OGH 3Ob98/17h

OGH3Ob98/17h7.6.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei D*****, vertreten durch Dr. Christoph Neuhuber, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei M*****, vertreten durch Mag. Christa Fuchshuber, Rechtsanwältin in Wien, wegen 7.000 EUR sA, über den Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 21. Dezember 2016, GZ 46 R 469/16k‑13, mit dem der Rekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom 17. Oktober 2016, GZ 15 E 2441/16v‑5, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0030OB00098.17H.0607.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Gericht zweiter Instanz eine neue Entscheidung über den Rekurs der verpflichteten Partei vom 28. Oktober 2016, im ERV eingebracht am 8. November 2016, unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekurses sind als weitere Kosten des Rekursverfahrens zu behandeln.

 

Begründung:

Mit Beschluss vom 17. Oktober 2016, GZ 15 E 2441/16v‑5, wies das Erstgericht den von der Verpflichtetenvertreterin erhobenen Einspruch gegen die Exekutionsbewilligung vom 30. September 2016 ab. Dieser Beschluss wurde (nur) dem Verpflichteten persönlich am 22. Oktober 2016 zugestellt. Am 27. Oktober 2016 verfügte das Erstgericht „Beschluss ON 5 + Kopie Titel an VPV !“, also die Zustellung des Abweisungsbeschlusses vom 17. Oktober 2016 an die Vertreterin des Verpflichteten. Offensichtlich aufgrund eines Versehens des Erstgerichts kam es dazu, dass der Abweisungsbeschluss, ausgefertigt mit dem unrichtigen Datum 27. Oktober 2016, an die Vertreterin des Verpflichteten zugestellt wurde, und zwar mit Wirkung vom 31. Oktober 2016 (§ 89d Abs 2 GOG).

Diese brachte daraufhin am 8. November 2016 im ERV einen am 28. Oktober 2016 verfassten Rekurs ein, der sich (naturgemäß) gegen den „Beschluss vom 27. 10. 2016“ richtete.

Das Rekursgericht wies diesen Rekurs als verspätet zurück, weil die Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 22. Oktober 2016, einem Samstag, erfolgt und die Rekursfrist somit am Montag, dem 7. November 2016, abgelaufen sei. Den Revisionsrekurs erklärte es zunächst für unzulässig.

Der Verpflichtete erhob (nach Verbesserung) Antrag auf Abänderung des Unzulässigkeitsausspruchs gemäß § 528 Abs 2a iVm § 508 ZPO verbunden mit einem ordentlichen Revisionsrekurs.

Das Rekursgericht gab dem Abänderungsantrag statt, weil das Rekursgericht über den Rekurs gegen den Beschluss vom 17. Oktober 2016 entschieden habe und die neuerliche Fällung eines gleichlautenden Beschlusses durch das Erstgericht jedenfalls unzulässig sei. Zur Klärung der Frage, welches Zustelldatum wirksam die Rekursfrist auslösen habe können, sei im Interesse der Rechtssicherheit der Revisionsrekurs zuzulassen.

Im Revisionsrekurs macht der Verpflichtete zusammengefasst geltend, die Zustellung des Abweisungsbeschlusses vom 17. Oktober 2016 an ihn persönlich habe gegen § 93 Abs 1 ZPO verstoßen und sei deshalb wirkungslos geblieben. Da der mit dem Rekurs angefochtene Beschluss seiner Vertreterin erst am 28. Oktober 2016 zugestellt worden sei, sei das Rechtsmittel rechtzeitig gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt , weil der Rekurs des Verpflichteten zu Unrecht als verspätet zurückgewiesen wurde.

1.  Da vom Erstgericht am 27. Oktober 2016 (nur) die Zustellung des Abweisungsbeschlusses ON 5 an die Vertreterin des Verpflichteten verfügt wurde, ist nicht von der Erlassung eines inhaltsgleichen (weiteren) Beschlusses am 27. Oktober 2016 auszugehen, sondern davon, dass die der Vertreterin des Verpflichteten zugestellte Ausfertigung irrtümlich das Datum 27. Oktober 2016 aufwies.

2.  Da ganz offensichtlich ist, dass der Verpflichtete den Beschluss des Erstgerichts, mit dem sein Einspruch gegen die Exekutionsbewilligung abgewiesen wurde, bekämpfen will, ist sein Rekurs – ungeachtet der nachvollziehbaren Nennung des Datums des angefochtenen Beschlusses mit 27. Oktober 2016 – dahin umzudeuten, dass er sich gegen den Beschluss vom 17. Oktober 2016 (ON 5), richtet. Dieser wurde auch vom Rekursgericht behandelt.

3.  Die Rechtzeitigkeit des Rekurses wurde allerdings zu Unrecht verneint, weil die Zustellung des Beschlusses ON 5 an den damals bereits vertretenen Verpflichteten gegen § 93 Abs 1 ZPO iVm § 78 EO verstieß und deshalb wirkungslos blieb (3 Ob 26/90; RIS‑Justiz RS0036252), sodass eine Rechtsmittelfrist nicht in Gang gesetzt werden konnte. Dazu kam es erst durch die Zustellung an die Vertreterin des Verpflichteten mit Wirksamkeit vom 31. Oktober 2016; der am 8. November 2016 im ERV eingebrachte Rekurs vom 28. Oktober 2016 wurde somit rechtzeitig erhoben.

Das Rekursgericht wird über diesen daher inhaltlich zu entscheiden haben.

4.  Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO iVm § 78 EO.

Stichworte