OGH 5Ob125/17v

OGH5Ob125/17v29.8.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. Günther Z*****, 2. W*****, 3. Walerius N*****, 4. Margarethe N*****, alle vertreten durch Dr. Günther Schmied, Mag. Markus Passer, Rechtsanwälte in Graz, wegen Einverleibung des Wohnungseigentumsrechts und anderer Grundbuchshandlungen ob der EZ ***** KG *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Erstantragstellers und der Zweitantragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom 17. Mai 2017, AZ 1 R 41/17x, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Mürzzuschlag vom 13. Februar 2017, TZ 303/2017 bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0050OB00125.17V.0829.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 126 Abs 3 GBG).

 

Begründung:

Die Antragsteller begehrten – neben anderen Eintragungen – die Einverleibung des Wohnungseigentumsrecht ob der derzeit im schlichten Miteigentum des Erstantragstellers und der Zweitantragstellerin stehenden Liegenschaft EZ ***** KG *****.

Das Erstgericht wies den Antrag ab, weil sich aus dem vorgelegten Dienstbarkeitsvertrag vom 10. 4. 2015 samt Plänen ergebe, dass sich das Gebäude M*****Gasse *****, an dem Wohnungseigentum begründet werden solle, teilweise auf bzw über dem zur EZ ***** gehörenden Grundstück 648/1 befinde. Grenzüberschreitendes Wohnungseigentum sei rechtlich nicht möglich.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Erst‑ und der Zweitantragstellerin nicht Folge, teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichts, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Erstantragstellers und der Zweitantragstellerin zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1. Die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, ein Wohnungseigentumsobjekt müsse sich zur Gänze auf ein und derselben Liegenschaft befinden, sodass „grenzüberschreitendes Wohnungseigentum“ schon nach dem WEG 1975 und ebenso unter dem Regime des WEG 2002 nicht möglich sei, entspricht der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0060192; 5 Ob 60/16h = bbl 2017/22 [ Auer ]). Das Wohnungseigentum als dingliches Recht stellt auf das Miteigentum an einer einzelnen Liegenschaft ab, wobei unter „Liegenschaft“ ein gesamter einheitlicher Grundbuchkörper (vgl § 3 GBG) zu verstehen ist (RIS‑Justiz RS0082865 [T1]). Die im Revisionsrekurs ins Treffen geführten Probleme, betreffend das im Eigentum der Republik Österreich stehende Grundstück 648/1 KG ***** mehr Rechte zu erlangen als eine außerbücherliche Dienstbarkeit, bieten keinen Anlass, von dieser auch von der Lehre geteilten ( Hausmann in Hausmann/Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht³ § 2 WEG Rz 5; Würth/Zingher/Kovany , Wohnrecht II²³ § 2 WEG Rz 4) herrschenden allgemeinen Auffassung abzugehen.

2. Die Frage nach der Zulässigkeit der Wohnungseigentumsbegründung für Gebäude, die lediglich in den Luftraum der Nachbarliegenschaft hineinragen, ist hier nicht zu beantworten. Eine Behauptung, das Gebäude auf dem Grundstück 648/1 sei mit dem Boden gar nicht verbunden, sondern rage lediglich in dessen Luftraum, stellten die Antragsteller erstmals in ihrem Rekurs auf, was dem im Grundbuchsverfahren geltenden strengen Neuerungsverbot widerspricht (§ 126 Abs 2 GBG). Maßgeblich ist die Aktenlage zur Zeit der Entscheidung des Erstgerichts (RIS‑Justiz RS0060754). Aus den mit dem Antrag vorgelegten Urkunden lässt sich allerdings nicht gesichert ableiten, dass das Gebäude M*****Gasse ***** lediglich den Luftraum über dem Grundstück 648/1 KG ***** (bzw dem dort verlaufenden F*****bach) in Anspruch nimmt. Im Dienstbarkeitsvertrag vom 10. 4. 2015 ist vielmehr (Punkt 2) von einem „auf dem Grundstück 648/1 KG ***** (öffentliches Wassergut) bereits befindlichen Objekt – Geschäftshaus M*****‑Gasse ***** – beginnend über der Scheitelhöhe der Überplattung vom F*****bach“ die Rede und in Punkt 3 des Vertrags verpflichtet sich der Servitutsberechtigte, „bei eventuellen neuen Bauausführungen negative bauliche statische Einflüsse auf die Einhausung des F*****bachs unter der Scheitelhöhe der Überplattung zu unterlassen – des weiteren, dass die unterirdische Bachanlage in seiner Funktion und im Widmungszweck […] nicht beeinträchtigt wird. Im Weiteren ist von „Sanierungsmaßnahmen an den unterirdischen Ufermauern, die das oberirdische Gebäude (Geschäftshaus M*****Gasse *****) allenfalls gefährden könnten“ die Rede. Diese Urkundenlage lässt nicht mit der für das Grundbuchsverfahren erforderlichen Zweifelsfreiheit (vgl § 94 Abs 1 Z 3 GBG) erkennen, ob der das Grundstück 648/1 überbauende Gebäudeteil des Geschäftshauses M*****Gasse ***** tatsächlich nur in dessen Luftraum hineinragt oder aber nicht doch – worauf die zitierten Formulierungen eher hinweisen dürften – mit diesem Grundstück fest verbunden ist. Schon aus diesem Grund bedarf die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, die die von ihnen selbständig zu prüfende (RIS‑Justiz RS0060878 [T54]) Wohnungseigentumstauglichkeit der Objekte verneinten, keiner Korrektur im Einzelfall.

3. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Stichworte