OGH 7Ob142/17h

OGH7Ob142/17h21.9.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** H*****, vertreten durch Dr. Gernot Müller, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei G***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Dr. Stefan Herdey, Dr. Roland Gsellmann, Rechtsanwälte in Graz, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 23. Juni 2017, GZ 2 R 62/17f‑26, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0070OB00142.17H.0921.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger, der auf einer Ausflugsbusfahrt alkoholisiert mitreisende Frauen wiederholt belästigt hatte, kam beim Aussteigen mit dem Ehemann einer der Belästigten in Streit, sodass andere Mitreisende zu schlichten versuchten. Darunter war auch die später Verletzte, die, nachdem sich der empörte Ehemann abgewandt hatte, beim Kläger stehen blieb. Dieser drückte sie sodann in Richtung eines dort befindlichen Zauns, worauf beide so über einen Randstein stürzten, dass der Kläger auf die Frau fiel, und sich diese einen Bruch des Schienbeinkopfs zuzog.

1. Ganz allgemein ist der Begriff der „Gefahren des täglichen Lebens“ nach der allgemeinen Bedeutung der Worte dahin auszulegen, dass der Versicherungsschutz für die Haftpflicht des Versicherungsnehmers jene Gefahren erfasst, mit denen üblicherweise im Privatleben eines Menschen gerechnet werden muss. Es genügt, wenn derartige Gefahren erfahrungsgemäß im normalen Lebenslauf immer wieder häufiger oder auch seltener auftreten (RIS‑Justiz RS0081099, auch [T6]).

Die bloße Rechtswidrigkeit eines Verhaltens nimmt den aus ihm entspringenden Gefahren nicht die Qualifikation als solche des täglichen Lebens (RIS‑Justiz RS0081099 [T12]). Auch ein vernünftiger Durchschnittsmensch kann aus Unvorsichtigkeit eine außergewöhnliche Gefahrensituation schaffen oder sich in einer solchen völlig falsch verhalten oder sich zu einer gefährlichen Tätigkeit, aus der die entsprechenden Folgen erwachsen, hinreißen lassen. Derartigen Fällen liegt eine falsche Einschätzung der jeweiligen Sachlage zugrunde (RIS‑Justiz RS0081081).

Dagegen ist zB ein Raufhandel eines 18‑jährigen Burschen mit einem anderen in einer Diskothek, wobei er unabsichtlich ein unbeteiligtes Mädchen verletzt, keine „Gefahr des täglichen Lebens“ (RIS‑Justiz RS0081099 [T16]) und ebenso wenig, wenn bei einem aktiven Eingreifen in einen Raufhandel ein unbeteiligter Dritter verletzt wird (RIS‑Justiz RS0081099 [T22]), oder eine Verletzung eintritt, weil sich eine vehement bedrängte Frau gegen den Versicherungsnehmer wehrt (RIS‑Justiz RS0081099 [T19]). Letztlich liegt auch dann keine Gefahr des täglichen Lebens vor, wenn eine schwere Körperverletzung im Zustand der vollen Berauschung verübt wird (RIS‑Justiz RS0081099 [T20]).

2. Wenn der Kläger argumentiert, dass sein Verhalten vor dem Sturz isoliert zu beurteilen sei, und er sich gegenüber der Verletzten nicht aggressiv verhalten habe, kann ihm darin nicht gefolgt werden.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte