European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0150OS00063.17D.0628.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Daniel H***** mehrerer Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in K***** außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen an zum Tatzeitpunkt jeweils unmündigen Personen vorgenommen, und zwar:
1. zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt nach dem 1. November 2013 an Stefan P*****, geboren am ***** 2007, indem er ihm von vorne zwischen die Beine auf den bekleideten Genitalbereich griff;
2. zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt nach dem Sommer 2014 an Kevin Ha*****, geboren am ***** 2003, in zumindest zwei Angriffen, indem er ihm von vorne zwischen die Beine auf den bekleideten Genitalbereich griff und in dessen Penis zwickte,
3. am 27. August 2016 an Dominik D*****, geboren am ***** 2010, indem er
a) ihm einmal in die Hose auf den durch keine Kleidung mehr geschützten Genitalbereich griff und kurze Zeit danach
b) ihn aufforderte seinen entblößten erigierten Penis anzugreifen, was dieser auch tat, ihm anschließend die Hose und Unterhose bis zu den Knien hinunterzog und sich, nachdem Dominik D***** sich über dessen Aufforderung bäuchlings auf das Bett gelegt hatte, auf ihn legte und seinen erigierten Penis zwischen dessen Gesäßbacken steckte und sich hin und her bewegte.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf Z 9 lit a und lit b sowie Z 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst zu 1.) und 2.) Feststellungen zu Dauer und Intensität der geschlechtlichen Handlungen. Sie nimmt dabei aber nicht – wie bei Geltendmachung materiell‑rechtlicher Nichtigkeit erforderlich (vgl RIS‑Justiz RS0099810) – an der Gesamtheit der Urteilsannahmen Maß und übergeht jene Konstatierungen, wonach der Angeklagte entsprechend einem schon länger gefassten Tatplan (vgl US 4) zu 1.) zielgerichtet über der Hose auf den Penis des P***** griff und diesen bewusst und nicht bloß flüchtig berührte, und zu 2.) Kevin Ha***** zwei Mal gezielt über der Hose auf dessen Penis griff und diesen nicht bloß flüchtig berührte, sondern in dessen Penis zwickte (US 4 zweiter und dritter Absatz), sowie, dass die Berührungen (bei allen Angriffen) gewollt und von „entsprechender Intensität und Dauer“ waren, und die Opfer die Berührungen deutlich spüren konnten (US 4 fünfter Absatz). Welcher Feststellungen es darüber hinaus zur rechtsrichtigen Subsumtion noch bedurft hätte, vermag die Beschwerde nicht anzugeben (vgl dazu im Übrigen RIS‑Justiz RS0095194 [T1 und T2]). Zudem handelt es sich – entgegen dem Beschwerdevorbringen – bei der erstgerichtlichen Annahme, die Berührung sei nicht bloß flüchtig gewesen (US 4), vorliegend nicht (nur) um eine rechtliche Beurteilung ohne Sachverhaltsbezug, wurde doch dadurch ausgedrückt, dass die Berührung nicht unwillkürlich, sondern zielgerichtet war und ihr ein gewisses zeitliches Moment inne wohnte.
Weshalb es angesichts der Konstatierung, dass die Opfer die Berührungen deutlich spüren konnten (US 4), zu 1.) näherer Feststellungen zu der zum Tatzeitpunkt von P***** getragenen Kleidung bedurft hätte, macht die Rüge gleichfalls nicht klar (vgl im Übrigen RIS‑Justiz RS0095733 [T9 und T10]). Gleiches gilt für den Ansatz (zu 2.), ein „Zwicken“ in den Penis sei keine intensive Berührung eines primären Geschlechtsorgans, der einer Ableitung aus dem Gesetz entbehrt (RIS‑Justiz RS0116565).
Das weitere Vorbringen, „sogar wenn man alternativ von einer Verwirklichung des § 218 Abs 1 StGB“ ausginge, würde die zur Verfolgung notwendige Ermächtigung gemäß § 218 Abs 3 StGB fehlen (Z 9 lit b), kann demgemäß auf sich beruhen.
Indem die Sanktionsrüge (Z 11) neuerlich die Tatbestandsmäßigkeit der zu 1.) und 2.) festgestellten Taten bestreitet und zu 3.) urteilsfremd einen von einem Gesamtvorsatz getragenen einheitlichen Handlungskomplex annimmt (vgl aber US 5: „... fasste der Angeklagte unmittelbar darauf den Entschluss, …, um abermals geschlechtliche Handlungen an dem Unmündigen vorzunehmen.“) und darauf basierend argumentiert, der Erschwerungsgrund des Zusammentreffens mehrerer Verbrechen sei zu Unrecht herangezogen worden, verlässt sie den Boden des erstgerichtlichen Schuldspruchs und entzieht sich so einer inhaltlichen Erwiderung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sogleich zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde ergibt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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