OGH 11Os34/17k

OGH11Os34/17k13.9.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. September 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wetter als Schriftführer in der Strafsache gegen Dr. Wolfgang K***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Untreue nach §§ 153 Abs 1, Abs 3 zweiter Fall, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 29. September 2016, GZ 73 Hv 1/16h‑444, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0110OS00034.17K.0913.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Dr. Wolfgang K*****, Mag. Günter St*****, Mag. Gerhard S***** und Dipl. Oec. Milan L***** gemäß § 259 Z 3 StPO vom wider sie erhobenen Vorwurf freigesprochen, es hätten

(I) in K***** jeweils die ihnen durch Gesetz bzw Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen bzw einen anderen, nämlich die H***** ***** B***** Int***** AG zu verpflichten, wissentlich missbraucht bzw zu missbrauchen versucht und dadurch diesem Bankinstitut einen Vermögensnachteil zugefügt bzw zuzufügen getrachtet, und zwar

(1) Dr. Wolfgang K***** und Mag. Günter St*****, indem sie als Vorstände der H***** B***** Int***** AG im Credit Committee dieser Bank am 14. April 2003 pflichtwidrig der lediglich über mangelnde Bonität verfügenden und insolvenzgefährdeten kroatischen Kapitalgesellschaft A***** d.o.o. ohne hinreichend werthaltige Sicherheiten und unter Abstandnahme von der Befassung des für die Kreditbewilligung nach bankinternen Richtlinien zuständigen Kreditausschusses einen Kredit von 4.810.000 Euro bewilligten (eingetretener Schaden jeweils 771.880 Euro, Versuchsschaden 413.200 Euro);

(2) Mag. Gerhard S*****, indem er als Leiter des Bereichs Markt der H***** B***** Int***** AG im April 2003 pflichtwidrig den unter Punkt I 1 beschriebenen unvertretbaren Kredit durch den Kreditsachbearbeiter Mag. Miroslav P***** positiv aufbereiten und dem Credit Committee der Bank befürwortend vorlegen ließ (eingetretener Schaden jeweils 771.880 Euro, Versuchsschaden 413.200 Euro);

(II) Dipl. Oec. Milan L***** in Kroatien Anfang April 2003 Dr. Wolfgang K***** und Mag. Günter St***** durch Aufforderung zur Ausführung der unter Punkt I 1 beschriebenen strafbaren Handlung bestimmt, wobei er den vorsätzlichen Fehlgebrauch der Befugnis durch die genannten Bankvorstände für gewiss gehalten und mit dem Vorsatz gehandelt habe, der H***** B***** Int***** AG einen 50.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil zuzufügen.

 

Den Urteilsannahmen zufolge genehmigten die angeklagten Mitglieder des Vorstands der H***** B***** Int***** AG (im Folgenden: HBInt), Dr. K***** und Mag. St*****, den der kroatischen Kapitalgesellschaft A***** d.o.o. gewährten Kredit – in innerer Überzeugung von dessen wirtschaftlicher Vertretbarkeit und nach Durchführung einer Bonitätsprüfung – auf Basis des Kreditantrags in Zusammenschau mit im Credit Committee (CC) referierten weiteren Informationen (US 15). Zum Zeitpunkt der Kreditschuldentstehung bestanden ausreichende – nämlich sogar das Kreditobligo übersteigende – Sicherheiten (US 11 ff, US 16 f, US 24), worüber Dr. K*****, Mag. St***** und Mag. S***** zum Zeitpunkt der Kreditvergabe informiert waren (US 15). Für die Sanierung der in einer „kritischen wirtschaftlichen“ Situation stehenden Kreditnehmerin bestand zudem eine reelle Erfolgschance, wovon auch die Angeklagten ausgingen (US 15 f).

Der Schöffensenat lehnte weiters ausdrücklich die Feststellung ab, dass sich der den Kredit genehmigende Vorstand über bankinterne Regeln, nämlich über die Anforderungen einer am Unternehmenswohl orientierten Risikobeurteilung durch ein weiteres Gremium, sehenden Auges hinweggesetzt hätte (US 17).

In subjektiver Hinsicht verneinte das Erstgericht bei Dr. K*****, Mag. St***** und Mag. S***** sowohl Wissentlichkeit (irgend‑)eines Befugnisfehlgebrauchs als auch jeglichen Schädigungsvorsatz (US 7). Es konstatierte vielmehr das Vorliegen innerer Überzeugung von der wirtschaftlichen Vertretbarkeit bei der Genehmigung des Kredits (US 15) und sprach allen Angeklagten „doloses“ Handeln ab (US 17; vgl auch US 20 zu Mag. S*****).

Zu Dipl. Oec. L***** – dem Bestimmungs- und Beitragshandlungen angelastet wurden – stellte das Erstgericht fest, dieser sei stets vom wirtschaftlichen Erfolg der A***** d.o.o. und davon überzeugt gewesen, dass der gegenständliche Kredit bedient und der Bank keinesfalls ein Schaden entstehen werde (US 21). Eine Konstatierung, wonach er gegenüber irgendeinem Mitarbeiter oder Organ der HBInt auf eine Kreditgewährung oder Zuzählung von Kreditmitteln gedrängt, den Kredit auch nur verlangt oder angenommen hätte, lehnten die Tatrichter ausdrücklich ab (US 23).

 

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.

 

Die Beschwerdeführerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass das Schöffengericht zu sämtlichen (objektiven und subjektiven) Tatbestandsmerkmalen Feststellungen getroffen hat, sodass es unter dem Aspekt erfolgversprechender Freispruchsanfechtung nicht erforderlich ist, einen Feststellungsmangel (Z 9 lit a) geltend zu machen (RIS‑Justiz RS0127315).

Gründet aber das Gericht (wie hier) einen Freispruch auf die Annahme, dass mehrere Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt sind, ist es für den Erfolg der Nichtigkeitsbeschwerde notwendig, alle die Tatbestandsverwirklichung ausschließenden (negativen) Konstatierungen deutlich und bestimmt als mangelhaft begründet (Z 5) – oder unter Geltendmachung darauf bezogener Anträge aus Z 4 – zu bekämpfen. Zur deutlichen und bestimmten Bezeichnung eines Begründungsmangels muss konkret auf jene Feststellungen Bezug genommen werden, auf die sich dieser beziehen soll (RIS‑Justiz RS0127315 [T4]).

Die Mängelrüge behauptet Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) und Aktenwidrigkeit (Z 5 letzter Fall) – deutlich und bestimmt – nur bezüglich jener Feststellungsgrundlage, auf der die erstgerichtliche Annahme „(objektiver) wirtschaftlicher Vertretbarkeit der Kreditbewilligung aufgrund hinreichender Bonität der Kreditnehmerin A***** und 'absolut' ausreichender Sicherheiten“, also die (rechtliche) Verneinung von Befugnisfehlgebrauch, beruht.

Damit betrifft die Beschwerde schon insoweit keine entscheidenden Tatsachen, als die von ihr (aus Z 4 oder Z 5) unbekämpft gebliebenen Negativfeststellungen zur Wissentlichkeit allfälligen Befugnisfehlgebrauchs sowie zum Schädigungsvorsatz die von ihr angestrebten Schuldsprüche nach § 153 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB von vornherein ausschließen (vgl RIS‑Justiz RS0130509).

Insbesondere für die Annahme mangelnden Schädigungswillens bei Dr. K*****, Mag. St***** und Mag. S***** erachteten die Tatrichter das bekämpfte Feststellungssubstrat auch – erkennbar – nicht als notwendige Bedingung (vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 410). Vielmehr gründeten sie ihre Negativfeststellungen zur subjektiven Tatseite dieser Angeklagten in erster Linie auf deren Aussageverhalten und daran anknüpfende Plausibilitätserwägungen (US 7).

Einem anklagekonformen Schuldspruch des Angeklagten Dipl. Oec. L***** wiederum stünde (schon) entgegen, dass das Erstgericht – von der Beschwerde gleichfalls unbekämpft – die Annahme (irgend-)eines als Bestimmungs- oder Beitragshandlung in Betracht kommenden Verhaltens des Genannten bereits in objektiver Hinsicht klar verneinte (US 23).

 

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte