OGH 8Nc15/17y

OGH8Nc15/17y17.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie durch die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und den Hofrat Dr. Brenn als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei O***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Ernst Kohlbacher, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei T***** E*****, vertreten durch die Felfernig & Graschitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 3.418 EUR sA, über den Delegierungsantrag der beklagten Partei den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0080NC00015.17Y.0517.000

 

Spruch:

Der Antrag der beklagten Partei, anstelle des Landesgerichts Salzburg als Arbeits‑ und Sozialgericht das Arbeits‑ und Sozialgericht Wien zur Verhandlung und Entscheidung der Arbeitsrechtssache zu AZ ***** zu bestimmen, wird abgewiesen.

 

Begründung:

Die Klägerin begehrt mit ihrer beim Landesgericht Salzburg als Arbeits‑ und Sozialgericht eingebrachten Klage, den Beklagten zur Rückzahlung zu viel gezahlter Provisionen aus der Vermittlung von Versicherungsverträgen zu verpflichten. Aufgrund von Vertragsstornierungen sei der Beklagte zur Rückzahlung verpflichtet. Bei den zurückgeforderten Beträgen handle es sich um Provisionsvorschüsse.

Der Beklagte erhob gegen den Zahlungsbefehl Einspruch und entgegnete, dass das Klagsvorbringen unschlüssig sei. Die Klägerin habe als Unternehmerin nachzuweisen, dass die Gründe für die Vertragsstornierung bzw Vertragsänderung nicht in ihrer Sphäre bzw der Sphäre der Produktgesellschaft gelegen seien. Gleichzeitig beantragte der Beklagte die Delegierung der Rechtssache an das Arbeits- und Sozialgericht Wien. Er sei nur im Büro der Klägerin in Wien tätig gewesen. Dort habe er auch den Agentenvertrag unterfertigt. Während seiner Tätigkeit für die Klägerin sei er in Wien aufhältig gewesen. Die Versicherungskunden, auf die sich die Klägerin beziehe, seien ihm nicht bekannt. Die von ihm vermittelten Kunden stammten aus Wien bzw der Umgebung von Wien.

Die Klägerin sprach sich gegen die Delegierung aus. Die Einvernahme von Kunden sei nicht erforderlich, weil sie nur Provisionsvorschüsse und keine verdienten Provisionen zurückverlange. Einzuvernehmen sei aber die Geschäftsführerin der Klägerin, die in Salzburg ansässig sei. Auch die Kanzlei des ständigen Klagsvertreters befinde sich in Salzburg. Eine Delegierung würde die Verfahrensdauer verlängern und die Verfahrenskosten erhöhen.

Das Landesgericht Salzburg als Arbeits‑ und Sozialgericht legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Delegierungsantrag vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.

1. Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Delegierungen aus einem Oberlandesgerichtssprengel in einen anderen sind dem Obersten Gerichtshof vorbehalten (§ 31 Abs 2 JN). Die Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Verfahrens, zur Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Kostenersparnis beitragen kann (RIS‑Justiz RS0053169; RS0046333). Dabei ist zu beachten, dass die Delegierung der Ausnahmefall ist und nicht durch eine allzu großzügige Handhabung zu einer faktischen Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen darf. Gegen den Willen der anderen Partei darf die Delegierung daher nur ausgesprochen werden, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS‑Justiz RS0046589; RS0046324; RS0046455).

2. Die Voraussetzungen für eine Delegierung sind im Anlassfall nicht gegeben. Die Klägerin sowie ihre Geschäftsführerin sind in Salzburg ansässig. Ebenso befindet sich der Kanzleisitz des Klagsvertreters in Salzburg. Der Beklagte bezieht sich auf seinen (offenbar früheren) Aufenthalt in Wien, ist aber nicht im Sprengel des Arbeits- und Sozialgerichts Wien, an das die Rechtssache delegiert werden soll, wohnhaft. Zeugen wurden im bisherigen Verfahren nicht angeboten. Zu den „Versicherungs-Storno-Kunden“ führt der Beklagte aus, dass ihm solche nicht bekannt seien. Die Klägerin steht dazu auf dem Standpunkt, dass Kunden gar nicht einzuvernehmen seien, weil sie nur Provisionsvorschüsse zurückverlange.

Für die Annahme einer wesentlichen Verkürzung des Verfahrens oder einer erheblichen Kostenersparnis im Fall der beantragten Delegierung bestehen keine Anhaltspunkte. Die Zweckmäßigkeit der beantragten Delegierung kann demnach nicht aus Sicht aller Parteien eindeutig bejaht werden. Wo der Agentenvertrag unterzeichnet wurde, bleibt für die Beurteilung ohne Bedeutung.

Der Delegierungsantrag war daher abzuweisen.

Stichworte