European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0240DS00002.17D.1023.000
Spruch:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Beschuldigten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde ***** der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 erster und zweiter Fall DSt schuldig erkannt.
Danach hat er – unter Verstoß gegen § 9 Abs 1 und § 10 Abs 2 RAO – in G***** als im Verfahren des Landesgerichts *****, AZ *****, beauftragter Rechtsvertreter der Klägerin mit Schreiben vom 3. Februar 2015 an den Beklagtenvertreter die ihm von der Stadt G***** am 2. Februar 2015 per Post übermittelte Aufstellung unter dem Titel „Verdienstentgang Sigrid S*****“ zum Beweis einer erhobenen Forderung in Kopie übermittelt, wobei er die fünfte Spalte („nachträglich zur Auszahlung gelangende Versehrtenrente“) abdeckte und nicht mitkopierte, und auch im Rahmen der Streitverhandlung vom 25. Februar 2015 keine Klarstellung zu der bereits mit Schriftsatz vom 16. Jänner 2015 eingebrachten Aufstellung, die noch keine Spalte „nachträglich zur Auszahlung gelangende Versehrtenrente“ auswies, erstattet.
Über den Beschuldigten wurde hiefür eine Geldbuße von 2.000 Euro verhängt.
Rechtliche Beurteilung
Gegen das Erkenntnis richtet sich die Berufung des Beschuldigten wegen Schuld (zur Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen in deren Rahmen vgl RIS‑Justiz RS0128856 [T1]) und Strafe; sie schlägt fehl.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet der Sache nach einen Rechtsfehler mangels Feststellungen zur (Unterlassung der) Klarstellung der Unvollständigkeit der vom Beschuldigten vorgelegten Unterlagen in der mündlichen Streitverhandlung vom 25. Februar 2015. Sie scheitert bereits daran, dass einer – von der Berufung reklamierten – Kenntnis der Beklagten von der inhaltlichen Unrichtigkeit der vorgelegten Urkunden im Zeitpunkt der Verhandlung und einer bei dieser (erst) über Vorhalt erfolgten Erklärung des Beschuldigten schon im Hinblick darauf keine Entscheidungsrelevanz zukommen, dass die Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes bereits durch das – tateinheitlich der Verheimlichung der zuerkannten, die Klagsforderung reduzierenden Versehrtenrente dienende – vorangegangene Verhalten vom 3. Februar 2015 (Übermittlung einer Kopie der Aufstellung der Stadt G***** unter Abdeckung eines wesentlichen Teils als Reaktion auf das Schreiben des Beklagtenvertreters, in welchem die – in der Folge auch durchgeführte – Überweisung der klagsgegenständlichen Beträge angekündigt worden war) verwirklicht wurden.
Denn § 9 Abs 1 RAO verpflichtet den Rechtsanwalt dazu, die übernommenen Vertretungen dem Gesetz gemäß zu führen und die Rechte der Partei gegen jedermann mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu vertreten. Der Rechtsanwalt ist befugt, alles, was er nach dem Gesetz zur Vertretung seines Mandanten für dienlich erachtet, unumwunden vorzubringen und seine Angriffs- und Verteidigungsmittel in jeder Weise zu gebrauchen, welche seinem Auftrag, seinem Gewissen und dem Gesetz nicht widerstreiten. Wahrheitswidrige Behauptungen, Verfälschungen und Manipulationen von Urkunden zur Durchsetzung von Ansprüchen des Klienten verletzen die Berufspflicht und mindern zudem das Ansehen des Standes (vgl Engelhart/Hoffmann/Lechner/Rohregger/Vitek , RAO 9 § 9 Rz 6 ff). Gemäß § 178 Abs 1 ZPO ist jede Partei in ihren Vorträgen verpflichtet, alle im einzelnen Fall zur Begründung ihrer Anträge erforderlichen tatsächlichen Umstände der Wahrheit gemäß vollständig und bestimmt anzugeben. Diese Rechtspflicht der Partei bezieht sich nicht nur auf Vorträge in einer mündlichen Verhandlung, sondern auch auf vorangehende Schriftsätze und den gesamten Rechtsstreit (vgl RIS-Justiz RS0036733 [T7]).
Auch der Strafberufung kommt keine Berechtigung zu.
Erschwerend wirkt das Zusammentreffen zweier Disziplinarvergehen, mildernd die disziplinarrechtliche Unbescholtenheit. Die vom Disziplinarrat im untersten Bereich des bis zu 45.000 Euro reichenden Rahmens (§ 16 Abs 1 Z 2 DSt idF BGBl I 2001/98) bemessene Geldbuße ist– auch unter Rücksichtnahme auf die vom Beschuldigten in seiner Berufung dargestellten Einkommensverhältnisse – in Hinblick auf das vom Verschulden des Beschuldigten umfasste gravierende Tatunrecht jedenfalls nicht überhöht.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 54 Abs 5 DSt.
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