European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0120NS00078.17T.1009.000
Spruch:
Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl ist von der Entscheidung über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 5. August 2013, GZ 334 HR 436/08g‑4655, und andere Vorgänge erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nicht ausgeschlossen.
Hingegen ist Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner von dieser Entscheidung ausgeschlossen.
An ihre Stelle tritt Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat zu AZ 13 Os 94/17y, 95/17a, 96/17t, 97/17i über die im Spruch genannte Nichigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zu entscheiden, die Gesetzesverletzungen in Beschlüssen des Landesgerichts für Strafsachen Wien und des Oberlandesgerichts Wien aufzeigt, die im Zusammenhang mit Widersprüchen gegen die Sicherstellung von schriftlichen Aufzeichnungen und Datenträgern ergangen sind.
Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner sind Mitglieder des zuständigen Senats 13.
Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl war in diesem Verfahren bereits als Richter tätig, indem er als Mitglied des Oberlandesgerichts Wien an den Beschlüssen dieses Gerichts vom 26. Februar 2014, AZ 32 Bs 20/14x und AZ 32 Bs 35/14b mitwirkte, die nur die Rechtsfrage der Zulässigkeit einer Wiederaufnahme des zu einer Durchsuchungsanordnung führenden Verfahrens, nicht aber die Zulässigkeit der Sicherstellung selbst zum Gegenstand hatten.
Die Beurteilung der Frage, ob Richter ausgeschlossen sind, erfordert nicht nur mit Blick auf das Spannungsverhältnis zum verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 B-VG) und zum Prinzip der festen Geschäftsverteilung (Art 87 Abs 3 B-VG), sondern auch und vor allem unter dem Aspekt des Zugangs zum Recht eine ausgewogene Auslegung dieser Norm unter Berücksichtigung von Organisation und Funktion des Gerichts. Die Bestimmungen über die Ausgeschlossenheit und die Befangenheit stellen auf äußere Umstände ab, die zum einen durch ausdrückliche Aufzählung (§ 43 Abs 1 Z 1 und Z 2, Abs 2 bis 4, § 47 Abs 1 Z 1 und Z 2), zum anderen mittels Generalklausel (§ 43 Abs 1 Z 3, § 47 Abs 1 Z 3) determiniert werden. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber die Ausgeschlossenheit abschließend regeln wollte; die Bestimmungen der §§ 43 ff StPO sind, weil dieser Wille des Gesetzgebers eine Gesetzeslücke jedoch nicht ausschließt, grundsätzlich analogiefähig. Im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der genannten Bestimmungen und der verfassungsrechtlichen Vorgaben ist aber hiebei ein strenger Maßstab anzulegen (zum Ganzen Lässig, WK-StPO Vorbem zu §§ 43–47).
Eine durch Analogie zu schließende Lücke ist bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation nicht auszumachen.
Da kein Fall des § 43 Abs 3 StPO vorliegt und bei der nunmehr heranstehenden Entscheidung auch unter dem Aspekt des § 43 Abs 1 Z 3 StPO keine Fragen zu beantworten sind, die jenen ähneln, mit der der Richter in der selben Sache bereits befasst war (12 Ns 76/12s, 12Ns 48/13z; Lässig, WK‑StPO § 43 Rz 31a; anders noch RIS-Justiz RS0124109), ist Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl von der Entscheidung über den eingangs bezeichneten Rechtsbehelf nicht ausgeschlossen.
Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner war in dieser Strafsache bereits als Generalanwältin und somit in staatsanwaltschaftlicher Funktion tätig. Sie ist daher von der Entscheidung über die vorliegende Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ausgeschlossen (§ 43 Abs 1 Z 1 StPO).
An ihre Stelle tritt aufgrund der laufenden Vertretungsregelung der Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofs Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl (§ 45 Abs 2 StPO).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)