OGH 15Os89/17b

OGH15Os89/17b23.8.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. August 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Limberger, LL.M., als Schriftführer in der Strafsache gegen Goran D***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten D***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 28. März 2017, GZ 41 Hv 12/17h‑200, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0150OS00089.17B.0823.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten D***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche zweier Mitangeklagter sowie einen unbekämpften Freispruch des Angeklagten D***** von einem weiteren Vorwurf enthält, wurde Goran D***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (II./A./b./), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter und sechster Fall SMG (II./B./b./) und des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 und Abs 2 SMG (III./) schuldig erkannt.

Danach hat er – soweit hier von Relevanz – in W*****

...

II./ „gewerbsmäßig (§ 70 StGB)“ vorschriftswidrig Suchtgift,

A./ nämlich Marihuana (beinhaltend die Wirkstoffe Delta-9-THC und THCA) in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge ein- und ausgeführt, und zwar

b./ mit Miodrag M***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB), indem sie in der Nacht auf den 23. November 2016 insgesamt 8.299,7 Gramm Marihuana mit einem Reinheitsgehalt von 86 (+/- 3,2) Gramm Delta-9-THC und 1.120 (+/- 42) Gramm THCA aus Serbien aus- und über Ungarn nach Österreich einführten;

B./ anderen in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge überlassen oder verschafft, und zwar Kokain (beinhaltend den Wirkstoff Cocain) mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 30 %

b./

1./ von Ende September bis 22. November 2016 insgesamt zumindest 80 Gramm Kokain in mehreren Angriffen an insgesamt sieben nicht mehr ausforschbare Abnehmer;

2./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt vor dem 22. November 2016 insgesamt 3 Gramm Kokain zum Gesamtpreis von 210 Euro an Murat Do*****;

3./ von Sommer bis 22. November 2016 in mehrfachen Angriffen insgesamt 5 Gramm Kokain zum Gesamtpreis von 500 Euro an Ricard Mi*****;

III./ die nachgenannten Suchtgifte in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, und zwar

1./ Kokain (beinhaltend den Wirkstoff Cocain) mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 30 %, indem er von Anfang September bis 22. November 2016 in einer nicht mehr feststellbaren Anzahl von Angriffen jeweils 70 Gramm Kokain für Sedat R***** in seiner Wohnung im Kühlschrank lagerte;

2./ mit Miodrag M***** Marihuana (beinhaltend die Wirkstoffe Delta-9-THC und THCA)

a./ im November 2016 insgesamt 8.299,7 Gramm Marihuana mit einem Reinheitsgehalt von 86 (+/- 3,2) Gramm Delta-9-THC und 1.120 (+/- 42) Gramm THCA, indem sie das Marihuana zunächst in der Wohnung und schließlich im Fahrzeug Ford Mondeo Kombi, angemeldet auf Miodrag M*****, lagerten;

b./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt Anfang November 2016, indem sie insgesamt 5 kg Marihuana mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 2 % in der gemeinsamen Wohnung lagerten.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten D*****, die ihr Ziel verfehlt.

Das Erstgericht gründete seine Überzeugung von der (Mit-)Täterschaft des Beschwerdeführers bei der Einfuhr des Cannabiskrauts nach Österreich (II./A./b./) auf die Ausführungen des Mitangeklagten M***** sowie die Ergebnisse der Telefonüberwachung und einer Standortanfrage (ON 70 S 5 ff), aus welchen es ableitete, dass der Beschwerdeführer und M***** in der Tatnacht mit ihren Fahrzeugen nach Serbien fuhren, um von dort Suchtgift nach Österreich zu bringen (US 14). Dem Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider waren die Tatrichter mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht gehalten, den Umstand, dass das Gutachten über spurenkundliche Untersuchungen (ON 106 S 65 ff) keinen DNA-Treffer des Beschwerdeführers ergab, obwohl auch er am späteren „Umpacken“ der Ware in W***** beteiligt gewesen war, gesondert zu erörtern, weil dieses Ergebnis – als grundsätzlich neutrales Verfahrensresultat – der Annahme einer Täterschaft des Beschwerdeführers nicht entgegenstand (vgl RIS-Justiz RS0098646 [T8]; RS0116877).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst zu II./B./b./ und III./1./ Feststellungen zum Vorsatz des Beschwerdeführers in Bezug auf die Vorschriftswidrigkeit des Umgangs (auch) mit Kokain, orientiert sich dabei aber nicht an der Gesamtheit des in den Entscheidungsgründen (vgl US 11, 17) abgebildeten und durch das Erkenntnis (vgl US 2) verdeutlichten Tatsachensubstrats (RIS-Justiz RS0099810 [insbesondere T28, T34], RS0098734 [T14]). Die angebliche inhaltliche Beschränkung der Urteilsannahmen auf den Verkehr mit Marihuana ist der Formulierung, wonach die Angeklagten D***** und M***** „über keine verwaltungsbehördliche Befugnis zum Umgang mit der Suchtmittelgesetzgebung unterliegenden Substanzen verfügten und sich dieses Umstands auch jederzeit bewusst waren“ (US 11), weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht zu entnehmen und im Gesamtkontext auch nicht zu unterstellen (RIS-Justiz RS0117228).

Mit der Behauptung eines dem Schöffengericht zu II./A./b./ unterlaufenen Rechtsfehlers mangels Feststellungen zur von § 70 Abs 1 StGB geforderten qualifizierten Vorsatzform der Absichtlichkeit (§ 5 Abs 2 StGB; vgl US 12) orientiert sich die Subsumtionsrüge (Z 10) nicht am allein maßgeblichen Schuldspruch, weil zwar im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) zu II./ gewerbsmäßige Begehung ausgewiesen wurde, eine entsprechende Subsumtion (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) aber zu II./A./b./ – ebenso wie zu II./B./b./ – ohnehin unterblieben ist (US 4), der Schuldspruch die bezeichnete Qualifikation also gar nicht umfasst (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 266, 581 ff).

Soweit sich die Beschwerde gegen eine Addition der Mengen des vom Nichtigkeitswerber in den Begehungsformen des Überlassens „oder“ Verschaffens (II./B./b./; US 3) gehandelten Kokains wendet (Z 10), begnügt sie sich zur Fundierung ihrer Prämisse, dass § 28a Abs 1 SMG bezüglich der genannten Tatbestandsvarianten ein kumulatives Mischdelikt darstelle, mit dem Verweis auf eine Rechtssatzkette, aus der eine solche Auffassung der Rechtsprechung gerade nicht hervorgeht (vgl RIS-Justiz RS0114037 [insbesondere T6, T8]; jüngst 12 Os 20/17h). Mit dem bloßen Zitat einer älteren Kommentarstelle (Litzka/Matzka/Zeder SMG² § 27 Rz 60), die im Gesamtkontext ihrerseits bloß eine Darstellung der unmittelbar zuvor als uneinheitlich bezeichneten Rechtsprechung zum alternativen Mischdelikt, einen ausdrücklichen Hinweis auf den bereits erwähnten Rechtssatz und in weiterer Folge Überlegungen zu einer denkbaren Fortentwicklung der Judikatur enthält (vgl Litzka/Matzka/Zeder aaO Rz 59 und 62), entbehrt die Subsumtionsrüge im Hinblick auf die mittlerweile gefestigte jüngere Rechtsprechung einer methodengerechten Ableitung aus dem Gesetz (RIS-Justiz RS0116962 [T3]).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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