage des Kundenbetreuers erstens nur um eine Prognose (und nicht eine Zusage) und zweitens um eine insofern unpräzise Äußerung handelte, als sie sich nur auf den maximal erzielbaren Tagesumsatz und nicht auf den – für die wirtschaftliche Entscheidung über den Vertragsabschluss relevanteren – durchschnittlich zu erzielenden Umsatz bezog.

Soweit die Revisionswerberin dagegen ins Treffen führt, der Kundenbetreuer habe ihr einen jedenfalls erzielbaren Umsatz von 1.500 EUR pro Tag zugesagt, entfernt sie sich in unzulässiger Weise vom festgestellten, im Revisionsverfahren unangreifbaren, Sachverhalt.

3. Für die Klägerin ist auch aus jener Bestimmung des Franchisevertrags nichts zu gewinnen, wonach die Beklagte für von ihr im Rahmen der vertraglichen Zusammenarbeit verursachte Schäden des Franchisenehmers zwar nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit haftet, schon bei „sonstiger“ (also: leichter) Fahrlässigkeit aber dann, wenn sie Pflichten verletzt, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Franchisevertrags erst ermöglicht: Liegt es doch auf der Hand, dass die unrichtige Umsatzprognose des Kundenbetreuers für sich allein die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrags nicht vereitelte.

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