OGH 9ObA63/17f

OGH9ObA63/17f28.6.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Johannes Püller und Mag. Matthias Schachner als weitere Richter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden Parteien 1. B***** S*****, und 2. K***** S*****, beide vertreten durch Winternitz Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei A***** AG, *****, vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1.) 23.011,96 EUR sA und 2.) 21.035,95 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 28. März 2017, GZ 7 Ra 72/16h‑37, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:009OBA00063.17F.0628.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.  Die in der außerordentlichen Revision der Kläger als erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO bezeichnete Rechtsfrage zur Auslegung der Bestimmung des Punktes 10.2 des für das Bordpersonal der Tyrolean Airways Tiroler Luftfahrt GmbH abgeschlossenen Zusatzkollektivvertrags „Sparpaket 2010 bis 2015“ stellt sich im Anlassfall aufgrund der Feststellungen des Erstgerichts nicht.

Die Auslegung der Urteilsfeststellungen im Einzelfall ist regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (5 Ob 239/10y; 3 Ob 234/11z; RIS‑Justiz RS0118891). Das Berufungsgericht hat mit vertretbarer Begründung sowohl das Vorliegen widersprüchlicher Feststellungen als auch einer Negativfeststellung im Sinn eines „non liquet“ verneint. Insbesondere aufgrund der (abschließenden) ausdrücklichen Feststellung des Erstgerichts, „dass jede andere Personalgruppe aufgrund der einen integrierenden Bestandteil dieses Urteils bildenden Zusatzkollektivverträge rund 5 % ihrer Personalvollkosten innerhalb von 5 Jahren eingespart hat“, ist die Beurteilung des Berufungsgerichts nicht korrekturbedürftig.

2.  Vom Berufungsgericht verneinte Mängel des Verfahrens erster Instanz können nicht nach § 503 Z 2 ZPO geltend gemacht werden (9 ObA 83/16m; RIS‑Justiz RS0042963). Dieser Grundsatz kann auch nicht durch die Behauptung, das Berufungsverfahren sei – weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei – mangelhaft geblieben, umgangen werden (RIS‑Justiz RS0042963 [T58]). Ein Mangel des Berufungsverfahrens könnte daher nur dann vorliegen, wenn das Berufungsgericht infolge unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen oder – wie hier in der außerordentlichen Revision geltend gemacht – sie mit einer unhaltbaren rechtlichen Begründung verworfen hätte (RIS‑Justiz RS0042963 [T37; T63]). Eine „unhaltbare rechtliche Begründung“ liegt nur dann vor, wenn bei der Beurteilung der strittigen Frage jeder Beurteilungsspielraum fehlt (RIS‑Justiz RS0042963 [T63]). Dies ist hier nicht der Fall:

Das Berufungsgericht hat in der Abweisung der von den Klägern im erstinstanzlichen Verfahren erhobenen Beweisanträge auf Vorlage von Urkunden durch die Beklagte und Einholung eines Sachverständigengutachtens ua deshalb keine Mangelhaftigkeit gesehen, weil die Kläger ihren Beweisanträgen kein rechtlich relevantes und ausreichend konkretisiertes Vorbringen zugrunde gelegt haben, sodass es sich um unzulässige Erkundungsbeweise handle. Auch diese Beurteilung ist vertretbar (vgl RIS‑Justiz RS0042828). Dass sich die genannten Beweismittel abstrakt als Erkenntnisquelle eignen (vgl Zechner in Fasching/Konecny 2 § 503 ZPO Rz 154), wurde von den Vorinstanzen nicht in Zweifel gezogen.

Einer weiteren Begründung bedarf ein Zurückweisungsbeschluss gemäß § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO nicht.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Kläger zurückzuweisen.

Stichworte