European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0150OS00021.17B.0405.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ibraim J***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB (A./) und der geschlechtlichen Nötigung nach §§ 202 Abs 1, 15 StGB (B./) sowie der Vergehen der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (C./), der sexuellen Belästigung nach §§ 218 Abs 1 Z 1, 15 StGB (D./) sowie der sexuellen Belästigung nach § 218 Abs 1a StGB (E./) schuldig erkannt.
Danach hat er – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant – „in Wien
A./ die Nachgenannten mit Gewalt zur Vornahme oder Duldung des Beischlafs oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlungen zu nötigen versucht, und zwar
1./ am 29. November 2015 Lea P*****, indem er sie in der Tiefgarageneinfahrt in *****, zu Boden brachte, ihr Mund und Nase zuhielt, ihre Hose aufriss und ihr (mit einer Hand) auf der Vagina auf‑ und abfuhr, wobei Lea P***** dem Ibraim J***** in die Hand beißen konnte, weswegen dieser zunächst die Flucht ergriff, sie jedoch nachdem sie wieder aufgestanden war, erneut zu Boden stieß und erneut auf ihrer Vagina auf‑ und abfuhr sowie erneut flüchtete, nachdem sie ihn abermals biss;
2./ am 2. Februar 2016 Katharina H*****, indem er sie bis zu ihrem Wohnhaus verfolgte, hinter ihr das Haus sowie den Aufzug betrat und sie nach Verlassen des Aufzugs von hinten packte, ihr den Mund zuhielt und unter den Rock auf den Slip griff, wobei die weitere Tatausführung aufgrund der Gegenwehr des Opfers unterblieb;
…
D./ die Nachgenannten durch geschlechtliche Handlungen an diesen belästigt, indem er diesen plötzlich zwischen die Beine in den Schritt fasste, und zwar
…
II./
1./ am 15. Dezember 2015 Susanne Pe*****;
2./ am 2. Jänner 2016 in B***** Stefanie W*****;
…“
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Angeklagten aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich als nicht berechtigt.
Trotz umfassenden Aufhebungsantrags wurde lediglich zu A./ und D./II./ des Schuldspruchs ein inhaltliches Vorbringen erstattet (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).
Zu A./1./ behauptet die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall), das Erstgericht hätte die in der Hauptverhandlung nicht verlesenen Angaben der von der Polizei im Ermittlungsverfahren vernommenen Zeugin Sandra M***** berücksichtigt (vgl § 258 Abs 1 StPO; RIS‑Justiz RS0098481), wonach der Angeklagte die Phrase „Spass haben“ stets verwendete, wenn er mit ihr den Beischlaf ausüben wollte (US 22). Der Rechtsmittelwerber lässt dabei jedoch außer Acht, dass der Zeugin eben diese Aussage bei ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung vorgehalten wurde, womit sie iSd § 258 Abs 1 StPO vorgekommen ist (ON 114 S 34; vgl Kirchbacher, WK-StPO § 252 Rz 57; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 203; RIS‑Justiz RS0107792 [T2]).
Die das behauptete Alibi des Angeklagten nicht bestätigenden Angaben der Genannten im Ermittlungsverfahren wurden entgegen dem weiteren Vorbringen der Mängelrüge zu A./1./ (Z 5 vierter Fall) sehr wohl verlesen (ON 114 S 34). Ebenso wurde die kontradiktorische Vernehmung der Zeugin Lea P***** in der Hauptverhandlung vorgeführt (US 9; ON 133a S 9).
Indem die weitere Mängelrüge zu D./II./1./ und 2./ ausführt, das Erstgericht hätte zur subjektiven Tatseite keine ausreichende Begründung angeführt (Z 5 vierter Fall), verkennt sie, dass der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wollen oder Wissen ohne weiteres rechtsstaatlich vertretbar und bei leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch gar nicht zu ersetzen ist (US 33; RIS‑Justiz RS0098671 [T5]).
Zu A./I./ und II./ vermisst die Rechtsrüge (Z 9 lit a) jeweils die Feststellung des Ursachenzusammenhangs zwischen der eingesetzten Gewalt und dem Nötigungsziel der Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung, nämlich einer digitalen Vaginalpenetration (vgl Philipp in WK² StGB § 201 Rz 17), übersieht dabei jedoch, dass dem Angeklagten lediglich Versuch zur Last liegt. Soweit der Angeklagte diesbezüglich Konstatierungen zur subjektiven Tatseite vermisst, legt er nicht dar, weshalb die Urteilsannahmen, wonach er P***** und H***** jeweils zur Duldung der Vaginalpenetration mit seinen Fingern nötigen wollte, indem er die im Urteil näher beschriebene Gewalt gegen sie ausübte (US 12), nicht genügen sollten.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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