OGH 1Ob83/17p

OGH1Ob83/17p24.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der beim Landesgericht Steyr zu AZ 4 Nc 1/17x anhängigen Verfahrenshilfesache des P***** E*****, über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 6. März 2017, GZ 4 Nc 1/17d‑4, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00083.17P.0524.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

Der Antragsteller begehrt mit seinem beim Landesgericht Steyr eingebrachten Antrag, ihm die Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Amtshaftungsklage gegen den Bund zu gewähren. Den von ihm behaupteten Amtshaftungsanspruch stützt er auf behauptetes Fehlverhalten von Organen des Bezirksgerichts und des Landesgerichts Steyr, die ein von ihm eingeleitetes Exekutionsverfahren „mutwillig und vorsätzlich verschleppt“ hätten.

Das Landesgericht Steyr legte diesen Akt zunächst dem Oberlandesgericht Linz mit dem Ersuchen um Delegierung gemäß § 9 Abs 4 AHG vor, das den Akt wieder dem Erstgericht zurückstellte, weil gemäß § 31 Abs 2 JN die Zuständigkeit zur Entscheidung über den vom Antragsteller ebenfalls gestellten Delegierungsantrag an ein Gericht außerhalb dessen Sprengels beim Obersten Gerichtshof liege.

Der Oberste Gerichtshof wies mit Beschluss vom 10. 2. 2017, 1 Nc 6/17y, diesen Antrag auf Delegierung des Verfahrens ab und stellte den Akt dem Erstgericht zurück.

Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Oberlandesgericht Linz daraufhin das Landesgericht Linz als zur Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag und zur Verhandlung und Entscheidung über eine allfällige Amtshaftungsklage zuständig. Der Antragsteller leite Amtshaftungsansprüche aus beim Bezirksgericht und Landesgericht Steyr anhängig gewesenen Verfahren ab, sodass das Landesgericht Steyr im Amtshaftungsprozess ausgeschlossen sei.

Der dagegen erhobene Rekurs des Antragstellers ist zulässig (RIS‑Justiz RS0105630; RS0105631), aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 9 Abs 4 AHG ist ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung – auch über Verfahrenshilfeanträge zur Erhebung einer Amtshaftungsklage (RIS‑Justiz RS0050123 [T1, T2, T3]; RS0053097 [T2, T5]; RS0122241) – unter anderem dann zu bestimmen, wenn der Ersatzanspruch aus der Entscheidung eines Landes‑ oder aus dem kollegialen Beschluss eines Oberlandesgerichts abgeleitet wird, das im Instanzenzug zuständig wäre. Der Delegierungstatbestand des § 9 Abs 4 AHG liegt daher nur vor, wenn Richter eines Gerichtshofs über Amtshaftungsansprüche zu erkennen hätten, die ein Verfahren auch nur irgendeines Mitglieds desselben Gerichtshofs oder auch des im Instanzenzug übergeordneten Gerichtshofs zum Gegenstand haben (RIS‑Justiz RS0056449 [T32]).

2. Der Oberste Gerichtshof hat zum auch hier zu beurteilenden verfahrenseinleitenden Schriftsatz des Antragstellers bereits in der Entscheidung 1 Nc 6/17y, die dem Antragsteller mittlerweile zugestellt wurde, ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Delegierung des Verfahrens 4 Nc 1/17x des Landesgerichts Steyr an ein Gericht außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Linz nicht gegeben sind, weil der Antragsteller seinen Amtshaftungsanspruch erkennbar nicht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Linz oder aus einem Verhalten eines seiner Organe ableitet. Dass er – freilich ohne nähere Konkretisierung – an einer Stelle seines Antrags anmerkt, der (ehemalige) Präsident dieses Gerichtshofs sei als Zeuge vorgesehen, deutet zwar auf ein Einschreiten dieses Justizverwaltungsorgans hin, ohne dass aber dem Vorbringen des Antragstellers entnommen werden könnte, er leite die von ihm behaupteten Ansprüche auch daraus ab.

3. Mit seiner erstmals im Rekurs aufgestellten Behauptung, „mehrere eigene Organe“ des Oberlandesgerichts Linz wären (in amtshaftungsbegründendes Verhalten) involviert, verstößt der Antragsteller gegen das im Rekursverfahren geltende Neuerungsverbot (RIS‑Justiz RS0042091; RS0108589). Auch daraus ergäben sich im Übrigen keine näheren Hinweise, die vom Antragsteller behaupteten Ansprüche wären auf ein bestimmtes Verhalten eines Organs des Oberlandesgerichts Linz zurückzuführen.

Zweck des § 9 Abs 4 AHG ist es, dass alle im Zusammenhang betroffenen Gerichte, aus deren Entscheidungen ein Amtshaftungsanspruch abgeleitet wird, von der Entscheidung über diesen Anspruch (und dessen allfällige verfahrensrechtliche Voraussetzungen) ausgeschlossen sein sollen (RIS‑Justiz RS0056449). Dass der Antragsteller – ohne unmittelbaren Zusammenhang mit dem erstinstanzlich behaupteten Amtshaftungsanspruch – Richter des Landesgerichts Linz und des Oberlandesgerichts Linz im angestrebten Amtshaftungsprozess als Zeugen benennen will, spricht nicht gegen die Delegierung gemäß § 9 Abs 4 AHG durch das Oberlandesgericht Linz an das dortige Landesgericht.

4. Dem Rekurs ist damit ein Erfolg zu versagen.

Stichworte