European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0110OS00031.17V.0425.000
Spruch:
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wels verwiesen.
Mit seinen Rechtsmitteln wird der Betroffene auf diese Entscheidung verwiesen.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alexander W***** nach § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil „er am 27. September 2016 in A***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, nämlich einer paranoiden Schizophrenie, an einer fremden Sache, und zwar an der im Eigentum der O***** GmbH stehenden Wohnung ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen versuchte, indem er vorsätzlich eine Zündquelle einbrachte und die im Wohnbereich situierte Couch in Brand setzte, wobei es infolge rechtzeitiger Eindämmung des Feuers beim Versuch blieb“, und er hiedurch eine Tat beging, die ihm, wäre er zur Tatzeit zurechnungsfähig gewesen, als das Verbrechen der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB zugerechnet worden wäre.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und 10 StPO gestützte, als „Berufung wegen Nichtigkeit“ bezeichnete Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen.
Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof davon (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO), dass – wie die Generalprokuratur zutreffend ausführte – dem Ausspruch über die Anlasstat der von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO anhaftet.
Der Tatbestand der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB erfordert in subjektiver Hinsicht, dass sich der Vorsatz des Täters auf alle Tatbestandsmerkmale, somit auch auf die Gemeingefährlichkeit des Feuers bezieht (RIS-Justiz RS0094899 [insbes T3], RS0094805 [T1], RS0105885, RS0094944) und sich solcherart auf die (zumindest abstrakte) Gefährdung von Leib und Leben einer (nicht unbedingt größeren, so doch nicht auf konkrete Einzelpersonen beschränkten, somit) unbestimmten Zahl von Menschen (Leukauf/Steininger/Tipold StGB4 § 169 Rz 5; [abstellend auf eine größere Zahl von Menschen:] Flora in SbgK§ 169 Rz 39; Murschetz in WK2 StGB § 169 Rz 6) oder auf eine konkrete Gefahr für fremdes Eigentum in großem Ausmaß (Murschetz in WK² StGB § 169 Rz 6; Flora in SbgK§ 169 Rz 45 f) erstreckt (jüngst 12 Os 125/16y).
Die insofern maßgeblichen Urteilsfeststellungen (US 3, 6), wonach es der Betroffene zumindest ernsthaft für möglich hielt und sich damit abfand, dass er „durch das Entzünden der unter einer Dachschräge aus Holz situierten Couch in der Wohnung eine Feuersbrunst an einer Sache, der in einem Mehrparteienhaus befindlichen Wohnung, von der er wusste, dass sie nicht ihm gehört, verursacht“ und ihm auch „bewusst war, dass er keine Einwilligung zur Verursachung einer Feuersbrunst hatte“, decken eine Vorsätzlichkeit des Brandlegungsakts im engeren Sinn ab. Sie bringen aber nicht zum Ausdruck, dass sich der (zumindest bedingte) Vorsatz des Betroffenen auch auf die Herbeiführung einer zumindest abstrakten Gefahr für Leib oder Leben von Menschen (in unbestimmter Zahl) oder einer konkreten Gefahr für fremdes Eigentum in großem Ausmaß (zum Begriff seit dem BGBl I 2015/112: Fabrizy, StGB12 § 169 Rz 8; Oberlaber, Die Wertqualifikationen des StGB, ÖJZ 2015/48, S 348 ff [352]) bezog. Solcherart ist die Tatsachenbasis des Urteils auch nicht geeignet, eine rechtliche Unterstellung der Anlasstat unter § 169 Abs 1 StGB – wenn auch nur in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 Abs 1 StGB) – zu tragen.
Das angefochtene Urteil war daher aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Beratung (§§ 285e, 288 Abs 2 Z 3 zweiter Satz StPO) aufzuheben (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wels zu verweisen.
Demnach erübrigt sich ein Eingehen auf die Beschwerdeargumentation des Betroffenen.
Mit seinen Rechtsmitteln (die angemeldete, im Verfahren zur Anfechtung kollegialgerichtlicher Urteile indes gesetzlich nicht vorgesehene „Berufung wegen Schuld“ [vgl ON 42 S 2; § 283 Abs 1 StPO] wurde nicht ausdrücklich zurückgezogen [ON 48 S 2]) war der Betroffene auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
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