OGH 3Ob26/90 (3Ob27/90, 3Ob28/90, 3Ob29/90, 3Ob30/90)

OGH3Ob26/90 (3Ob27/90, 3Ob28/90, 3Ob29/90, 3Ob30/90)7.2.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S*** B***, Baden, Hauptplatz 15, vertreten durch Dr. Hellmut Hahn, Rechtsanwalt in Baden, ua betreibende Gläubiger, wider die verpflichtete Partei Helga M*** verehelichte M***, Angestellte, Deutsch-Wagram, Adalbert Stifter-Gasse 18, wegen 207.000 S sA ua betriebener Forderungen, infolge Rekurses der Pfandgläubigerin E*** A*** K*** Gesellschaft mbH, Wien 3, Hintere Zollamtsstraße 17, vertreten durch Dr. Hans Bichler ua, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg als Rekursgerichtes vom 4. Juli 1989, GZ 5 R 11/89-37, womit ihr Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Gänserndorf vom 6. Dezember 1988, GZ E 6084/87-33, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Gericht zweiter Instanz eine neue, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung über den Rekurs der Pfandgläubigerin E*** A*** K*** Gesellschaft mbH aufgetragen.

Die Kosten des Rekurses an den Obersten Gerichtshof sind als weitere Kosten des Rekursverfahrens in zweiter Instanz zu behandeln.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies das Meistbot einer versteigerten Liegenschaft in Höhe von 1,630.000 S wie folgt zu: I) Als Vorzugspost 6.396,20 S an die Stadtgemeinde Deutsch-Wagram, II) In der bücherlichen Rangordnung: 1) 133.072,88 S dem Land Niederösterreich zum Pfandrecht COZ 2 (vor der Umstellung), jetzt CLNR 1 (nach der Umstellung), 2) den Meistbotrest von 1,490.531 S (richtig wohl: 1,490.530,92 S) der S*** B*** zum Pfandrecht COZ 7, jetzt CLNR 4.

Die Pfandgläubigerin E*** A*** K***

Gesellschaft mbH, deren Forderung durch das Zwangspfandrecht COZ 5, jetzt CLNR 3, in Höhe von 101.111,56 S sA auf einem Hälfteanteil der versteigerten Liegenschaft gesichert ist und also dem Pfandrecht der S*** B*** vorangeht, wurde vom Erstgericht übergangen. Der Verteilungsbeschluß wurde dieser Partei trotz ausgewiesener Vollmacht der Rechtsanwälte Dr. Hans B*** und Dr. Wolfgang S*** nicht zu Handen ihrer Vertreter, sondern persönlich am 21. Dezember 1988 zugestellt. Am 10. Jänner 1989 gab diese Partei einen Rekurs gegen den Verteilungsbeschluß zur Post. Das Gericht zweiter Instanz wies diesen Rekurs als verspätet zurück, ohne die Zustellung näher zu prüfen und den Zeitpunkt zu erheben, in welchem die Zustellung iSd § 9 Abs 1 ZustG als vollzogen gilt, weil das zuzustellende Schriftstück dem Bevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Es sprach aus, daß der Rekurs wegen klarer Gesetzeslage und einhelliger Judikatur nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der hiegegen erhobene außerordentliche Rekurs der genannten Pfandgläubigerin ist zulässig, weil die Entscheidung der zweiten Instanz einen klaren Verstoß gegen die nach § 78 EO auch im Exekutionsverfahren anzuwendende Bestimmung des § 93 Abs 1 ZPO darstellt, wonach nach Erteilung einer Prozeßvollmacht alle Zustellungen nur an den namhaft gemachten Bevollmächtigten zu geschehen haben. Eine Zustellung an die Partei ist in einem solchen Fall wirkungslos und setzt keine Rechtsmittelfrist in Lauf (SZ 23/337; EvBl 1964/329; RdW 1985, 371). Um die Verspätung des zurückgewiesenen Rekurses annehmen zu können, hätte das Gericht zweiter Instanz prüfen müssen, ob eine Heilung der Zustellung iSd § 9 Abs 1 ZustG eingetreten ist. Im Rekurs an den Obersten Gerichtshof wird bisher ungeprüft behauptet, daß die Rekurswerberin die ihr persönlich zugestellte Ausfertigung des bekämpften Verteilungsbeschlusses an den Prozeßbevollmächtigten weitergeleitet habe und daß diese ihm erst am 27. Jänner 1988 zugekommen sei. Sollte sich durch Veranlassung entsprechender Erhebungen dieser Termin (oder ein späterer) als richtig herausstellen, wäre der Rekurs rechtzeitig erhoben worden und es müßte in der Sache selbst entschieden werden; nur, wenn nach dem Ergebnis der durchzuführenden Erhebungen die Ausfertigung dem Prozeßbevollmächtigten früher als behauptet zugekommen wäre, wäre wieder mit der Zurückweisung des Rekurses vorzugehen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 78 EO iVm

§ 52 Abs 1 ZPO.

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