OGH 5Ob33/17i

OGH5Ob33/17i20.7.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers Dr. R***** G*****, vertreten durch die Dr. Wilhelm Schlein Rechtsanwalt GmbH in Wien, gegen die Antragsgegnerin T***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Mag. Michael Rebasso, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 iVm § 16 Abs 1 Z 1 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 14. Dezember 2016, GZ 40 R 96/16p‑10, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0050OB00033.17I.0720.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Ob das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis auf einer Vertragsübernahme auf Vermieterseite oder aber auf dem Abschluss eines neuen Mietvertrags basiert, ist durch Auslegung der jeweiligen (rechtsgeschäftlichen) Erklärungen zu ermitteln. Wie eine Willenserklärung aufzufassen und ein Vertrag auszulegen ist, ist jeweils nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und stellt daher im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage dar. Lediglich grobe Auslegungsfehler und krasse Fehlbeurteilungen sind vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen (RIS-Justiz RS0042555, RS0042936).

2. Das Rekursgericht kam hier zum Ergebnis, dass die Antragsgegnerin (Liegenschaftseigentümerin) dem Antragsteller (Untermieter) nach Beendigung des Hauptmietvertrags mit der bisherigen Hauptmieterin mit Schreiben vom 6. 9. 2006 den Abschluss eines (Haupt-)Mietvertrags angeboten und der Antragsteller dieses Angebot (zumindest konkludent) angenommen hat. Die Zusage der Antragsgegnerin aus dem Jahre 2001, im Falle der Beendigung des Hauptmietverhältnisses und somit auch des Untermietverhältnisses zu den gleichen Konditionen als Vermieterin in den Vertrag des Antragstellers „einzutreten“, verstand das Rekursgericht demnach als Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrags zu bestimmten Konditionen (vgl 5 Ob 91/16t), nicht aber als Vorwegzustimmung zur Vertragsübernahme, bei dem der Übergang der Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag allein mit der Mitteilung an sie als Vermieterin vollzogen wäre (vgl RIS‑Justiz RS0032700). Dieses Auslegungsergebnis wird dem bei der Auslegung maßgeblichen Zweck der abgegebenen Erklärungen, dem Antragssteller einen vom Willen der Untervermieterin unabhängigen Rechtsanspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses unter den gleichen wirtschaftlichen Bedingungen zu sichern (vgl 3 Ob 163/15i) gerecht. Eine auf eine weitergehende Vertragsübernahme im eigentlichen Sinne gerichtete Parteienabsicht liegt im Hinblick auf die mit der Vermieterstellung der Liegenschaftseigentümerin verbundene, nach § 2 Abs 1 MRG unvermeidbare Änderung des Vertragscharakters zufolge Änderung der damit verbundenen Rechte und Pflichten nicht nahe. Das aus den konkreten Umständen des Einzelfalls gewonnene Auslegungsergebnis des Rekursgerichts stellt daher keine vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.

3. Gegenstand des Mietverhältnisses sind Geschäftsräumlichkeiten und der Antragsteller ist Notar und betreibt in diesen eine Notariatskanzlei. Für die mit dem Abschluss des (neuen) Hauptmietvertrags getroffene Hauptmietzinsvereinbarung gilt daher die Rügepflicht gemäß § 16 Abs 1 Z 1 MRG. Die vom Antragsteller zur Begründung der Zulässigkeit seines Revisionsrekurses relevierte Frage, ob das auch im Falle einer Vertragsübernahme und der damit verbundenen bloßen Fortsetzung des früheren Untermietvertrags als Hauptmietvertrag gelten würde, stellt sich (mangels einer solchen Vertragsübernahme) nicht. Auch der Umstand, dass das Mietobjekt zum Zeitpunkt des Zustandekommens des Hauptmietvertrags bereits übergeben war, steht der Annahme einer Rügeobliegenheit nicht entgegen. In diesem Fall hat die Rüge vielmehr unmittelbar zum – jedenfalls für den Antragsteller auch bestimmbaren – Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu erfolgen (vgl 5 Ob 75/15p).

4.  Der außerordentliche Revisionsrekurs zeigt somit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf. Dieser ist daher unzulässig und zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Stichworte