European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0130OS00058.17D.0906.000
Spruch:
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen I/1/c/ und II/, demzufolge im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung), sowie im Konfiskationserkenntnis aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Eisenstadt verwiesen.
Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und seiner Berufung wird der Beschwerdeführer auf die Aufhebung verwiesen.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Christian H***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall und Abs 2 Z 3 SMG (I/1/a/), mehrerer Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG (richtig: I/1/b/), des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG (I/1/c/), mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 SMG (I/2/), sowie des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz und Abs 2 SMG (II) schuldig erkannt.
Danach hat er vorschriftswidrig
I/ Suchtgift, nämlich Cannabisblüten enthaltend THCA und Delta‑9‑THC, teilweise auch Cannabisharz,
1/a/ vom Jahr 2012 bis zum 17. Oktober 2016 in D***** in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge erzeugt, indem er durchgehend in zahlreichen Angriffen sechs bis acht Cannabispflanzen in Indoorplantagen anbaute, bis zur Erntereife aufzog, wöchentlich eine Pflanze erntete und daraus zumindest 4.500 Gramm Cannabisblüten, enthaltend eine Reinsubstanz von insgesamt zumindest 850 Gramm THCA und 40 Gramm Delta‑9‑THC, gewann;
b/ vom Jahr 2012 bis zum 17. Oktober 2016 in D***** und an anderen Orten in zahlreichen Angriffen an im Urteilstenor namentlich genannte und weitere Personen zum gemeinsamen Konsum überlassen, nämlich zumindest 2.500 Gramm (davon 2.250 Gramm entgeltlich), enthaltend eine Reinsubstanz von zumindest 450 Gramm THCA und 20 Gramm Delta‑9‑THC;
c/ „mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, und zwar zumindest etwas mehr als die Hälfte der sichergestellten 376 Gramm Cannabisblüten und des Harzes (53,4 Gramm)“;
2/ zumindest seit Anfang 2012 bis zum 17. Oktober 2016 in D***** und an anderen Orten in zahlreichen Angriffen ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen, nämlich Cannabisharz und Cannabisblüten;
II/ bis zum 17. Oktober 2016 in D***** Cannabispflanzen zum Zweck der Gewinnung einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge an Suchtgift angebaut, indem er „20 Stück Mutterpflanzen hochzog, daraus 77 Stück […] Setzlinge erzeugte und einsetzte und auch in einer Indooranlage acht bereits blühende Cannabispflanzen hochzog, sowie dem abgesondert verfolgten Anton T***** acht Cannabispflanzen zum Anbau überließ und ihn einschulte, wobei die genannten Pflanzen alle von der Polizei sichergestellt werden konnten“.
Rechtliche Beurteilung
Anlässlich der vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 11 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass zum Nachteil des Angeklagten das Strafgesetz mehrfach unrichtig angewendet worden ist (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):
Zum Schuldspruch wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG (I/1/c/) finden sich in den Entscheidungsgründen keinerlei Feststellungen (Z 9 lit a). Das Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) im Urteilstenor vermag die fehlenden Konstatierungen nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0114639), sodass dieser Schuldspruch von Amts wegen aufzuheben war.
Nach § 28 Abs 1 zweiter Satz SMG ist nur zu bestrafen, wer die in § 27 Abs 1 Z 2 SMG genannten Pflanzen zum Zweck der Gewinnung einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge Suchtgift mit dem (erweiterten) Vorsatz anbaut, dass es in Verkehr gesetzt werde (RIS‑Justiz RS0127351). Mangels Feststellungen zur entsprechenden Willensausrichtung (vgl US 6 f) leidet das Urteil an einem Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 9 lit a), der zur Aufhebung des Schuldspruchs II/ führt.
Weiters haftet dem Konfiskationserkenntnis betreffend die „für die Begehung der strafbaren Handlungen verwendeten Gegenstände (ON 34, PZ 2–13)“ und den „PKW VW Passat (ON 20, S. 29)“ von Amts wegen aufzugreifende Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO an. Denn dem Urteil sind keine Feststellungen zu deren Verwendung zur Begehung einer konkreten vorsätzlichen Straftat zu entnehmen (Z 11 erster Fall). Vielmehr erschöpfen sich die Entscheidungsgründe insoweit in einer substratlosen Wiedergabe der verba legalia (vgl US 10). Weiters unterließ das Gericht die zwingend vorgesehene Verhältnismäßigkeitsprüfung (§ 19a Abs 2 StGB; Z 11 dritter Fall).
Das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, war daher in den Schuldsprüchen I/1/c/ und II/ sowie demzufolge auch im Strafausspruch und im Konfiskationserkenntnis schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO iVm § 285e StPO).
Darauf war der Angeklagte mit seiner– ausschließlich gegen den Strafausspruch gerichteten – Nichtigkeitsbeschwerde sowie seiner Berufung zu verweisen.
Da solcherart die Nichtigkeitsbeschwerde aufgrund einer amtswegigen Maßnahme gegenstandslos wurde, trifft den Beschwerdeführer auch keine Verpflichtung zum Kostenersatz (RIS‑Justiz RS0101558; Lendl , WK‑StPO § 390a Rz 12).
Anzumerken bleibt, dass die Einziehung des „sichergestellten Suchtgiftes, der suchtgifthaltigen Pflanzen und der Suchtgiftreste (ON 34, PZ 14–27; siehe Anhang)“ „gemäß § 34 SMG iVm § 26 Abs 1 StGB“ von der Aufhebung der Schuldsprüche I/1/c/ und II/ unberührt bleibt (RIS‑Justiz RS0088115).
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