European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0220DS00005.17F.0627.000
Spruch:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Beschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Beschuldigte – soweit hier von Bedeutung – des Disziplinarvergehens der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes schuldig erkannt, weil er trotz Teilanerkenntnisurteil vom 28. März 2014, rechtskräftig seit 1. Juli 2014, und rechtskräftigem Vergleich vom 20. Oktober 2014 über eine Gegenforderung von 500 Euro im Arbeitsgerichtsprozess AZ 46 Cga 152/13y des Landesgerichts Innsbruck sowie seiner Zusage im Schreiben vom 5. November 2014, den Differenzbetrag von 2.843,80 Euro zu bezahlen, diesen Betrag nicht bezahlt hatte, sodass Helen A***** zu AZ 23 E 133/15t des Bezirksgerichts Innsbruck Exekution führen musste, wobei der in Exekution gezogene Betrag erst im Juli 2015 beglichen wurde.
Er wurde hiefür in Anwendung des § 16 Abs 1 Z 2 DSt zu einer Geldbuße von 2.000 Euro verurteilt.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen gerichteten Berufung wegen Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 1 und 9 lit b StPO), Schuld und Strafe kommt keine Berechtigung zu.
Dem Einwand (Z 1), wonach „das gesamte Disziplinarverfahren nichtig“ sei, weil Rechtsanwalt Dr. Ralf W*****, ein Kanzleipartner des Vertreters der Anzeigerin, als Disziplinarrat am Zustandekommen des Einleitungs-beschlusses vom 24. Juni 2015 „in unzulässiger Weise mitgewirkt“ habe, genügt zu erwidern, dass der bloße Hinweis des Beschuldigten auf die Teilnahme Dris. W***** an der Fassung des Einleitungsbeschlusses in der mündlichen Disziplinarverhandlung vom 16. November 2016 nicht den Kriterien der in § 281 Abs 1 Z 1 StPO geforderten sofortigen Rügepflicht entspricht. Im Gegenteil, dieser wurde erst mit Schreiben vom Folgetag und sohin verspätet entsprochen.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) releviert den Strafbefreiungsgrund nach § 3 DSt, legt mit dem Hinweis auf die – entgegen früherer Zusagen – nicht „friedlich“ ausgetragene Auflösung des Dienstverhältnisses mit Helen A***** aber keinen Umstand dar, der mit Blick auf die vorsätzliche, insgesamt zwölf – selbst nach schriftlicher Zusage noch acht – Monate andauernde beharrliche Zahlungsverweigerung nur ein solches Verschulden zum Ausdruck bringt, dessen Gewicht im Vergleich zu den Durchschnittsfällen solcher Disziplinarvergehen deutlich reduziert wäre (RIS‑Justiz RS0089974); gehört es doch zu den fundamentalen Berufspflichten eines Rechtsanwalts, übernommene Verbindlichkeiten (bereits) bei Fälligkeit zu erfüllen (§§ 3 und 4 RL‑BA 2015). Die auf eine angebliche Spielsucht „mehrerer“ Mitglieder der Familie A***** gestützte Argumentation einer berechtigten Besorgnis hinsichtlich der Rückerlangung bereits bezahlter Geldbeträge im Fall eines Obsiegens in den über die Gegenforderungen anhängig gemachten Zivilverfahren verfehlt mit der Bestreitung der vom Gericht festgestellten subjektiven Tatseite, wonach der Rechtsmittelwerber diese Klagen wider besseren Wissens geführt habe (Erkenntnisseiten 5, 7), den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).
An der zu dieser Überzeugung gelangenden denkrichtigen und plausiblen Beweiswürdigung des Disziplinarrats, welcher mit seiner Bemerkung, einem seit 1984 tätigen Rechtsanwalt hätten das Wesen und die Rechtsfolgen eines gerichtlichen Vergleichs „klar“ sein müssen (ES 7), auf dessen berufsspezifische Lebenserfahrung gründet, vermag auch die im Rahmen der Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld geäußerte Kritik des Rechtsmittelwerbers, es sei ihm mangels ausdrücklicher Generalklausel im abgeschlossenen Vergleich „nicht vorwerfbar“, dass er den Standpunkt vertreten habe, er könne die restliche Gegenforderung weiterhin betreiben, keine Zweifel zu wecken. Dabei kommt jenen Aspekten, hinsichtlich welcher er Helen A***** im Verfahren AZ 29 C 43/15w des Bezirksgerichts Innsbruck der Lüge überführt sieht, keine Entscheidungsrelevanz zu.
Unter Berücksichtigung der vom Disziplinarrat zutreffend angeführten Erschwerungsgründe des langen Tatzeitraums und der zwei disziplinarrechtlichen Vorstrafen, denen als mildernd (zu ergänzen) die nachträgliche Schadensgutmachung und das Wohlverhalten seit der länger zurückliegenden Tat gegenüberstehen, erweist sich die vom Disziplinarrat gefundene Sanktion auch in Ansehung der durchschnittlichen Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse eines Rechtsanwalts als durchaus moderat und keiner weiteren Reduktion zugänglich.
Die Kostenentscheidung gründet auf § 54 Abs 5 DSt.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)