OGH 12Os23/17z

OGH12Os23/17z6.4.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. April 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Adamowitsch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Daniel D***** wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7. Dezember 2016, GZ 24 Hv 54/16h‑18, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0120OS00023.17Z.0406.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Daniel D***** des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 4. Oktober 2015 in W***** Silvia S*****, welche sich in einem schlafenden Zustand befand und somit unfähig war, die Bedeutung des Vorgangs einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er an ihr den Beischlaf vornahm.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, Z 5 und Z 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt:

Die Verfahrensrüge (Z 4), die sich bloß auf das Ersuchen der Verteidigerin „um kurze Unterbrechung der Verhandlung mit der Bitte, dass der Angeklagte die Möglichkeit bekommt, seine Aufzeichnungen durchzulesen, um alles in Erinnerung zu rufen“ (Hv‑Protokoll ON 17 S 18), beruft, scheitert daran, dass die Verteidigerin nach Ablehnung dieses Ansinnens durch (allein) die Vorsitzende des Schöffensenats (ON 17 S 18) nicht auf eine Entscheidung des Senats hinwirkte und sich damit die Berechtigung zur Erhebung der Nichtigkeitsbeschwerde sicherte (RIS‑Justiz RS0098040; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 303 f, 318; Schroll/Schillhammer, Rechtsmittel in Strafsachen2 Rz 172).

Zwischen dem Ausspruch, dass dem Angeklagten – „zumindest im Zweifel“ – der Vollzug des Beischlafs mit Silvia S***** gegen ihren erklärten Willen nicht nachweisbar war (US 5), und der Feststellung der dem Schuldspruch wegen § 205 Abs 1 StGB zugrunde liegenden Tat (US 4) ist ein von der Rüge behaupteter Widerspruch (Z 5 dritter Fall) im Sinn zweier nach den Denkgesetzen unvereinbarer Aussagen (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 437 f) nicht zu erkennen.

Weder die Konstatierung der „Lage der Frau“ („… rechts vom Mann in einer Entfernung von etwa einer Armlänge ziemlich in der Mitte ihrer eigenen Matratze liegend …“) noch die Feststellung ihres „raschen“ Einschlafens (US 4) betreffen eine entscheidende (dh für die Schuld- oder Subsumtionsfrage relevante) Tatsache. Im Übrigen wurden (auch) diese Urteilsannahmen – der Behauptung offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider – mit Bezugnahme auf die Angaben der Zeugin Silvia S***** formal einwandfrei begründet (US 6).

Dem weiteren Vorwurf der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider wurde die leugnende Verantwortung des Angeklagten ausführlich erörtert (vgl US 6 ff). Dass ihr das Schöffengericht nicht gefolgt ist, begründet keine Unvollständigkeit im Sinn des zweiten Falls der Z 5 (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 421; RIS‑Justiz RS0118316).

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) unter isolierter Hervorkehrung eines Satzes der Verantwortung des Angeklagten behauptet, es liege kein „Missbrauch“ vor, weil „das Verhalten des Täters auf menschlicher Zuneigung beruht und in diesem Fall auf die Wiederaufnahme der Beziehung angelegt ist“, verfehlt sie den vom Gesetz geforderten, im Urteilssachverhalt

gelegenen Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte